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Austausch bei der IHKWas Kölner Radfahrer von Holland lernen können

Lesezeit 3 Minuten

Das Fahrrad-Parkhaus im Zentrum von Utrecht zieht viel Aufmerksamkeit auf sich.

Köln – Von den Niederlanden lernen heißt – ja, was eigentlich genau? Unsere westlichen Nachbarn gelten als unumstrittene Fahrrad-Nation Nummer eins in Europa. Grund genug also, mal etwas genauer darüber nachzudenken, was man sich dort in Sachen zweirädriger Mobilität abschauen könnte. Im Börsensaal der Industrie- und Handelskammer zu Köln (IHK), die gemeinsam mit dem niederländischen Generalkonsulat in Düsseldorf zu der Veranstaltung eingeladen hatte, traf man sich also zu einem munteren Erfahrungsaustausch.

Zu Gast waren unter anderem Mitgliedsunternehmen der „Dutch Cycling Embassy“, einem öffentlich-privaten Netzwerk in den Niederlanden für nachhaltige Fahrradmobilität. Die stellten bereits realisierte Projekte aus ihrem Land vor.

Aus Kölner Sicht trugen unter anderem Ulrich Soénius, Geschäftsführer Geschäftsbereich Standortpolitik der IHK Köln sowie der Fahrradbeauftragte der Stadt, Jürgen Möllers, zur Diskussion bei.

Radverkehr in Köln

Nur noch eine statt zwei Kfz-Spuren auf „Unter Sachsenhausen“.

Auch hierzulande nimmt der Radverkehr immer mehr Raum ein. Bis zum Jahr 2025 möchte die Stadt Köln den Verkehrsanteil des sogenannten „Umweltverbunds“ auf zwei Drittel erhöhen. Dabei spielt auch die Steigerung des Radverkehrsanteils eine wichtige Rolle.

Die Zeichen sind unübersehbar: Auf den Ringen wird bald durchgängig eine von zwei Spuren für Fahrräder reserviert sein, auf der Riehler Straße fällt ebenfalls eine Spur weg. Die Diskussionen um die Venloer Straße als Einbahnstraße mit verbreiterten Radwegen sind von der Bezirksvertretung noch einmal befeuert worden, die Wälle sind größtenteils Fahrradstraße. Auch andernorts wie an „Unter Sachsenhausen“ fallen Kfz-Spuren zugunsten von Rädern weg.

Lastenräder werden von der Stadt zudem nicht nur bei Unternehmen gefördert, sondern auch bei Privathaushalten. (two)

Dabei wurden zwei Aspekte sehr schnell deutlich: Zum einen – „und das vergessen wir Niederländer selbst oft“, wie der niederländische Handelsattaché André Hollvlüwer süffisant bemerkte – war auch den Niederländern das Radfahren nicht in die Wiege gelegt worden. „In den 70er, 80er Jahren sah es in unseren Städten aus wie überall sonst – breite Straßen, viele Autos, kaum Platz für andere Verkehrsteilnehmer.“ In Gang kam der Prozess erst durch zwei groß angelegte Feldversuche in Tilburg und Den Haag. Experimentierfelder, wie man unumwunden zugibt. Aber die Ergebnisse waren ein derart durchschlagender Erfolg, dass nach und nach mehr Kommunen nachzogen.

Deshalb warnte Norbert Schmidt, Senior Consultant bei der niederländischen APPM (ein Projektmanagement- und Beratungsunternehmen für Mobilität), auch davor, gleich alles auf einmal richtig machen zu wollen: „Wir Deutschen neigen ja zum Perfektionismus. Den braucht es aber gar nicht, wenn die richtige Richtung erst einmal eingeschlagen ist“, sagte er. Auch in den Niederlanden habe man aus Fehlern lernen müssen.

Und noch etwas wurde immer wieder betont: Einfach das niederländische Konzept kopieren und übertragen, das wird nicht funktionieren. „Es braucht für jede Kultur eine individuelle Lösung“, meinte Ruben Landersloot, Geschäftsführer der gleichnamigen niederländische Mobilitätsberatungsfirma.

Wichtig sei vor allem, Akzeptanz zu schaffen für das Miteinander verschiedener Verkehrsträger. Nicht gegen-, sondern miteinander – das war allgemeines Credo der Veranstaltung. Das Auto verteufeln wollte hier niemand, aber eben Raum schaffen für eine gleichberechtigte und in den Zentren durchaus auch bevorzugte Behandlung des Zweiradverkehrs.

Leuchtturmprojekte und ländliche Realität

Die „Leuchtturmprojekte“ wie das wohl größte unterirdische Fahrradparkhaus der Welt in Utrecht, ausgefallene Fahrradbrücken und eben jeder Menge zweiradaffiner Infrastruktur wurden zwar stolz präsentiert. Aber eben auch, dass die Entwicklung in den Niederlanden nicht vor den Toren der Städte aufhört: Überdachte Parkstationen an Bushaltestellen, gegenläufige Radwege über Land und eigene Spuren mit Vorfahrtsrecht an Kreisverkehren – es ist in Sachen Fahrrad eben schon mehr Sein als Schein bei unseren Nachbarn. Aber, und auch da waren sich eigentlich alle Anwesenden einig: auch in Köln tut sich einiges zur Zeit (s. Infokasten). Etwas zeitverzögert zwar im Vergleich, aber stetig.