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Auf in die Welt!Drei Kölner Abiturientinnen und Abiturienten blicken in die Zukunft

Lesezeit 4 Minuten
Studenten halten einen Globus in ihren bemalten Händen.

Symbolbild

Mehr als 3000 junge Menschen haben gerade in Köln ihr Abitur gemacht. Und jetzt? Wir haben drei von ihnen in die Zukunft schauen lassen.

Die Prüfungen sind geschafft, der Abistreich gespielt und der Ball getanzt. Plötzlich beginnt das Tagesprogramm nicht mehr um acht Uhr morgens. Noch schlimmer: Es gibt gar kein Programm mehr. Zeit für neue Ideen und Ziele.


Anna Lindenthal (17): „Wenn einem die ganze Welt offensteht, ist das erstmal überfordernd und kann stressig sein. Es ist verrückt, auf einmal keinen geregelten Tagesablauf mehr zu haben. Das war in den Ferien bislang natürlich immer so, aber jetzt ist die Schule vorbei und es stellt sich sofort die Frage, wie es weitergeht. Es hieß die gesamte Schulzeit, das Abitur sei die stressigste und schlimmste Zeit überhaupt. Jetzt habe ich Abi und stelle fest: Es war machbar, auch wenn ich zum Teil viel gelernt habe.

Anna Lindenthal

Anna Lindenthal

Jetzt ist es seltsam, sich plötzlich von Freunden zu verabschieden und erstmal gemeinsam überlegen zu müssen, wann wir uns eigentlich wiedersehen. Wenn sich die Urlaube nicht zufällig überschneiden, ist plötzlich schon August. Eine ganz schön lange Zeit. Anfangs war es belastend und auch überfordernd, wenn Freunde schon eine genaue Vorstellung von ihrer Zukunft hatten, man selbst aber nicht.

Ich werde erstmal mit Freuden für zehn Tage zum Surfen nach Portugal fahren, dann in Köln sein und für zwei Wochen nach Neuseeland fliegen. Dort hole ich meinen Bruder ab, der ein Auslandsjahr absolviert hat. Auf dem Rückweg werde ich Station in Südkorea machen, denn in SaeManGeum findet das Weltpadfindertreffen statt. Etwa 50 000 Pfadfinder werden erwartet, ich gehöre dort zum internationalen Serviceteam und freue mich, junge Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen. Anschließend werde ich mir noch das Land anschauen. Dann möchte ich gerne mehrmonatige Praktika in Handwerksberufen machen, am liebsten bei einem Stuckateur und in einer Tischlerei, denn da habe ich Lust drauf. Und ich brauche diese Praktika für einen Bachelor in Architektur, den ich gerne kommendes Jahr im Herbst starten würde. Vorher möchte ich auf jeden Fall noch für sechs Monate nach Schottland reisen und in einer Schule arbeiten, in der Kinder und Jugendliche mit geistiger und körperlicher Behinderung unterrichtet werden“.


Paul Wingert (18): „Jetzt habe ich Abitur, aber viel verändert hat sich in meinem Leben dadurch noch nicht. Das vergangene Jahr war geprägt von Vorfreude und Lernstress. Zwischendurch habe ich es als frustrierend empfunden, teilweise fünf Stunden am Tag zu Hause zu sitzen und nur zu lernen, aber letztlich hat es sich ja ausgezahlt. Es war sehr seltsam, beim Abiball Leuten Tschüss zu sagen und festzustellen, dass man sich vermutlich erst in ein paar Jahren wiedersieht.

Paul Wingert

Paul Wingert

Jetzt fahre ich erstmal mit meinen Eltern zwei Wochen durch Frankreich – mit einem Camper. Da freue ich mich drauf, weil gemeinsame Urlaube künftig wahrscheinlich nicht mehr so oft vorkommen werden. Und ich merke, dass ich schnell ins Rumhängen verfalle und das Gefühl habe, lieber etwas Sinnvolles tun zu wollen.

Die Ungewissheit, jetzt erstmal nicht direkt zu wissen, was als nächstes kommt, empfinden ich und auch viele meiner Freunde als stressig. Man weiß nicht, wo man endet. Die Entscheidungen, die wir jetzt treffen, werden einen großen Einfluss auf das weitere Leben haben. Wer noch keinen Plan hat, fühlt sich schlecht. Und wer einen hat, fragt sich, ob es der richtige Plan ist. Die Ungewissheit bleibt. Die letzten zwölf Jahre konnten wir einfach rumsitzen. Das jetzt nicht mehr.

Ab August werde ich erstmal für neun Monate nach Norwegen gehen und dort an einer Volkshochschule einen Rock- und Metalkurs belegen. Das interessiert mich. Und ich kann in dieser Zeit überlegen, wie es anschließend weitergehen soll.“


Berfin Niyazi (20): „Den Sommer möchte ich einfach nur genießen, denn hinter mir liegen vermutlich die anstrengendsten fünf Monate meines Lebens. Nach den Vorabitur-Klausuren im Januar habe ich begriffen, dass ich jetzt wohl mit dem Lernen beginnen muss. Zwischen einer und fünf oder sogar mehr Stunden pro Tag habe ich für die Schule gelernt. Und dann kam noch das Lernen für den Eingangstest medizinischer Studiengänge hinzu. Hierfür habe ich sechs Bücher durchgearbeitet, denn ab Herbst würde ich gerne Tiermedizin studieren. Die Nachschulzeit bringt ein Wechselbad der Gefühle mit sich – ich empfinde eine Mischung aus Erleichterung, Angst, Neugierde und auch Bedauern. Die Schulzeit hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin. Mit dem neuen Lebensabschnitt ist viel Ungewissheit verbunden. Werde ich die Uni überhaupt überstehen? Hat sich der ganze Lernaufwand wirklich gelohnt? Und was will ich überhaupt mit meinem Leben anfangen?

Berfin Niyazi

Berfin Niyazi

Bevor das Studium beginnt, werde ich mit Freunden nach Cannes reisen, wir wollen uns auch Monte Carlo anschauen. Und ich werde meine Familie in Bulgarien besuchen. Ziel ist es, diesen Sommer so viele schöne Erlebnisse zu sammeln wie möglich. Denn vielleicht muss ich für das Studium auch zu Hause ausziehen, das wird dann direkt die nächste Herausforderung. In meinem Leben beginnt jetzt ein neues Kapitel.