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Anschlag auf der KeupstraßeBetroffene gestalten die Zukunft des Kunstwerks mit

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Der Entwurf: Videos mit Interviews von Betroffenen, abrufbar per Smartphone, werden zu einem „virtuellen Haus“.

Der Entwurf: Videos mit Interviews von Betroffenen, abrufbar per Smartphone, werden zu einem „virtuellen Haus“.

Am 9. Juni 2024 jährt sich der Anschlag auf der Keupstraße zum 20. Mal. Fast zwei Jahrzehnte danach nimmt das Projekt zur Errichtung eines Mahnmals für die Opfer des NSU konkrete Formen an.

Am 9. Juni 2024 jährt sich der Anschlag auf der Keupstraße zum 20. Mal. Mitglieder der rechtsradikalen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) hatten vor einem türkischen Friseursalon in Haus Nummer 29 eine Nagelbombe ferngezündet, die 22 Menschen verletzte, vier davon schwer.

Betroffene sollen im Mittelpunkt stehen

Fast zwei Jahrzehnte danach nimmt das Projekt zur Errichtung eines Mahnmals für die Opfer des NSU konkrete Formen an. Am Dienstag beschloss der Kulturausschuss einstimmig, ein „Kuratorium für das Denkmal zu den Anschlägen des NSU in der Keupstraße und der Probsteigasse“ einzurichten. In einem Lebensmittelladen in der Probsteigasse 44 war am 19. Januar 2001 eine vom NSU platzierte Bombe detoniert, dabei erlitt die 19-jährige Tochter der aus dem Iran stammenden Ladenbesitzers schwerste Verletzungen.

Das NSU-Mahnmal soll auf einem Platz an der Keupstraße, Ecke Schanzenstraße entstehen, einen Zeitplan für den Bau gibt es aber noch nicht. Auf dem Areal plant die Gentes-Gruppe ein Wohn- und Geschäftshaus. Das vom Künstler Ulf Aminde konzipierte Mahnmal besteht aus einer 24 mal 6 Meter großen Betonplatte, sie bildet das Fundament des Hauses in der Keupstraße 29 nach, vor dem 2004 die Bombe explodierte.

Ergänzt wird dieses physische Objekt durch eine digitale Komponente. Als „virtuelles Haus“ soll sie eine lebendige und sich ständig weiter entwickelnde Ebene bilden. Auf Smartphone oder Tablet können sich Besucher vor Ort Videos anschauen, in denen sich Betroffene über den Anschlag und seine Folgen äußern. Auf diese Weise will das Mahnmal nicht nur ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern rechtsextremen Terrors setzen. Es wird auch zu einem Ort der Erinnerung und des Lernens.

Aufgabe des Kuratoriums wird sein, neue Medieninhalte auszuwählen, die in das Denkmal eingespielt werden. Außerdem wird das Kuratorium Fördergelder für neue Filme und ähnliche Projekte vergeben, die Teil des Denkmal werden sollen.

Kalkuliert wird bisher mit einem Jahresbudget von 15.000 Euro

Laut dem vom Kulturausschuss beschlossenen Konzept, das der Stadtrat am 26. Oktober final beschließen wird, sollen in dem zwölfköpfigen Kuratorium „die Betroffenen und Menschen aus der Keupstraße und der Probsteigasse im Mittelpunkt stehen“. Sie entsenden zwei Sprecher in das Gremium, an dessen Sitzungen jeder Direktbetroffene teilnehmen kann.

Außerdem werden dem Kuratorium zwei Vertreter von Schulen und Jugendeinrichtungen angehören, zwei Vertreter rassismuskritischer Initiativen, ein Vertreter der IG Keupstraße, drei Mitglieder des Integrationsrats, ein Vertreter der Kulturszene und der Bezirksbürgermeister von Mülheim. Die Oberbürgermeisterin soll Ehrenmitglied sein, die Geschäftsführung übernimmt ein Mitarbeiter des NS-Dokumentationszentrums (NS-DOK).

Kalkuliert wird bisher mit einem Jahresbudget von 15.000 Euro. Das werde nicht reichen, sagte Mario Michalak (Grüne) im Ausschuss. Die Stadt dürfe bei diesem Thema nicht knauserig sein. „Wir haben hier etwas gut zu machen.“