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Anklage gegen Frau erhobenWar die Vergewaltigung am Decksteiner Weiher nur erfunden?

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Im Stadtwald sucht eine Hundertschaft stundenlange nach Beweismaterial.

Köln – Die dramatischen Schilderungen einer jungen Frau hatten im Februar bei der Polizei für Entsetzen gesorgt: Wurde eine Joggerin am helllichten Tag in der Nähe des Decksteiner Weihers vergewaltigt? Die Frau schilderte den Ermittlern, dass sie am Vormittag des 24. Februar von einem etwa 1,90 Meter großen Mann in ein Waldstück gezogen worden sei und der Täter sich brutal an ihr vergangen habe. Sie gab an, bedroht, vergewaltigt und misshandelt worden zu sein. Nach einigen Tagen kamen den Ermittlern Zweifel, ob die Tat sich so zugetragen hat.

Ob es ein Verfahren gibt, ist offen

Nun wurde bekannt: Weil sie die Vergewaltigung im Stadtwald erfunden haben soll, muss sich die junge Frau möglicherweise vor Gericht verantworten. Die Kölner Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen des Vortäuschens einer Straftat erhoben, teilte der Sprecher des Amtsgerichtes, Maurits Steinebach, mit. Ob die Anklage zugelassen wird und es in dem Fall zu einem Verfahren vor dem Amtsgericht kommen wird, werde nun im Zwischenverfahren geprüft, so Steinebach weiter. Wie bei anderen Anklagen, muss sie erst noch vom Gericht geprüft werden, um dann offiziell zugelassen zu werden . Ein Zeitplan für dieses Vorhaben liegt noch nicht vor.

Die Kölner Ermittlungsbehörden halten sich weiter zurück mit Details zu dem Fall, der Frau, ihrem Alter und dem privaten Umfeld – zu sensibel und tragisch ist dieser ungewöhnliche Kriminalfall.

Der geschilderte Tatablauf ließen die Polizei befürchten, dass ein brutaler Sexualstraftäter unterwegs ist. Zeitweise hatten die Beamte Sorge, dass der Täter ein Proband aus dem „Kurs“-Projekt des Landes N RW sein könnten. Dort werden rückfallgefährdete Sexualstraftäter betreut.

Spuren passten nicht zum geschilderten Ablauf der Tat

Aber es kam anders. Aus dem Institut für Rechtsmedizin bekamen die zuständigen Polizisten den Hinweis, dass die Spurenlage nicht mit dem geschilderten Tatablauf in Einklang gebracht werden könne. Später ging die Polizei an die Öffentlichkeit und berichtete, dass sie starke Zweifel an den Angaben der Frau hat und gegen die Frau wegen des Verdachts der Vortäuschung einer Straftat ermittelt.

Die Polizei ging auch deswegen an die Öffentlichkeit, damit Frauen an der sehr beliebten Strecke im Stadtwald nicht mit Angst Sport treiben müssen. Zeitweise hatten sich Joggerinnen verabredet und waren nur noch zu zweit oder zu dritt durch den Wald gelaufen. In Internetforen äußerten Frauen große Unsicherheit.

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Wiederum Tage später Polizei und Staatsanwaltschaft nun noch einen Schritt weiter. Die Ermittler gaben offiziell bekannt, dass sie nicht mehr nach einer Person suchen, die die von der Anzeigenerstatterin geschilderte Tat begangen haben soll. „Die Spurenlage und unsere Ermittlungen decken sich nicht mit den Schilderungen der Anzeigenerstatterin“, betont Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer gegenüber der Rundschau. Die objektive Beweislage spreche derzeit klar dagegen, dass sich die mutmaßliche Tat so zugetragen hat, wie von der Frau angegeben.

Aus dem Polizeipräsidium ist zu hören: „Es spricht alles gegen die Geschichte, wie sie die Frau erzählt hat“, ergänzt ein mit dem Fall betrauter Beamter. Ein Gutachten des Landeskriminalamtes in Düsseldorf und Untersuchungen der Kölner Rechtsmedizin würden zu dem Ergebnis kommen, dass sich die Tat so nicht zugetragen habe. Vieles spreche dafür, dass sich die Joggerin die Verletzungen, etwa am Kopf, selbst zugefügt hat.