"Animalortho" in KölnSebastian und Alex Malzkorn entwickeln Prothesen für Tiere

Ohne Vertrauen geht es nicht: Orthopädietechniker Sebastian Malzkorn legt einem Patienten eine Prothese an.
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Köln – Ruhig liegt Merle auf dem Behandlungstisch. Konzentriert wickelt Diplom-Orthopädietechniker Sebastian Malzkorn Schultern, Brust und Beine der Patientin in Folie ein und setzt die ersten Markierungen. „Das Abnehmen des Schnittmusters kann ein paar Haare mitnehmen“, warnt er. „Kein Problem, sie hat genug“, antwortet Claudia Helmert und streichelt ihrem kleinen Liebling durchs Fell.
Die zehnjährige Malteser-Hündin hat mehrmals Bisswunden erlitten. „Vor drei Jahren wurde Merle das erste Mal in die linke Schulter gebissen, vorheriges Jahr dann das zweite Mal in die rechte. Immer von einem großen Hund“, erzählt die Halterin. Obwohl äußerlich keine Spuren der Angriffe erkennbar sind, sind sie nicht folgenlos geblieben: „Nun gibt es Defekte in den Schultergelenken. Dadurch dreht Merle ihre Vorderbeine immer weiter nach außen. Auch die Ellenbogen machen Probleme“, erklärt die Besitzerin während Merle den ersten Kontakt zu ihren Helfern, Sebastian und Alex Malzkorn, sucht.
Die Kölner Brüder haben „Animalortho“ als eine Abteilung des Sanitätshauses Malzkorn ins Leben gerufen. Täglich kommen Kunden mit ihren kranken Tieren zu ihnen. „Der Großteil unserer Patienten sind Hunde. Katzen und Pferde behandeln wir aber auch. Theoretisch können wir sogar Kühen und Schweinen helfen. Es kommt einfach darauf an, was angefragt wird“, erklärt Diplom-Orthopädietechniker Sebastian Malzkorn.
Die Idee, das Handwerk am Menschen auf das Tier auszuweiten, entwickelte sich aus einer Verletzung des Hundes von Alex Malzkorn. „Wir haben einen Verbandsschuh für seine Pfote entwickelt. Den Schuh habe ich noch heute zu Hause“, sagt der Orthopädietechniker und lacht. Die Erfahrung aus der Humanmedizin können die Brüder nutzen, doch ergeben sich aus einem entscheidenden Unterschied Hindernisse: „Einem Menschen kann ich genau erklären, was ich wieso mache und wie er sich mit dem Hilfsmittel zu verhalten hat. Bei einem Tier ist das natürlich nicht möglich, deshalb ist es umso wichtiger, dass es Vertrauen fassen kann“, erklärt Sebastian Malzkorn.
In Köln einzigartig
Nach Angaben der Geschäftsgründer ist Animalortho Deutschlands erster zertifizierter Betrieb für tierorthopädische Versorgung. Bundesweit gebe es nur vier weitere Firmen dieser Art. „In Köln und der Region sind wir die einzigen, die Bandagen, Prothesen und Rollwagen für Vierbeiner entwickeln“, so Sebastian Malzkorn. Alle Hilfsmittel sind Maßanfertigungen und werden im Haus produziert. So kann eine komplette Beinprothese je nach Größe, Gewicht und Aktivität des Tieres bis zu 1500 Euro kosten.
Offenbar lohnt es sich für die Tiere: Einem Golden Retriever mit gelähmten Hinterläufen konnten die Kölner Brüder wieder auf die Beine helfen. Wegen defekten Hirn-Muskel-Verknüpfungen knickten ihm ständig die Hinterbeine weg. „Durch eine von uns entwickelte Orthese mit Gummizügen wurde das Hinterherschleifen der Pfoten verhindert und eine gleichbleibende Bewegung erzeugt“, berichten die Unternehmer. Spektakulär auch der Einsatz in einer Pferdekoppel: Eins der Tiere litt unter einer Gleichbeinfraktur und war operiert worden. „Unsere Orthese lagerte den Knochen ruhig. Das Pferd kann nun wieder normal geritten werden“, erzählt Sebastian Malzkorn.
Nachdem Merle vom Rücken bis zur Pfote vermessen ist, heißt es warten. „Bis zur ersten Anprobe werden ungefähr eineinhalb Wochen vergehen. Danach findet eine Eingewöhnungsphase statt. Das kann eine halbe Stunde dauern oder aber auch zwei Tage“, so der Diplom-Orthopädietechniker. Besitzerin Claudia Helmert ist optimistisch: „Merle lässt alles mit sich machen.“