Bei jungen Menschen werden Schönheitsoperationen immer beliebter – was auch an den sozialen Medien liegt. Die Pandemie verstärkte den Trend noch zusätzlich.
Alles für die SchönheitAuch in Köln setzen immer mehr Jugendliche auf Operationen
Die Lippen ein bisschen voller, und diese Nase darf auch gerader sein – Schönheitsideale gab es immer und immer auch gewisse Trends. „Zurzeit sind Bullhorn Lifts beliebt“, erklärt Dr. med. Volker Rippmann, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie aus Köln. Dabei wird der Abstand zwischen Lippe und Nase verkürzt, um vollere Lippen zu bekommen. Dafür wird ein Schnitt unter der Nase gemacht, der aussieht wie das Horn eines Bullen. Dadurch wird die Lippe voller und die Zähne sind ein bisschen zu sehen.
An einem Foto, das an der Wand in seiner Praxis in der Mittelstraße hängt, zeigt Rippmann, wo genau dieser Eingriff gemacht wird. „Sehr trendy“, sagt er. Heutzutage werden diese Trends vor allem bei jungen Menschen ausgelöst durch die sozialen Medien. Fettabsaugen und Brüste vergrößern gehören zu den bekannten Eingriffen in der sogenannten Schönheitsindustrie. Doch inzwischen gibt es eine ganze Palette an Möglichkeiten, den eigenen Körper zu verändern. Haare können transplantiert, der Po geliftet und vergrößert, die Schweißdrüsen behandelt oder der Intimbereich verändert werden.
Der „Brazilian Butt Lift“
Dr. med. Volker Rippmann, erzählt, dass die Operationen heute viel mehr ins Extreme gehen. „Beispielsweise der Brazilian Butt Lift, das ist so ein Kind der sozialen Medien.“ Kardashian hatte sich das Gesäß voller packen lassen – was sich auf Fotos gut abbilden lässt. „Der Trend ist inzwischen aber wieder am Abflachen.“ 15 Prozent mehr ästhetische Behandlungen gab es 2021 im Vergleich zum Vorjahr, insgesamt 93 853 Eingriffe (siehe Infotext). Das verzeichnete die Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC).
Die Zahlen beziehen sich auf die Operationen und Eingriffe, die von den rund 100 Mitgliedern jedes Jahr in ihren Praxen, Kliniken oder Krankenhäusern durchgeführt werden. Auch die Statistik der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) bestätigt diesen Trend. Im Jahr 2021 beantworteten 1432 Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Fragebogen. Zudem kamen bei der Befragung der VDÄPC im letzten Jahr neue Gründe für eine Behandlung dazu, wie etwa die Videokonferenz, die durch die Pandemie einen neuen Stellenwert bekommen hat.
Zunahme während der Pandemie
Rippmann hatte damit gerechnet, dass es durch die Pandemie einen Einbruch in der Schönheitsindustrie geben würde. „Aber dann kam es ganz anders. Durch Corona ist das Geschäft durch die Decke gegangen. Wir hatten 30 Prozent mehr Anfragen.“ Der Trend hat sich bei jungen Leuten in den letzten Jahren nach oben entwickelt, unabhängig von der Pandemie. Die Frauen haben bei den Schönheitsbehandlungen die Nase deutlich vorne mit 86,8 Prozent. Doch im Gegensatz zum Vorjahr haben die Männer dennoch einen größeren Anteil der Gesamtzahl der Eingriffe, woraus sich ablesen lässt, dass auch bei Männern die Schönheitsoperationen immer beliebter werden.
Rippmann sieht den Trend in der Pandemie darin begründet, dass sich die Patientinnen und Patienten nach dem Eingriff im Homeoffice zurückziehen konnten. Er unterscheidet generell in zwei Gruppen: Die, die ihre Alterserscheinungen entfernen lassen wollen, meistens ab 40 Jahren. Und die, die wirklich ihre Form verändern wollen. Das sind die Jüngeren. Bei diesen tragen vor allem die sozialen Medien zu einem Wunsch nach optischer Veränderung bei.
„Jeder ist zum Selbstdarsteller geworden und jeder muss sich präsentieren. Diesen Druck gab es früher schon durch die Models, aber jetzt ist das so nahbar. Jeder Nachbar sieht irgendwie gut aus auf dem Bildschirm und das will man dann eben auch.“ Neue Eingriffe kämen auch erst durch die Vergleichbarkeit. „Heute kann man nackte Menschen an jeder Ecke sehen, das gab es früher nicht.“
In Deutschland ist laut Heilmittelwerbegesetz (HWG) allerdings verboten, mit Vorher-Nachher-Bildern für Schönheitsoperationen zu werben. In der EU gibt es dieses Gesetz aber nicht generell. Außerdem zeigen sich beispielsweise Influencerinnen und Influencer auf den sozialen Medien ihre Veränderungen. So auch die Kölnerin Carmen Kroll, genannt „Carmushka“. Sie ließ ihre Follower daran teilhaben, als sie sich zuletzt die Lippen aufspritze und zeigte sich auch direkt nach dem Eingriff mit noch blauen Lippen. Von den meisten Folgenden bekam sie dafür positives Feedback, weil sie damit so transparent umging.
„Es kommen Menschen mit Fotos zu uns und sagen: So will ich aussehen. Dabei sehen die komplett anders aus“, erzählt Rippmann aus seinem Alltag „Teilweise kommen sie auch mit Fotos, auf denen sie einen Filter darübergelegt haben. Der macht die Nase kleiner oder die Wangen schmaler. Das ist das Filtergesicht, dass man sozusagen dem Filter hinterheroperiert.“ Auf Apps wie Instagram, Tiktok oder Snapchat gehören die Filter dazu.
Soziale Medien als Fluch und Segen zugleich
Rippmann sieht die sozialen Medien als Fluch und Segen zugleich und seine Aufgabe auch darin, aufzuklären. Er sagt auch: „Ich bin nicht der Entscheider über Gut und Böse. Wenn es mir nicht gefällt, heißt es nicht, dass ich es nicht mache. Ich bin Dienstleister.“ Viele Patientinnen und Patienten hatten bis zum Schönheitschirurgen einen Leidensweg hinter sich, sei es durch Mobbing oder, dass sie ihren eigenen Körper nicht akzeptieren können. Das schlägt auf die Psyche. Trotzdem darf es nicht gefährlich werden.
93 853 Eingriffe registrierte die Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) im vergangenen Jahr. Dabei wird unterteilt in die ästhetisch-plastischen Operationen und minimalinvasiven Behandlungen. Bei letzterem wird der Eingriff durch kleine Hautschnitte durchgeführt.
- 1. Bei den Frauen wird am häufigsten eine Botulinumbehandlung durchgeführt, kurz gesagt: Botox. Mit 25 512 Eingriffen lag die Behandlung im Jahr 2021 ganz vorne. Bei den Männern steht auf Platz eins die Oberlidstraffung mit 1710 Eingriffen.
- 2. Botox landet bei den Männern auf Platz zwei (1506). Mit Botox werden meistens Falten behandelt. Auch mit Hyaluron kann Falten entgegengewirkt werden, zudem werden gerne Lippen damit aufgespritzt. Der Unterschied ist, dass Botox die Muskeln lähmt beziehungsweise entspannt. Hyaluron ist ein sogenannter Filler, wird also zum Auffüllen verwendet. Bei Frauen liegt dieser Einsatz der Hyaluronsäure auf Platz zwei (20 465).
- 3. Die Fettabsaugung steht sowohl bei den Frauen (5175) als auch bei den Männern (1490) hoch im Kurs – auf Platz drei der Behandlungen.
- 4. Bei den Frauen folgt darauf die Lippenkorrektur mit 5059 Eingriffen bei Männern der Einsatz von Hyaluron (1109).
- 5. An fünfter Stelle steht bei den Frauen die Brustvergößerung mit 4759 Eingriffen im Jahr 2021. Bei den Männern steht hier die Bauchstraffung (1040 Eingriffe).