ÄrgernisWarum es in Köln derzeit so lange dauert eine Geburtsurkunde zu bekommen

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Köln – Vor sechs Wochen, am 12. August, ist Max in der Uniklinik geboren worden. Aber offiziell gibt es ihn noch nicht. Immer noch warten seine Eltern auf seine Geburtsurkunde aus dem Standesamt. Offenbar kein Einzelfall. Auch Romy, die einen Tag nach Max im Severinsklösterchen auf die Welt kam, kann inzwischen zwar ihre Eltern mit dem ersten Lachen beglücken − nur belegen, dass es ihre Tochter wirklich gibt, können die Eltern nicht.
Ein Ärgernis mit finanziellen Folgen
Ein Zustand, der handfeste finanzielle Folgen hat. Das betonen die Eltern von Max. Die vierköpfige Familie wohnt im Umland von Köln, hat gebaut und hohe laufende Kosten. „Dadurch, dass wir keine Geburtsurkunde vorweisen können, fehlen uns jetzt schon an die 5000 Euro“, klagt der Vater − und zählt auf: „Ohne die Geburtsurkunde wird das Geld der Krankenkasse zum Mutterschutz nicht ausgezahlt. Es wird das Arbeitgeberzuschuss nicht ausgezahlt. Wir können kein Elterngeld für den Ehepartner beantragen.“ Im Fall der Familie kommt noch eine Zusatzversicherung hinzu, die nicht zahlt und ein Bonus durch die Firma.„Das ist unzumutbar“, regen sich die Eltern auf.
Geburtenzahlen
13 820 Geburten wurden 2020 in Köln beurkundet. Bis Ende August dieses Jahres gab es 8806 Beurkundungen. Zum Vergleich: Bis Ende August 2020 wurden in Köln 9027 Geburtsurkunden ausgestellt. Unwahrscheinlich, dass sich die Zahl der Geburten in Köln innerhalb eines Jahres verringert hat. So meldet die Uniklinik im Vergleich zum Vorjahr bis Ende August 2021 einen Anstieg der stationäre Entbindungen um rund 150.
Eltern haben grundsätzlich die Möglichkeit, das Neugeborene beim Standesamt selbst anzumelden. Die meisten jedoch nutzen den Service, den die Kliniken anbieten. „Die Anmeldequote im Haus für das Standesamt der Stadt Köln beläuft sich bei uns auf etwa 95 Prozent“, teilt eine Sprecherin des Heilig Geist-Krankenhauses mit. (dha)
Dabei hatten sie schon vor zwei Jahren als ihr erstes Kind in Köln zur Welt kam, nicht die besten Erfahrungen mit dem hiesigen Standesamt gemacht. „Fünf Wochen Bearbeitungszeit gab es damals, bis wir die Geburtsurkunde hatten“, sagt der Vater. Ein Anruf bei der Uniklinik, die die Unterlagen an das Standesamt weiterreicht, hat ihn zusätzlich ernüchtert: „Die meinten, ich sollte mal lieber mit sieben bis acht Wochen Bearbeitungszeit im Standesamt rechnen.“
Auf Rundschau-Nachfrage bestätigt die Stadt Verzögerungen. „Es ist richtig, dass die Ausstellung von Geburtsbeurkundungen derzeit etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt“, heißt es im Presseamt. Wie lange „etwas mehr Zeit“ ist, bleibt vage. Klar ist nur: Die normale Bearbeitungszeit beträgt eine bis zwei Wochen. Auf die Frage nach dem Grund der Verzögerungen teilt die Stadt mit, dass es „Personalausfälle“ im Standesamt gegeben habe. Zudem ging die Leiterin vor den Sommerferien in den Ruhestand gegangen. Die Stelle ist noch nicht neubesetzt.
Aber auch andere Gründe führt die Stadt an. „Die Bearbeitung dauert bedingt durch Corona etwas länger. Durch die Situation in den Krankenhäusern – Familien durften nicht auf die Geburtsstationen – waren die Geburtsanzeigen häufiger unvollständig. Hier mussten die Beschäftigten fehlende Informationen in Erfahrung bringen, die Beurkundung verzögert sich.“
Krankenhäuser weisen Mitverantwortung von sich
Den Vorwurf, dass es an den Krankenhäusern liege, wenn Eltern auf die Urkunden warten müssen, weisen diese entschieden von sich. Uniklinik, städtische Klinik Holweide, Severinsklösterchen und Heilig Geist-Krankenhaus betonen, dass auch während der Pandemie die Weiterleitung der Unterlagen an das Standesamt reibungslos funktionierte. „Die Geburtenanmeldung wird vom Personal der Patientenverwaltung übernommen. Wir senden die Unterlagen zur Geburtsanmeldungen täglich per Bote. Im Jahresdurchschnitt sind das pro Tag zehn Stück“, sagt ein Sprecher der Uniklinik. Auch die Klinik Holweide hat genaue Vorgaben: „Im Krankenhaus Holweide wird die Bearbeitung der Geburtsurkunden sehr gewissenhaft und zügig umgesetzt, und der Prozess ist seit vielen Jahren gleich: Zwei Mal wöchentlich erhält das Standesamt die Unterlagen zur Beurkundung. Es kam zu keiner Zeit zu Verzögerungen bei der Weiterleitung der Unterlagen.“ In der Patientenaufnahme würden die Unterlagen für das Standesamt „auf Vollständigkeit geprüft“, unterstreichen Severinsklösterchen und Heilig Geist-Krankenhaus übereinstimmend.
Bleibt noch ein weiterer Grund für mögliche Staus im Amt. Die Vaterschaftsanerkennung in den Bezirksjugendämtern habe sich ebenfalls durch Corona verzögert, so die Stadt. Doch es soll besser werden. „Durch die Ernennung neuer Standesbeamtinnen und -beamten, die Rückkehr erkrankter Kollegen und Kolleginnen und organisatorische Maßnahmen dürfte der gewohnte Standard innerhalb der nächsten Wochen wieder erreicht werden“.