700 Jahre TraditionKölner Brauhaus Sion startet in das Jubiläumsjahr
Köln – In Köln hat bekanntlich vieles Schöne schon nach dem zweiten oder dritten Mal Tradition. „Em Sion“ wird 2018 aber in einer ganz anderen Kategorie gefeiert: Die „Brauhaus-Tradition seit 1318“, die früher schon gerne auf Etiketten Erwähnung fand, gibt Anlass zu einer 700-Jahr-Feier. Zwar hat das heutige Brauhaus mit dem 1318 erwähnten „Johannes Braxator“ nur den Standort gemein, aber in der Geschichte des Kölner Biers ist schon so manche Tradition erst später interpretiert worden.
Braurecht ans Haus gekoppelt
Die Straße „Unter Taschenmacher“ in der Altstadt, wo das Brauhaus Sion steht, hieß wegen der dort verarbeiteten Rinderhäute einst „An Rindshuderen“. Dort wohnte jener Braxator, dessen vermeintlicher Nachname seinen Beruf bezeichnet, denn er war ein Brauer. Und Braurecht war ans Haus gekoppelt. „Medebruyrs“ hieß dieses Haus, denn dort wurde Medebräu, also Met-Bier, hergestellt. Es enthielt Honig, Kräuter und Malzextrakt. Hopfenbier setzte sich erst später durch. Nach 1800 wohnten Brauer namens Herbertz, Jüsgen und Kivernagel an dieser Adresse. Der Name Sion kam erst mit Jean Sion nach „Unter Taschenmacher 5“. Er kaufte das Gebäude von Josef Schwartz, dem Besitzer der Brauerei Malzmühle. Und obgleich Sion schon 1915 starb und seine Witwe die Geschäfte ihrem zweiten Ehemann, Georg Risch, überließ, begann mit Jean Sion eine Familien- und Firmentradition, die selbst die Geschichte des Kölner Biers prägen sollte. Denn der 1911 geborene Hans Sion, der den Betrieb 1936 vom Stiefvater übernahm, war dazu gezwungen, Unternehmen und Bier völlig neu zu definieren.
Ende der 30er Jahre machte ihm die Konkurrenz den Namen „Dom-Brauerei“ gerichtlich streitig, und Ende Mai 1942 brannte das zerbombte Brauhaus aus. Die englische Besatzung erlaubte Sion zwar weiter das Brauen, doch nicht in der Altstadt. Das „Brauhaus Sion“, das Unter Taschenmacher am 13. April 1951 eröffnete, schenkte – wie noch heute – ein Lohnbräu aus Mülheim aus. Sion Kölsch gehört nun zum „Haus Kölscher Brautradition“ der Raderberger Gruppe.
Hans Sion, von 1948 bis 1983 der Vorsitzender des Kölner Brauerei-Verbandes, sah die Zukunft in einem lokalen, unverwechselbaren Bier. Als Juristen den Begriff „Kölsch“ hauptsächlich am Herstellungsort festmachten, reagierten Sion und 23 Berufskollegen 1981 mit der „Kölsch-Konvention“, die das „kölsche Lebenselexier“ unter Schutz stellten sollte. Alle 24 Brauer erklärten, nur das „obergärige, helle, unvergorene, hopfenbetonte blanke Vollbier“ sei „Kölsch“ und die Kölsch-Stange das einzige gebräuchliche Glas für den Ausschank. Und daran halten sich gute Kölsch-Brauer wie René Sion (49), der Enkel von Hans, noch heute. Sieben Töchter hat er, und wenn eine jemanden heiratet, der den Samen Sion trägt, geht die Tradition vielleicht weiter.
Jubiläumsaktionen
Im Brauhaus Sion wird das Jubiläum mit einigen Aktionen gefeiert. So soll eine dort bereits eingeschlafene Tradition zur Karnevalsauskehr wiederbelebt werden: Die Nubbelverbrennung. Kabarettist Jürgen Becker wird am Veilchendienstag im Brauhaus erwartet, um nach dem Tanz um Mitternacht die bereits als Köbes eingekleidete Strohpuppe zu verbrennen. In früheren Jahren zog sogar vom Sion aus eine Prozession zum Neumarkt.
Die eigentliche Jubiläumsfeier soll am 23. April zum „Tag des Bieres“ stattfinden. Die Band „Lupo“ soll im großen Saal spielen und Kölsch reichlich fließen.
Am 27. Mai wird im Sinne des Olympischen Gedankens ein Turnier im Brauhaus ausgetragen. Kicker, Dartscheibe und Basketballkorb sind die Sportgeräte. Profi-Sportler werden erwartet – vom KEC, vom VfL Gummersbach und den Rheinstars.
Zum Erntedank wird es ein Brot mit Bier als Zutat geben. Die Stadtbäckerei Hürth, „Klein’s Backstube“, stellt es für Sion her. Außerdem gibt es 2018 täglich zwei Gerichte, von deren Verkauf 77 Cent jeweils einem guten Zweck zukommen sollen. Mit einem Bierkutscher-Kotelett für 11,77 Euro und Kabeljau für 15,77 Euro geht es los. Jedes Quartal gibt es zwei neue Gerichte und eine Übergabe der Spendensumme.