Heute vor 80 Jahren starben 4377 Menschen beim schlimmsten Bombenangriff auf Köln im Zweiten Weltkrieg.
29. Juni 1943Die Nacht, die Köln in Trümmer legte

Vollkommen zerstört war die Kölner Innenstadt bei Kriegsende. Der Blick vom Dom, den Margarita Neiteler 1945 fotografierte, stammt aus dem Bildband „Fotografen sehen Köln“.
Copyright: Rheinisches Bildarchiv Köln
Es war die Nacht, in der das alte Köln endgültig in Schutt und Asche versank. Heute vor 80 Jahren, am 29. Juni 1943, geschah der verheerendste Bombenangriff, den die Stadt im Zweiten Weltkrieg erdulden musste. Seine Folgen waren noch schlimmer als beim berüchtigten „1000-Bomber-Angriff“ auf Köln am 31. Mai 1942, bei dem 469 Menschen getötet und 45.000 obdachlos wurden.
In der Nacht vor dem katholischen Hochfest der Apostel Petrus und Paulus schickt die britische Royal Air Force erneut Hunderte Lancaster- und Stirling-Bomber nach Köln. Seit März haben die Briten in der „Battle of the Ruhr“, der Schlacht um das Ruhrgebiet, viele Industriestädte im Revier ins Visier genommen. Jetzt ist wieder Köln, die Metropole des Rheinlands, dran.

Die Hohe Straße nach einem Bombenangriff. Wer solche Motive fotografierte, riskierte sein Leben. Foto: Peter Fischer/Stadtarchiv Köln
Copyright: Peter Fischer/Historisches Archiv der Stadt Köln
In großen Wellen rollen in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni 1943 die Bomberverbände heran, präzise orchestriert mit Hilfe eines neuen Funknavigationssystems. Weitgehend unbehelligt von der deutschen Luftverteidigung werfen sie ihre tödliche Fracht ab – Zigtausende Brand- und Sprengbomben, die Köln in eine Feuerhölle verwandeln. Besonders verheerend sind die Luftminen, die kurz vor dem Aufschlag detonieren und eine ungeheure Druckwelle verursachen. Sie lassen ganze Straßenzüge wie Kartenhäuser zusammenfallen.
Die Flugzeuge konnten mehr Last tragen als beim Angriff 1942, und die Bomben waren stärker.
Eine Stunde und 35 Minuten dauert das Bombardement, von 1.10 Uhr bis 2.45 Uhr. Danach ist die Stadt nicht mehr wiederzuerkennen. 4377 Menschen kommen in jener Nacht laut der offiziellen Statistik ums Leben. Mehr als 10.000 werden verletzt, rund 230.000 verlieren ihre Wohnung.
Schulen, Kirchen, Bürogebäude und Tausende Wohnhäuser liegen in Trümmern, ganze Straßen sind verschwunden. Kunstwerke von unschätzbarem Wert sind vernichtet, die romanischen Kirchen zu großen Teilen zerstört, einzig der Dom ragt noch aus der Trümmerwüste hervor. Am anderen Morgen liegt über der Stadt ein Dunst aus Rauch und Staub, zahllose verängstigte Menschen irren mit ihrer letzten Habe umher.

Kölner fliehen mit ihrer letzten Habe am Morgen des 29. Juni 1943 nach dem verheerenden Angriff.
Copyright: Imperial War Museum
Der Peter-und-Paul-Angriff brennt sich tief in das kollektive Bewusstsein der Stadt ein. Die Kölnerinnen und Kölner hatten schon viele Bombenangriffe erlebt, doch diesmal war es so schlimm wie noch nie. „Die Flugzeuge konnten mehr Last tragen als beim Angriff 1942, und die Bomben waren stärker“, so Dr. Martin Rüther vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln. Die neuen Bomben hätten selbst Luftschutzkeller durchschlagen, in denen sich die Menschen zuvor noch sicher wähnten. Andere sterben in den Kellern, weil die durch die Brandbomben ausgelösten Feuersbrünste allen Sauerstoff in der Umgebung verzehren.

Britische Bomber beim Anflug auf Köln. Die Royal Air Force ließ gezielt deutsche Innenstädte zerstören.
Copyright: Imperial War Museum
Wer es wagt, die Zerstörungen zu fotografieren und zu filmen wie der Kölner Peter Fischer (1903-1980), riskiert Kopf und Kragen, denn es droht die Todesstrafe wegen „Wehrkraftzersetzung“. Was Fischer nicht davon abhält, mit seiner Kamera zu dokumentieren, wie Häuser bis auf die Grundmauern abbrennen, KZ-Häftlinge Ruinen nach Verschütteten durchsuchen oder die Hohe Straße in Trümmern liegt. Meist habe er sich „sofort nach dem Fliegerangriff auf die Straße begeben, die Apparate unter dem Mantel versteckt“, erzählt er Jahrzehnte später in einem Interview. Er sei sogar erwischt worden, habe sich aber immer herausreden können.
Noch fast zwei weitere Jahre muss Köln mit dem Bombenterror leben. Als am 6. März 1945 die Amerikaner die Stadt einnehmen, verkündet die Nazipropaganda zynisch: „Der Trümmerhaufen Köln wurde dem Feind überlassen.“
Gottesdienst in Köln
Zum Gedenken an die Opfer des Bombenangriffs vom 29. Juni 1943 feiert Kölns Stadtdechant Robert Kleine am heutigen Donnerstag den abendlichen Gottesdienst in der Kirche der Stadtpatronin St. Ursula am Ursulaplatz. Beginn ist um 18 Uhr.
Alle Kölnerinnen und Kölner sind eingeladen, am heutigen Tag, an dem die katholische Kirche das Fest der Apostel Petrus und Paulus begeht, für den Frieden zu beten. „Dieser verheerende Angriff während des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs hat unsere Stadt auf Jahrzehnte geprägt, viele Menschen haben ein Leben lang unter den Folgen gelitten“, sagte Kleine. „Heute, 80 Jahre später, erleben wir weiterhin, dass Bomben auf Städte abgeworfen und Raketen abgeschossen werden. Dass Menschen sterben, verletzt werden und alles verlieren.“ Er denke dabei an die Ukraine, aber auch an den Jemen, an Syrien und andere Kriegsorte. Das „Nie wieder“, das sich die Weltgemeinschaft nach dem Grauen des Zweiten Weltkriegs ins Stammbuch geschrieben habe, sei nie verwirklicht worden, so Kleine. „Umso mehr müssen wir uns für den Frieden einsetzen – in unserem täglichen Zusammenleben genauso wie im Einsatz für Demokratie und Menschenrechte.“ (fu)