Die Kölner Autorin Linda Rennings berichtet in ihrer Autobiografie über das Leben als wohnungsloser und obdachloser Mensch.
Ewig währender WinterLinda Rennings schreibt in „Rebellin der Straße“ über ihr Leben auf der Straße
Einsamkeit, Angst, Missbrauch, Abhängigkeit, Wut, aber auch Befreiung und Hoffnung prägen die autobiografische Erzählung „Rebellin der Straße – Weiblich und Wohnungslos“ von Linda Rennings, die unter Mitwirkung des Journalisten und Autoren Albrecht Kieser im Rowohlt-Verlag erschienen ist.
Die gebürtige Kölnerin schildert darin Gewalterfahrungen in toxischen Beziehungen und das Abdriften in eine mehrere Jahre währende Obdachlosigkeit. Rennings offenbart auf jeder Seite des Monologs elementare Abgründe. Schmerz, Hunger und Kälte suggerieren das Bildnis einer ewig währenden Winter-Nacht.
Linda Rennings: Ein Leben voller Herausforderungen und Rückschläge
Schonungslos schildert die Autorin ihr Zusammenleben mit Narzissten oder die einschneidenden Auswirkungen von Behördenbeschlüssen. Nicht bei Freunden oder städtischen Institutionen, sondern am Grab der geliebten Großmutter suchte Rennings nach einer Zwangsräumung erstmals ein Refugium ohne Dach, Wände und Tür. Der Friedhof wurde für Monate ihr Zuhause.
Die Rückkehr ins gesellschaftliche Leben bedeutete neue Martyrien. Nach einer Einweisung in die Psychiatrie folgten betreute Wohnverhältnisse. Dort sah sich die traumatisierte junge Frau mit einer entwürdigenden Hausordnung, später dann in eigenen Räumlichkeiten wieder mit prügelnden Herren konfrontiert. Rennings Aufzeichnungen gleichen einer Höllenfahrt durch die erschreckend gut polierte Abwärtsspirale.
Kindheitstrauma und Widerstand gegen Gewalt an Frauen
In einer frühen Kindheitserinnerung beschreibt die Autorin eine Szene bei ihrer abermalig verheirateten Mutter, zu deren Appartement sich der Stiefvater gerade brutal Zutritt verschafft: „… Er schrie sofort …, was dieses Balg denn hier solle, … ‚Ich schmeiß’ das vom Balkon, wenn du es nicht sofort wegschaffst!‘“.
In einem Resümee ihrer Leidensjahre appelliert Rennings zur Gegenwehr: „… Ich ermutige alle Frauen, männliche Gewalt nicht hinzunehmen. Einen anderen Lebensweg einzuschlagen als den Trampelpfad, auf dem sie zur Schnecke gemacht und zertreten wurden. Für mich mündete dieser Trampelpfad der Unterwerfung in der Obdachlosigkeit ...“.
Die Rückkehr in eine emanzipierte Existenz schaffte Linda Rennings mit Unterstützung weniger Menschen und dem Glauben an sich. Die Schriftstellerin, Streetworkerin und Journalistin schreibt regelmäßig für das Magazin „Draussenseiter“. Darüber hinaus engagiert sie sich in ihrem Verein „Heimatlos in Köln“ für hilfsbedürftige Frauen. Stets begleitet wird sie von Hund Clayd – einem Seelenverwandten aus den Straßen Rumäniens.
„Rebellin der Straße – Weiblich und Wohnungslos“, Linda Rennings unter Mitwirkung von Albrecht Kieser, Rowohlt Verlag 2024, ISBN 978-3-499-01478-9, 240 Seiten, 14 Euro Lesetermine 28. Oktober, 19.30 Uhr, Buchhandlung Neusser Straße 197, 50733 Köln; 30. Oktober, 19 Uhr, „LeBuffet“, Bezirksrathaus, Wiener Platz 2a, 51065 Köln