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Ab Samstag wieder Offene Ateliers„Es geht darum, den Schaffensprozess zu zeigen“

Lesezeit 6 Minuten
Ein Mann mit grauem Bart stehen zwischen Skulpturen in einem Raum.

Fabian Hochscheid organisiert die Offenen Ateliers.

Zum 32. Mal laden Künstlerinnen und Künstler in ihre „Offenen Ateliers“. An drei aufeinanderfolgenden Wochenenden bieten sie Einblicke in ihr Schaffen.

Mitinitiator Fabian Hochscheid berichtet im Interview über Aufwendungen, Erträge und über die Arbeitsbedigungen von Künstlern in der freien bildenden Kunstszene in Köln. Herr Hochscheid, Köln wird seit Jahrzehnten als Kunststadt beschworen. Ist die Metropole ein gutes Pflaster für Künstlerinnen und Künstler, wenn sie nicht Gerhard Richter, Rosemarie Trockel oder HA Schult heißen und über deren Renommee verfügen?

Fabian Hochscheid: Für viele junge Menschen ist Köln immer noch sehr attraktiv. Das liegt auch an der Nähe zu den Beneluxländern, aus denen viele Inspirationen und Kunstkontakte kommen. Nicht wenige Leute ziehen aus den Universitätsstädten hierher. Umgekehrt gab es vor einigen Jahren eine große Welle von Künstlerinnen und Künstlern, die nach Berlin gezogen sind. Mittlerweile sind viele wieder zurückgekommen. Ein Problem ist, dass es hier zu wenige Ateliers gibt.

Sie sind selbst kreativ Schaffender. Was inspiriert Sie?

Ich komme aus einer Künstlerfamilie. Mein Vater hat romanische Kirchen gezeichnet. Die Initialzündung war als Jugendlicher die Wahrnehmung der Werke von René Magritte. Mich hat immer das Wesen der Dinge interessiert und wie ich das künstlerisch umsetzen kann.

Darüber hinaus betätigen Sie sich als Mitorganisator der Offenen Ateliers. An der Veranstaltung nehmen stadtweit 650 Künstler teil. Worin liegt der besondere Reiz?

Dass die Besucher Einblicke in die Produktionsbedingungen erhalten. Sie sehen den Schaffensprozess und welche Person dahinter steht. Man kommt zudem ins Gespräch mit den Künstlerinnen und Künstlern. Gibt es Neuerungen im Rahmen der Events? Nein. Wir schauen natürlich stets, was man besser machen kann. Aber das ist eine Frage der Möglichkeiten. Wir arbeiten überwiegend ehrenamtlich. Wir hatten immer die Idee, einen Bus-Shuttle oder professionelle Guides einzustellen, aber das bekommen wir nicht gestemmt. Mit welchen Kosten sehen Sie sich konfrontiert? Das sind überwiegend Druckkosten für Plakate und Broschüren, Ausgaben für Grafik und die Webseiten-Betreuung. Was sind in diesem Jahr die Highlights im Programm? Jedes einzelne Atelier ist per se ein Highlight. Welche Ateliers haben Sie persönlich auf Ihrer Agenda?

Unter anderem Christiane Zabinski, die in der Dreikönigenstraße Malereien, Installationen und Fotografien ausstellt. Dann die Malereien von Michael Mohr und Roswitha Wächter in der Alten Dorfschule in Sürth und die Objekte sowie Zeichnungen von Djoma Dkumabaeva und Michael Kudinow im Kunstraum Djoma auf der Sankt Apernstraße in der Innenstadt.

Gibt es Stadtteile, die durch ihre künstlerische Verdichtung hervorstechen oder unterbesetzt sind?

Nippes ist groß dabei. In der Südstadt ist auch viel los. Je weiter es nach draußen geht, wird das Angebot dünner. Auch die Innenstadt hat nicht viele Teilnehmer. Das liegt vor allem an den Preisen für die Ateliers. Viele Künstlerinnen und Künstler können sich die Miete nicht leisten.

Wie bewerten Sie die Berufssituation für Künstlerinnen und Künstler nach der Corona-Pandemie?

Es kommen weniger Leute. Man hat sich in der Gesellschaft mit der Situation angefreundet, nicht mehr so oft auszugehen. Die meisten Künstlerinnen und Künstler können nicht von ihrer Arbeit leben. Das belegen die Zahlen der Künstlersozialkasse. Das Jahres-Einkommen vieler bildender Künstlerinnen und Künstler liegt unter dem durchschnittlichen Monatsverdienst eines Arbeitnehmers. Nach der letzten Erhebung des Bundesverbands erzielten rund 60 Prozent aus künstlerischer Tätigkeit weniger als 5000 Euro im Jahr. Die Leute verdienen ihr Geld eher im Bereich von Weiterbildungen oder in der Gastronomie. Es gibt zwar viele Menschen, die Interesse am Erwerb von Kunstwerken haben, zögern aber größere Beträge auszugeben.

Was erwarten Sie von der Politik und der Stadtverwaltung zur Unterstützung Ihrer Belange?

Wir werden ja unterstützt. Ich bin ein Fan des Kulturamts. Ich arbeite sehr gerne mit den Leuten zusammen, aber sie sind aufgrund des Personalmangels an der Belastungsgrenze. Außerdem erscheint es mir manchmal so, als ob die Pläne der Kulturabteilung nicht immer auf Gegenliebe bei anderen Dezernaten wie Liegenschaft, Bau und Denkmalschutz treffen.


Fabian Hochscheid (64) ist Künstler und Vorsitzender des Berufsverbands Bildender Künstler Köln (BBK). Seine Arbeitsschwerpunkte bilden die Malerei und Fotografie. Hochscheid studierte zwischen 1987 und 1991 an der Kölner Fachhochschule für Kunst und Design.


Wie möchten Sie Menschen, die nicht oder nur selten in Ausstellungen gehen, zu einem Besuch der Offenen Ateliers bewegen?

Wir versuchen es durch Kommunikation auf allen Kanälen. Über die mediale Berichterstattung können wir uns nicht beklagen. Man muss den Leuten erklären, um was es geht. Dann kommen sie gerne vorbei. Gibt es ein spezielles Leitthema, an dem sich die Künstlerinnen und Künstler orientieren mussten oder nehmen Sie ein Sujet wahr, dass besonders oft in den Arbeiten vertreten ist? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind vollkommen frei. Ich sehe den Schwerpunkt in der Malerei. Welche Kriterien mussten für eine Teilnahme erfüllt werden? Es muss bildende Kunst sein (Bildhauerei, Malerei, Zeichnung, Grafik, Fotografie, Kunsthandwerk im Gegensatz zu den darstellenden Künsten wie Theater, Tanz, Film, Videokunst, Anm. d. Verf.). Es geht darum, den Schaffensprozess zu zeigen. Wir achten darauf, dass die Werke ein professionelles Niveau haben. „Hobbyisten“, die zu Hause ein bisschen malen und ihre Werke ausschließlich in den eigenen vier Wänden ausstellen, sollten nicht dabei sein. Ein Studium ist keine Voraussetzung. Verzeichnen Sie während der Kunst-Tage mehr Werk-Verkäufe als sonst? Definitiv. Einige der von uns befragten Künstlerinnen und Künstler verzichten auf die Veranstaltung weil Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis stehen. Was halten Sie dem entgegen?

Dem halte ich nichts entgegen. Das ist eine persönliche Einschätzung. Für manche bedeuten die Offenen Ateliers einen enormen Aufwand, mit besonderer Herrichtung der Räumlichkeit und Bewirtungen für die Besucher. Andere machen einfach nur die Türe auf und arbeiten weiter. Letzteres ist meiner Meinung nach für die Gäste genauso spannend.

Gibt es bereits Pläne für die 33. Auflage? Nach den Offenen Ateliers ist vor den Offenen Ateliers. Es wird weitergehen. Dabei sind wir übrigens auch offen für neue Sponsoren.


Die Offenen Ateliers werden vom Kulturamt der Stadt Köln veranstaltet und dem BBK Köln organisatorisch betreut. Die Teilnahme für Künstlerinnen und Künstler ist kostenlos. In diesem Jahr verzeichnen die Organisatoren 650 Künstlerinnen und Künstler in rund 500 Häusern. Alle Adressen stehen auf der Website. Termine: Offene Ateliers linksrheinisch Süd 8.-10.September, Offene Ateliers rechtsrheinisch: 15.-17. September, Offene Ateliers linksrheinisch Nord: 22.- 24.September. www.offene-ateliers-koeln.de

Berufsverband Bildender Künstler Köln (BBK): Der BBK ist eine Lobby für freie Künstlerinnen und Künstler. Der Verband setzt sich unter anderem für die angemessene Vergütung künstlerischer Arbeit ein. Er bietet Künstlerinnen und Künstlern ein Forum für berufsspezifische und kulturpolitische Themen, beispielsweise zu Verträgen, zum Urheber- und Steuerrecht oder zur Künstlersozialversicherung. Die Mitglieder werden regelmäßig über Ausschreibungen, Kunstpreise sowie Ausstellungen informiert.