Die Stadt hat 2024 nach aktuellen Berechnungen ein massives Minus gemacht. In den kommenden Jahren wird sich das nach Ansicht der Stadtspitze nicht ändern.
Haushalt vorgestelltStadt Kerpen muss für die kommende Finanzplanung auf Rücklagen zurückgreifen
In der jüngsten Ratssitzung der Stadt Kerpen beschlossen die Stadtverordneten die Weitergabe des Haushaltsentwurf der Stadt für den Doppelhaushalt 2025/2026 in die Fachausschüsse. Bereits im Haupt- und Finanzausschuss hatte Kämmerer Thomas Schaaf betont, dass die Kolpingstadt 2024 ein massives Minus von voraussichtlich 31 Millionen Euro erwirtschaftet habe. Dies bestätigte sich ebenfalls im auch in dieser Ratssitzung vorgelegten Quartalsbericht der Stadt. Im Vorjahr hatte die Stadt noch ein Plus von rund 41 Millionen Euro gemacht.
Deutliche Einbrüche in der Gewerbesteuer seien unter anderem für den Rückgang der Erträge verantwortlich, sagte er: „Wir hatten im Jahr 2023 noch 86 Millionen Euro Erträge. Für 2024 rechnen wir nur noch mit 40 Millionen Euro.“ Hinzu kommen ihm zufolge auf der anderen Seite Inflation sowie gestiegene Bau-, Energie- und Personalkosten.
Kerpen: Gewerbesteuereinnahmen der vergangenen Jahre könnten Haushalt sichern
Dennoch plane er aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen der vergangenen Jahre nicht mit einem Haushaltssicherungskonzept. „Die erfreuliche Seite des Haushaltsplanentwurfs hat mit unseren Rücklagen zu tun“, sagte er: „Daher könnte der Haushaltsplanentwurf einen Weg aufzeigen, wie wir einen Haushalt ohne Haushaltssicherungskonzept verabschieden könnten.“
Er machte jedoch auch deutlich: „Dazu muss die Haushaltsrücklage leergeräumt werden, das wird voraussichtlich 2026 der Fall sein.“ Doch damit nicht genug. Die Stadtverwaltung plane, 6 Millionen Euro an globalem Minderaufwand zu veranschlagen. „Das bedeutet, wir rechnen bei zwei Prozent unserer Aufwendungen damit, dass wir die schon irgendwie wieder reinbekommen“, erklärte Schaaf.
Kämmerer will Haushaltssperre mit „Rasenmäher-Methode“ verhängen
Er gab zu bedenken: „Dazu muss ich allerdings auch sagen, mit dem ersten Tag des Inkrafttretens des Haushalts muss ich eine Haushaltssperre verhängen. Das wird Ihnen nicht gefallen, denn das wird mit der Rasenmäher-Methode sein und quer durch den ganzen Haushalt gehen, von Schulen bis Kultur.“ Zudem werde die Stadt davon Gebrauch machen, Verluste vorzutragen, für drei Jahre: „Damit verschaffen wir uns aber lediglich Zeit“, sagte Schaaf: „Wir können nicht weitermachen wie bisher. Wir müssen der Aufsichtsbehörde deutlich zeigen, dass wir sie ernst nehmen. Es kommt denkbar ungünstig, denn wir haben noch einiges an Pflichtaufgaben zu erledigen.“
Die in der gleichen Sitzung bei vielen Gegenstimmen (Grüne, FDP, Linke, UWG, BBK, Piraten, Afd) dennoch beschlossene neue Satzung der Grundsteuer B mit einheitlichem Hebesatz, griff Schaaf ebenfalls auf: „Was ebenfalls zur Wahrheit gehört: Es wird in diesem Haushaltsplanentwurf auch Steuererhöhungen geben. Und damit meine ich ausdrücklich nicht die eben besprochene Hebesatzänderung, denn die ist aufkommensneutral.“
Er führte aus: „Für 2026 und die Jahre danach habe ich Hebesatzerhöhungen geplant, die zu Mehrerträgen führen.“ Schaaf verwies darauf, dass die Stadt im Voraus auf eine Erhöhung der Hebesätze verzichtet hatte, weil die finanzielle Lage es hergegeben hatte. Er appellierte an die Stadtverordneten, bei jeder Entscheidung auf die finanziellen Mittel zu achten.
Bürgermeister Dieter Spürck nannte die Lage „dramatisch“ und verwies darauf, dass sich in anderen Kommunen ein ähnliches Bild abzeichne.
Angesichts der kritischen Finanzlage kam es zudem zu einer erneuten Diskussion bei der Frage, in welchem Umfang die Gemeinschaftshauptschule Horrem saniert werden soll. Die in der Sitzung beschlossene Vorlage sieht vor, den beschädigten Physik-Hörsaal mit reduzierter Ausstattung wiederherzustellen. Die darunter liegenden Sanitäranlagen müssten der Vorlage folgend nicht saniert werden. Die Kosten in dieser Planung betragen 876.000 Euro, die außerplanmäßig bereitgestellt werden.
Ruth Donner (Grüne) kritisierte dies: „Seit mindestens sechs Jahren sind die naturwissenschaftlichen Räume in der Schule nicht nutzbar. Das darf nicht unser Standard sein. Für uns ist es fatal, bei diesen Fachräumen zu sparen.“ Die Grünen beantragten eine umfassendere Wiederherstellung gemäß der Empfehlung der Kultusministerkonferenz.
Mit diesem Ansinnen hatten die Grünen keinen Erfolg. Die restlichen Ratsmitglieder mit Ausnahme von Alessa Flohe (Piraten) stimmten gegen den Antrag der Grünen. Die Fraktion zeigte sich darüber in einer anschließenden Pressemeldung äußerst verärgert: „Während der Hauptschule durch alle Parteien mit Ausnahme von Bündnis90/die Grünen und Frau Flohe nach langjährigem Ausfall adäquaten Unterrichts nicht einmal die Erneuerung eines kultusministerkonformen, praktikablen Physikraums zugesprochen wird, werden für das Gymnasium neben häufigen Förderungen steigende Millionen für einen Neubau durchgewunken.“