AboAbonnieren

„Kaffee kann mehr Geschmacksprofile als Wein abbilden“ David Linsin aus Kerpen röstet Spezialitätenkaffee

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann lächelt in die Kamera. Neben ihm auf einem Tisch steht eine Kaffeeröstmaschine. 

David Linsin hat sein Hobby Spezialitätenkaffee zum Nebenberuf gemacht.

Der Softwareentwickler hat sein Hobby zum Nebenberuf gemacht. Drei Monate hat es gedauert, bis er den ersten Kaffee verkaufen konnte.

Kaffee nimmt im Leben von David Linsin aus Kerpen viel Platz ein, seit er vor zehn Jahren mit Spezialitätenkaffees in Berührung kam und sich daraus eine Leidenschaft entwickelt hat. „Kaffee kann mehr Geschmacksprofile als Wein abbilden“, erklärt er. Es gibt allerdings einen wesentlichen Unterschied.

Um einen Wein zu kosten, muss man nur die Flasche entkorken. Bis er dort hineingekommen ist, hat ihn der Winzer an- und ausgebaut. Beim Kaffee ist das anders, weil der Geschmack des fertigen Getränks in der Tasse zuvor durch viele Prozesse beeinflusst worden ist, auf die der Kaffeebauer keinen Einfluss hat – und auch der -röster nur bis zu einem bestimmten Punkt.

Nur hochwertige Bohnen eignen sich für Spezialitätenkaffees

Alles fängt mit der grünen Bohne an. Sie ist die Basis und enthält das Geschmackspotenzial, das es zu entfalten gilt. Das heißt: Aus einer minderwertigen Kaffeebohne kann man keinen Spezialitätenkaffee zaubern. Abhängig ist das Geschmackspotenzial der Bohne wie beim Wein vom Anbaugebiet und dessen Böden, aber auch von der Witterung, die sich auf die Reifung auswirkt.

Der nächste Schritt ist das Rösten, das durch die Temperaturhöhe und -kurve sowie die Entwicklungszeit gesteuert wird. Letztere beginnt nach dem „First Crack“, einem charakteristischen Knacken am Ende der Maillard-Reaktion, eines chemischen Vorgangs, der auch für die Bräunung verantwortlich ist.

Spezialitätenkaffees haben in der Regel eine vergleichsweise kurze Röstzeit.
David Linsin, Kaffeeröster

Je länger die Bohnen geröstet werden, desto fettiger und dunkler werden sie, was aber Geschmacksnuancen wie Fruchtigkeit, Schokolade oder förmlich wegbrennt. „Spezialitätenkaffees haben in der Regel eine vergleichsweise kurze Röstzeit, nach der die Bohnen noch relativ hell sind“, erläutert Linsin. Espresso ist in dieser Hinsicht also kein hochwertiger Kaffee.

Der nächste Schritt, der den Geschmack mitprägt, ist das Mahlen. Linsins eigene Kaffeemühle verfügt über rund 200 abgestufte Mahlgrade. Jetzt wird es kompliziert, denn der beste Mahlgrad hängt davon ab, welche Brühmethode man für den jeweiligen Kaffee wählt: Handaufguss mit ganz unterschiedlichen Filtern, Drückkannen für French Press oder Aero Press oder Kaffeemaschinen zum Beispiel.

Familienvater aus Kerpen hat sein Hobby zum Nebenberuf gemacht

Und auch die Wassertemperatur, mit der der Kaffee aufgegossen wird, und der Aufgussrhythmus beeinflussen das Geschmacksergebnis. Deshalb verfasst Linsin für unterschiedliche Kaffeesorten auf der Grundlage einer sensorischen Ausbildung und viel Ausprobieren Brührezepte. Dieses Jahr hat der Softwareentwickler und Familienvater sein Hobby zum Nebenberuf gemacht.

Seit Oktober röstet er Kaffee in kleinen Mengen und verkauft diesen mit seinem Unternehmen Knack-Coffee – der Name spielt auf den „First Crack“ an. Bislang hat er Sorten aus Bolivien und Peru im Programm. Er bezieht sie von Importeuren, die er persönlich kennt und denen er vertraut. Denn die Nachvollziehbarkeit der Handelskette und eine faire Bezahlung der Kaffeebauern sind ihm ein Anliegen.

Kerpener möchte mithelfen, eine Plantage aufzubauen

Im nächsten Schritt möchte er sein Angebot gerne auf afrikanischen Kaffee aus Kenia und Äthiopien ausweiten. Diese Kaffees sind durch ihren Säuregehalt wegen ihres fruchtigen Geschmacks bekannt. Auch davon, selbst beim Aufbau einer Plantage mitzuhelfen, von der er dann Kaffee beziehen kann, träumt Linsin.

Aber das ist Zukunftsmusik. Denn schon der Entschluss, nebenberuflich Kaffee zu rösten und zu verkaufen, bedeutete für ihn einen hohen Aufwand. Ein einfacher Gewerbeschein reicht für selbst gerösteten Kaffee nicht aus. Die Lebensmittelkontrolle ist genauso involviert wie wegen der Kaffeesteuer (2,19 Euro pro Kilo) der Zoll.

Drei Monate hat es gedauert, bis Linsin den ersten Kaffee an einen Kunden verkaufen konnte. Er vertreibt seinen Spezialitätenkaffee in erster Linie online für unter zehn Euro für 250 Gramm. Kerpener Kunden können den Kaffee aber auch zu den auf der Homepage angegebenen Zeiten selbst abholen.

Linsin liefert auch aus. Denn es ist ihm wichtig, mit seinen Kunden über die Erfahrungen in den Austausch zu kommen, die sie beim Mahlen und Aufbrühen ihres Kaffees gesammelt haben.