Bürger berichten von FlutnachtErster Workshop zum Hochwasserschutz in Kall
Kall – Eins wurde beim ersten von sieben Workshops zum Wiederaufbau der Gewässer und zum Hochwasserschutz in Kall gleich deutlich: Die von der Flut betroffenen Menschen in der Gemeinde wollen, dass ihr Hab und Gut in Zukunft besser geschützt wird. Und zwar unabhängig davon, ob die Schäden vom Hochwasser oder vom Starkregen verursacht worden sind.
Doch während das Land für den Wiederaufbau und den Hochwasserschutz an Gewässern der Gemeinde 5,5 Millionen Euro bereitstellt, werden bei Maßnahmen zum Schutz vor Starkregen nur maximal 50 Prozent der Planungskosten gefördert. „Die Bezirksregierung Köln kann sagen, was sie will. Das kann doch nicht sein, dass bestimmte Maßnahmen nicht bezahlt werden, nur weil es sich um Oberflächenwasser handelt“, sagte Manfred Lennartz, Anwohner vom Stürzerhof, und erhielt dafür viel Beifall. Kritik gab es auch an der Gemeinde wegen der Versiegelung von Flächen für die Gewerbegebiete, was die Probleme verschärft habe.
Die rund 40 Anwohner, die ins Rathaus gekommen waren, verteilten sich auf zwei Bereiche. Während die Anlieger in der Auel-, Ufer- und Eisenauerstraße sowie in der Gemünder Straße und „Im Sträßchen“ vom Hochwasser der Urft betroffen waren, sorgte in den Straßen „In der Laach“ und „Stürzerhof“ der Starkregen für Überschwemmungen. Das Planungsbüro „Die Gewässer-Experten“ hatte nach dem Hochwasserereignis eine Bestandsaufnahme der hochwasser- und flutbedingten Schäden an 19 Gewässern in der Gemeinde Kall durchgeführt und rund 60 Kilometer unter die Lupe genommen. Diese Daten sollen eine wichtige Grundlage für den Wiederaufbauplan und die Maßnahmen an den Gewässern sein – und für ein Hochwasserschutzkonzept.
„Noch offene Fragen"
„Aber es bleiben noch offene Fragen, und deshalb sind ihre Hinweise wichtig“, erklärte Frauke Kramer vom Planungsbüro. „Wir wollen wissen, wo das Wasser herkam, welche Bereiche überschwemmt waren und wie hoch das Wasser stand“, so die Planerin. Die Informationen der Anwohner wurden auf bereitliegenden Karten eingetragen. Ziel der Aktion ist laut Kramer, sich ein umfassendes Bild der Flut zu machen.
„Wir müssen die Gewässer künftig fit machen für viel und ganz wenig Wasser.“ Die Anlieger könnten helfen, indem sie ihre Häuser schützen und keine Sachen am Ufer lagern. So ein Ereignis wie im vergangenen Jahr werde man wohl nicht in den Griff kriegen können.
Sofortmaßnahmen benannt
Ein kommunenübergreifendes Konzept für den Hochwasserschutz solle bis 2025 vorliegen, so Kramer. „Aber auch schon vorher können Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durchgeführt werden.“ Die Gemeinde habe 13 Sofortmaßnahmen benannt, die vorgezogen werden könnten. „Eine davon ist die Vergrößerung des Stauraums im Regenrückhaltebecken im Gewerbegebiet 2 um rund 90 Prozent durch den Einbau einer Einlaufschwelle“, erklärte Bürgermeister Hermann-Josef Esser. Die Übernahme der Kosten für den Bau eines weiteres Beckens an der Kölner Straße habe die Bezirksregierung mit dem Hinweis abgelehnt, dass es sich in dem Bereich um ein Starkregenereignis gehandelt habe. „Für die Niederschlagswasserbeseitigung ist die Kommune zuständig. Deshalb müssten wir die Baukosten komplett übernehmen“, erläuterte Esser und forderte: „Das Land muss hier umdenken.“
Lennartz überraschte die Verwaltung und die Fachleute mit der Aussage, dass er schon mehrfach erlebt habe, dass das Regenüberlaufbecken im Gewerbegebiet 2 bei Starkregenereignissen leer gewesen sein, während unterhalb bei ihm schon ein See im Garten gestanden habe. Dafür hatte Markus Auel vom Bauamt keine Erklärung: „Das muss überprüft werden.“
Baugebiet „Oben im Auel“ hätte man nicht ausweisen dürfen
„In der Vergangenheit sind auch bei der Gemeinde viele Fehler gemacht worden. Das Baugebiet ,Oben im Auel’ hätte man nie ausweisen dürfen, weil der Bereich früher immer wieder von der Urft überschwemmt wurde“, so Lennartz. Auch sei es falsch gewesen, so viele Flächen in den Gewerbegebieten zu versiegeln. „Bei uns laufen die Buden bei jedem Starkregen voll. Die Gemeinde hat die Flächen in den Gewerbegebieten verkauft, und jetzt ist sie dafür verantwortlich, dass Wasser von dort abzuleiten“, forderte ein anderer Stürzerhof-Anwohner.
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„Für die Betriebe gibt es Vorgaben. Das wird auch kontrolliert“, hielt Esser dagegen. Die Themen würden nun alle angegangen. Der Bürgermeister räumte aber ein, dass beispielsweise die Pflege der Gräben über Jahre vernachlässigt worden sei. „Der Bauhof vertieft sie und hält sie nun besser frei.“ Auch dürfe es nicht sein, dass die Unterführung in der Ortsmitte von Kall bei stärkeren Niederschlägen immer wieder volllaufe.