„Keine Aussicht auf Erfolg“Jan Böhmermanns Verfassungsbeschwerde ist gescheitert
Karlsruhe – Der Satiriker Jan Böhmermann ist vor dem Bundesverfassungsgericht mit einer Verfassungsbeschwerde gegen Urteile gescheitert, die ein von ihm vor sechs Jahren vorgetragenes Schmähgedicht über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan teils verboten.
Die Verfassungsbeschwerde habe „keine Aussicht auf Erfolg“
Das Gericht nahm seine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, wie es am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte. Sie habe „keine Aussicht auf Erfolg“. (Az. 1 BvR 2026/19) Das Landgericht Hamburg und das Hanseatische Oberlandesgericht hatten 18 von 24 Zeilen des Gedichts in den Jahren 2017 und 2018 verboten.
Böhmermann hatte das Gedicht am 31. März 2016 in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ auf ZDF Neo verlesen. Darin wurden Erdogan in drastischen Worten sexuelle Handlungen wie Pädophilie und Sodomie unterstellt. Es war eine Reaktion auf Erdogans Vorgehen nach einem Beitrag in der Satiresendung „Extra 3“: Der türkische Präsident hatte deswegen den deutschen Botschafter einbestellt.
Böhmermann nannte sein Gedicht „Schmähkritik“ und erklärte während seines Vortrags, was in Deutschland gesagt werden dürfe und was nicht. Die Sache erregte großes Aufsehen, führte zu einer öffentlichen Debatte über Satire und Meinungsfreiheit und belastete die deutsch-türkischen Beziehungen.
Die Ermittlungen gegen Böhmermann wurden im Oktober 2016 eingestellt
Mehrere Gerichte und die Staatsanwaltschaft in Mainz beschäftigten sich damit. Erdogan stellte Strafanzeige wegen Beleidigung. Die Mainzer Staatsanwaltschaft ermittelte gegen Böhmermann auf Grundlage des Paragrafen, der die „Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten“ unter Strafe stellte, die Ermittlungen wurden aber im Oktober 2016 eingestellt.
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Eine Beschwerde Erdogans dagegen blieb ohne Erfolg. Strafrechtlich hatte der Beitrag also keine Folgen für Böhmermann. Der entsprechende Paragraf wurde wenig später aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.
Böhmermann selbst klagte 2019 erfolglos vor dem Berliner Verwaltungsgericht gegen das Kanzleramt auf die Unterlassung einer Formulierung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie hatte Böhmermanns Zeilen „bewusst verletzend“ genannt, distanzierte sich aber wenig später von dieser Formulierung.
Die Berufung auf Meinungs- und Kunstfreiheit war erfolglos
Das Bundesverfassungsgericht entschied nun über Urteile aus dem Zivilverfahren in Hamburg: Auf Erdogans Klage hin verbot das Landgericht vor fünf Jahren 18 der 24 Gedichtzeilen, das Hanseatische Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung im Jahr 2018. Es sah in den fraglichen Passagen keine satirische Kritik, sondern einen rechtswidrigen Angriff auf die Würde der Person. Erdogans Antrag, das Gedicht komplett zu verbieten, wies das Oberlandesgericht ebenfalls ab.
Da es keine Revision gegen seine Entscheidung zuließ, beschwerte sich Böhmermann vor dem Bundesgerichtshof. Seine Beschwerde wurde aber zurückgewiesen. Daraufhin zog er Ende 2019 vor das Bundesverfassungsgericht. Böhmermann berief sich auf die vom Grundgesetz geschützte Meinungs- und Kunstfreiheit, hatte aber nun keinen Erfolg mit seiner Verfassungsbeschwerde. (afp)