Fast ein Jahr lang diskutierten die Mechernicher über eine geplante große Zuchtanlage für Champignons.
Franz-Josef Graf Beissel von Gymnich wollte die Anlage zwischen Satzvey und Obergartzem bauen.
Doch der Eigentümer der Flächen zog sein Projekt nun zurück.
Mechernich/Satzvey – Die Empörung war groß, als vor knapp einem Jahr die Pläne publik wurden, eine Champignon-Zuchtanlage auf einer 23 Hektar großen Fläche zwischen Satzvey und Obergartzem zu bauen. Das Thema hat sich nun erledigt. „Das ist Schnee von gestern“, sagte Franz-Josef Graf Beissel von Gymnich, der Eigentümer des Areals, am Montag auf Anfrage.
Er habe das Projekt zurückgezogen, weil auch die Politiker dagegen gewesen seien. Er zeigte sich überzeugt, dass man ihn und das Projekt jahrelang hätte blockieren können. „Ich bin jetzt bald 75 und habe keinen Bock, mich vier Jahre lang zu streiten“, sagte Beissel.
Verwaltung und Politik seien dem Projekt gegenüber von Anfang an ziemlich kritisch gewesen, so Schick. Es sei ein Projekt, das die Entwicklung von Firmenich, Obergartzem und Satzvey beeinträchtigt hätte – allein schon wegen der Geruchsemissionen und der Abfallstoffe, die die Anlage produziert hätte.
Das habe er, so Schick, Beissel auch wiederholt gesagt. Bis dieser nun den Rückzug antrat. „Ich habe erst einmal meinen Frieden, keiner ist gegen mich“, so Beissel.
Der Bau einer derart großen Anlage gefiel auch den Bürgern nicht. 71.000 Quadratmeter sollten überdacht werden. Funghi-Farms plante, 190 Tonnen Pilze pro Woche zu produzieren. 20.000 Kubikmeter Wasser hätte die Anlage jährlich gebraucht und pro Woche 710 Kubikmeter Abfallstoffe erzeugt.
130 Arbeitsplätze in Aussicht
All das beunruhigte Naturschützer und Anwohner. Auch die Politiker sprachen sich gegen das Vorhaben aus – trotz der 130 neuen Arbeitsplätze, die die Anlage hätte bringen sollen.
Ende November 2018 wurde das Projekt bekannt
Vor einem knappen Jahr, Ende November 2018, wurden die Pläne von Franz-Josef Graf Beissel von Gymnich öffentlich. Er hatte den Pachtvertrag mit dem MSC Wisskirchen gekündigt und keinerlei Zweifel, dass das geplante Bauprojekt mit der niederländischen Firma Funghi-Farms von den Behörden abgesegnet würde.
In die folgenden Sitzungen des Mechernicher Stadtentwicklungsausschusses kamen dann rund 120 Bürger, um gegen die geplante Anlage zu protestieren. Sie befürchteten vor allem Probleme für die Umwelt, Geruchsbelästigungen und eine enorme Zunahme des Schwerlastverkehrs.
Im März 2019 fand eine Bürgerversammlung im Firmenicher Bürgerhaus statt, in der unter anderem über die geplante Zuchtanlage diskutiert wurde. Rund 200 Besucher nahmen teil, für etliche Interessierte gab es keinen Sitzplatz mehr. Drei Stunden dauerte die Veranstaltung, in der Bürgermeister Hans-Peter Schick ankündigte, notfalls gerichtlich gegen die Anlage vorzugehen.
Zudem gab es eine Unterschriftenaktion gegen die Anlage. 600 Unterschriften waren zusammengekommen. Allerdings wurden dabei die Themen Neues Baugebiet in der Schavener Heide und Pilzzucht-Anlage miteinander vermengt. (jre)
Allerdings handelte es sich nach dem Baurecht um ein privilegiertes Vorhaben, wie Stadtplaner Thomas Schiefer in einer Ausschusssitzung erklärte. Ein Umstand, der ein Vorgehen der Verwaltung gegen die Anlage erschwert hätte. Schick jedoch zog nun in Zweifel, ob das Bauvorhaben wirklich als privilegiert anzusehen gewesen wäre.
Daran schieden sich weiterhin die Geister. Grundstückseigentümer Beissel ist weiterhin überzeugt: „Ich hätte das Recht gehabt.“ Ein langwieriger Gerichtsprozess hätte ihn aber zu viel Zeit, Nerven und Geld gekostet, weshalb er das Projekt nun aufgegeben habe.
Motocross-Fahrer froh
Das freut auch die Motocross-Fahrer des Motor-Sport-Club (MSC) Wisskirchen, deren Rennstrecke genau in dem Gebiet liegt und die der Champignon-Zuchtanlage hätte weichen müssen. „Natürlich sind wir froh, dass wir das Gelände weiter nutzen können“, sagte Jens Hoch, Vorsitzender des Vereins, auf Nachfrage.
Allerdings tue es ihm auch ein wenig leid für Beissel, der in das Projekt sicher viel Herzblut gesteckt habe. Die Naturschützer des Nabu-Kreisverbandes hatten eher wenig Mitleid mit dem Grafen. „Der Arbeitskreis Natürlich.Mechernich sieht im Ende der Planungen der Pilzfabrik einen ersten Schritt in die richtige Richtung“, heißt es in einer Mitteilung.
Nach Angaben Beissels sucht die Firma nun einen anderen Standort: In Frage kämen Flächen bei Euskirchen oder Erftstadt. Von einem solchen Vorhaben weiß die Stadt Euskirchen allerdings noch nichts. Ob die Firma Funghi-Farms sich für eine Ansiedlung in Euskirchen interessiere, könne die Stadt nicht sagen, heißt es in einer Mitteilung. Und: „Der Verwaltung ist die Firma nicht bekannt.“
Der Verantwortliche der Firma Funghi-Farms war am Montag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.