Die Stadt Euskirchen feierte Richtfest am künftigen Rathaus. Die anfangs kalkulierten Kosten, 58 Millionen Euro, sind leicht gestiegen.
RichtfestRathausneubau in Euskirchen wächst schneller als geplant – mit Bildergalerie
Ein Neubau, der schneller vollendet wird als anfangs geplant – das kommt nicht oft vor. In Euskirchen wird dieser Fall vermutlich eintreten, und das auch noch bei einem Großprojekt, dem Bau des künftigen Rathauses. Beim Richtfest am Montag sagte Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos), dass das Gebäude nach dem jetzigen Stand schon um Ostern 2026 fertig sein werde. Das würde bedeuten: rund zwei Monate eher als beim symbolischen ersten Spatenstich im August 2023 angekündigt.
Reichelt sprach von einer Besonderheit, die die Stadtverwaltung vor eine Herausforderung stellen werde: „Wir müssen den Umzug vorplanen.“ Im gleichen Atemzug sprach der Bürgermeister dem Generalunternehmer Depenbrock ein großes Kompliment aus für das beachtliche Tempo, mit dem er den Rohbau auf dem Eckgrundstück Roitzheimer Straße/An der Vogelrute in der City Süd hinter dem Bahnhof hochgezogen hat.
Neues Rathaus: Stadt Euskirchen kalkuliert mit leichter Kostensteigerung
Erfreulich für die Stadt ist, dass Depenbrock von dem vereinbarten Festpreis in Höhe von 58 Millionen Euro vermutlich kaum abweichen wird. Nach aktuellen Berechnungen sei von einer Steigerung von lediglich 1,5 Prozent auszugehen, sagte der Technische Beigeordnete Wolfgang Honecker. Sie sei in erster Linie auf Änderungen in der technischen Ausstattung, etwa im IT-Bereich, zurückzuführen, die sich in der Zwischenzeit als notwendig erwiesen hätten.
„Projekte dieser Größenordnung haben wir nicht jeden Tag“, sagte Reichelt über die viergeschossige Verwaltungszentrale, die nach Angaben der Architektin Veronika Reisser vom Büro Brechensbauer Weinhart und Partner (München) rund 90 Meter lang, 60 Meter breit und 20 Meter hoch ist.
Markus Kellner von der Depenbrock-Geschäftsführung lobte den „wunderschönen Entwurf“ des Architekturbüros und wandte sich an die Festgäste: „Ich bin sicher, dass Sie ein tolles Rathaus kriegen.“ Er sprach von einem „Highlight, was nachhaltiges Bauen angeht“. So erfülle das Gebäude die Anforderungen der Energieeffizienzklasse 40: „Moderner geht es nicht.“
Weitere Zahlen nannte Fabian Steinhauer, operativer Bereichsleiter der Firma aus Stemwede. Die Nutzfläche für die rund 365 städtischen Bediensteten, die in Zukunft ihren Arbeitsplatz an der Vogelrute haben, beläuft sich auf 15 000 Quadratmeter, die Zahl der verbauten Klinkersteine auf etwa 220 000. In den Spitzenzeiten seien bisher 80 bis 90 Arbeiter auf der Baustelle im Einsatz gewesen. Ihre Anzahl werde aber noch steigen, wenn es mit dem Innenausbau losgehe, erklärte Steinhauer.
Vom Dach des Rathauses bietet sich ein Rundblick über Euskirchen
Er gehörte zu den Depenbrock-Mitarbeitern, die die Gäste in mehreren Gruppen durch den Neubau führten. Der Rundgang führte durch die großzügige Eingangshalle, durch Flure, an denen sich demnächst Lagerräume und Büros aneinanderreihen, in den Innenhof und den für das Stadtarchiv vorgesehenen Trakt und schließlich ins Obergeschoss. Von dort aus konnte, wer wollte, über eine Leiter auf das Dach steigen. „Von da oben hat man einen tollen Blick über die ganze Stadt“, schwärmte einer der Besucher nach seiner Rückkehr.
Unter den Gästen war Reichelts Vorgänger, Ehrenbürgermeister Dr. Uwe Friedl (CDU), in dessen Amtszeit die Planungen für den Neubau begonnen hatten. Die Stadtverwaltung hatte ihr jetziges Domizil an der Kölner Straße, 1952 als Kreishaus errichtet, im Jahr 1975 bezogen. Es ist längst stark sanierungsbedürftig und für die Verwaltung viel zu klein, sodass sie Teile der Belegschaft seit Jahren in anderen Gebäuden in der Stadt untergebracht hat.
Der Bürgermeister und sein Vorgänger enthüllen die Grundsteinplatte
Der Neubau wird die Stadt in die Lage versetzen, zwei Außenstellen aufzugeben. Das Zentrale Immobilienmanagement, das angemietete Räume am Charleviller Platz nutzt, wird ebenso an die Vogelrute wechseln wie das Bürgerbüro, das im (ganz) Alten Rathaus in der Baumstraße residiert.
Friedl und sein Amtsnachfolger enthüllten eine künstlerisch gestaltete Grundsteinplatte, die in eine Wand im Foyer eingelassen werden soll. Sie zeigt stadtbildprägende Gebäude: die Kirchen Herz Jesu und St. Martin, den Dicken Turm, das Alte Rathaus, Fachwerkhäuser am Alten Markt, das Amtsgericht und die Rotunde des Veybach-Centers. Darüber steht die Zahl 2023, das Jahr des Baubeginns.
Reichelt hatte zu der Feier, die Dr. Antonello Simone virtuos mit seinem Akkordeon auflockerte, neben Mitgliedern des Stadtrats auch eine Reihe seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begrüßt. Ihre Anwesenheit zeige, dass die Belegschaft sich mit dem Neubau stark identifiziere. Am neuen Standort könne sie einen noch besseren Service für die Bürgerinnen und Bürger erbringen, so Reichelt.
Durch die Zusammenführung unter einem Dach werde der Zusammenhalt der bisher voneinander getrennten Abteilungen noch besser als ohnehin schon, sagte der Bürgermeister, der allen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit dankte.
Bevor Polier Ulrich Holzhüter nach alter Väter Sitte den Richtspruch vortrug, an dessen Ende er ein zuvor geleertes Schnapsglas zertrümmerte, hatten Reichelt und Baudezernent Honecker den Blick auf weitere Bauvorhaben in der City Süd gelenkt.
So wird die Stadt nahe dem hinteren Bahnhofsausgang ihre neue Veranstaltungshalle bauen, die das von der Flut zerstörte City-Forum ersetzt, und zwischen diesem Gebäude und dem Rathaus einen repräsentativen Platz. Hinzu kommt ein Pendlerparkhaus auf dem ehemaligen Bünder-Gelände an der Vogelrute, auf dem noch bis zum nächsten Jahr Modulbauten für Geflüchtete stehen. Die Gesamtplanung erfordere Vorstellungsvermögen, Weitsicht und Mut, sagte Honecker.
„Die City Süd wird uns noch lange beschäftigen“, fügte Sacha Reichelt hinzu. Die Stadt stehe vor Baumaßnahmen, die auch mit Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten einhergingen, zum Beispiel „durch die sich ständig ändernde Parkplatzsituation“. Man dürfe jedoch „nicht vergessen, dass es um die größten Projekte unserer Generation in Euskirchen“ gehe.