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Wasserhaushalt des KörpersViel trinken nur ein Mythos?

Lesezeit 3 Minuten

Ständig an der Wasserflasche hängen - das braucht niemand. Denn Trinken auf Vorrat funktioniert nicht, der Körper kann immer nur kleine Mengen auf einmal verarbeiten.

Im Prinzip ist es ganz einfach: Ein erwachsener Mensch besteht zu 70 Prozent aus Wasser. Durch Ausscheidungen und über die Haut gehen pro Tag rund 2,5 Liter verloren. Der Verlust muss ausgeglichen werden, also müssen auch 2,5 Liter wieder rein in den Körper: 1,5 Liter über Getränke, der Rest kommt automatisch über feste Nahrung. Das ist soweit unstrittig. Die Frage ist nur: Wie genau soll der Flüssigkeitshaushalt wieder ins Gleichgewicht gebracht werden? Ständig an der Wasserflasche nuckeln oder lieber einmal richtig trinken?

Der Griff zur Wasserflasche

"Wenn der Körper ein halbes Prozent Wasser verloren hat, meldet sich unser Durstgefühl", erklärt Susann-Cathérine Ruprecht, Sprecherin des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam. Der Griff zum Wasserglas ist dann die einfachste Lösung. Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn empfiehlt, die Flüssigkeit gleichmäßig über den Tag verteilt aufzunehmen. Trinken auf Vorrat funktioniert nicht, der Körper kann nur kleine Mengen verarbeiten, der Rest wird wieder ausgeschieden.

Wann macht sich Flüssigkeitsmangel bemerkbar?

Und da liegt auch das Problem: Wer zu lange Trinkpausen einlegt und sein Durstgefühl ignoriert, kommt in einen Bereich, in dem der Flüssigkeitsmangel sich bemerkbar macht: "Ab etwa drei Prozent Flüssigkeitsverlust ist die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt", erklärt Ruprecht. Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche können die Folgen sein.

Gefahr der Dehydrierung

Das ist in der Regel nicht dramatisch, die Gefahr einer Dehydrierung, das heißt einer Austrocknung, besteht in unseren Breiten nur in Extremsituationen. Wer Essen und Trinken in ausreichendem Maß zur Verfügung hat, der versorgt seinen Körper gut genug. Das betont auch Uwe Knop, Autor des Buches "Hunger & Lust". "Trinken ist ein so essenzieller Mechanismus, dafür braucht man keine Regeln." Die Angaben zur Trinkmenge der DGE nimmt er als Beobachtung zur Kenntnis, meint jedoch: "Ein gesunder Mensch braucht keinen 'Trinkwecker' oder Ähnliches, man kann einfach nach Gefühl trinken."

Sportler trinken oft zu wenig

Ob man nun nach Gefühl oder DGE-Empfehlung trinkt: Wichtig ist, dass die normale Trinkmenge nur für gesunde Erwachsene gilt. Einen erhöhten Flüssigkeitsbedarf hat der Körper bei Anstrengung, also auch beim Sport. Doch gerade dabei ignorieren viele Menschen ihr Durstgefühl. "Dass in Sportsituationen oft zu wenig getrunken wird, ist ein bekanntes Problem", sagt Prof. Daniel König vom Institut für Sport und Sportwissenschaften an der Universität Freiburg. Von rigiden Empfehlungen zur Trinkkontrolle hält er aber nichts. Auch gelte 20-minütiges Joggen noch nicht als Belastung, erst ab einer Stunde körperlicher Anstrengung solle man auf seine Trinkmenge achten, empfiehlt der Sportmediziner.

Der Körper kann bis zu zehn Liter am Tag verarbeiten

Weder im Alltag noch unter sportlicher Belastung bestehe die Gefahr, zu viel zu trinken - bestätigen die Experten übereinstimmend. "Der Körper kann zehn Liter pro Tag ohne Probleme verarbeiten", sagt Gahl. Spektakuläre Todesfälle durch Überwässerung sind auch König nur von Extremsportveranstaltungen, etwa einem Doppelmarathon, bekannt. "Der Körper verliert dann unter anderem durch das Trinken zu viel Natrium", erklärt er. Langfristig schädlich ist übermäßiges Trinken laut DGE nur bei zu süßen Getränken. Wer nicht gerade einen Marathon läuft, ist auf der sicheren Seite, wenn er beim normalen Durstgefühl zum Wasser greift. Zu lange warten sollte aber niemand: "Einen großen Flüssigkeitsverlust kann man nicht kurzfristig ausgleichen", erklärt Ruprecht. Hat man den Durst zu lange ignoriert, kann es bis zu 24 Stunden dauern, bis der Flüssigkeitshaushalt des Körpers erst wieder im Gleichgewicht ist. (dpa)