"Aurora" hieß das Zauberwort. Der Name der griechischen Göttin der Morgenröte, sollte über der bis dahin eher kärglichen Region rund um Wellerscheid bei Much die Sonne aufgehen lassen: Arbeitsplätze, wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand bringen. So die Pläne jenes Bergbauunternehmens, das Mitte des 19. Jahrhunderts den kleinen Weiler Wellerscheid auserkor, um dort unter dem Namen "Aurora" Schacht und Stollen anzulegen und bis zu 1000 Tonnen Zink- und Bleierz pro Jahr aus über hundert Metern Tiefe zu holen.
Allein: Von dieser Bergbaublüte sind heute kaum noch Spuren auf unserer Frühlingstour zu entdecken, dafür derzeit umso mehr natürliche Blüten: von Wildkirschen über Forsythien und wahre Kleeblüten-Felder bis hin zu saftigen Löwenzahn-Wiesen.
In Drabenderhöhe schnüren wir die Wanderschuhe. Der erstmals 1353 als "Dravender Hoy" erwähnte Ort macht seinem Namen alle Ehre: Von seiner 375 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Bergkuppe bieten sich viele imposante Ausblicke. Die Kirche stammt aus dem Hochmittelalter und dürfte wohl zunächst als Taufkapelle an der Kreuzung alter Handelswege entstanden sein. Eine davon ist die Zeithstraße, der mittelalterliche Fernhandelsweg von Bonn nach Dortmund.
Von noch weiter her kamen viele der Neubürger, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg in dem zeitweiligen Höhenluftkurort ansiedelten. Am Ortsrand des Altdorfes wuchs innerhalb von 20 Jahren eine Großsiedlung von Siebenbürger Sachsen. Sie gilt heute als größte außerhalb des rumänischen Landstrichs.
Der weithin sichtbare "Turm der Erinnerung", der im Stile eines sächsischen Wehrturmes neben dem örtlichen Seniorenzentrum errichtet wurde, erinnert an die Heimatorte, aus denen die Neubürger kamen - und blieben. 1991 erhielt Drabenderhöhe die Goldplakette im Bundeswettbewerb für die "Vorbildliche Integration von Aussiedlern".
Durch die Straße "Im Biesengarten" wandern wir aus dem Ort hinaus und sehen - wo wir auf offene Wiesenflächen kommen - links am Horizont das Siebengebirge. Durch Niedermiebach geht's nach Wellerscheid. Dort gilt es, die Augen offen zu halten, um den Wegweiser "Zum Stollen" nicht zu übersehen, der uns links hinab zu einem heute vergitterten Stollenmund der Grube Aurora und einer alten Bergwerkslore führt. Verschiedene Betreiber haben hier bis 1913 Erz abgebaut und in Spitzenzeiten mehr als 200 Bergleute beschäftigt.
Verträumt erscheint das Örtchen heute dem Wanderer, der am ehemaligen Obersteigerhaus aus Bruchsteinen und Fachwerk vorbeitippelt, das einstige Schulgebäude ausmacht und dann die 1926 bis 1930 errichtete Filialkirche St. Petrus Canisius erreicht.
Durch reizvolle Birkenalleen geht's schließlich über einen Höhenrücken nach Hündekausen, bevor uns das Tal des Becher Suthbachs zurück nach Drabenderhöhe führt.