WandertagFrühlingsgefühle an der "Goldenen Meile"
Die Natur bereitet sich Anfang März auf den Frühling vor, unübersehbar, auch wenn den Winter noch keineswegs „besiegt“ ist. Vielen Festen und Bräuchen liegt - auch, wenn es kaum noch erkennbar ist -, das Feiern der Wende der Jahreszeiten zu Grunde. Karneval ist in einer seiner Wurzeln so ein Fest. Gerade in diesem Jahr, wo Karneval auf Grund des Kalenders so spät wie selten fällt, wird uns dieser ursprüngliche Zusammenhang vielleicht noch stärker klar. Wenn sich also die ersten vorfrühlingshaften Wetterlagen einstellen, sollte man seinem inneren Drängen nachgeben und wieder die Wanderschuhe auspacken.
Wir wählen eine Wanderstrecke nahe des Rheins, weil hier die Temperaturen am angenehmsten sind und der Frühling deutlich früher spürbar wird als im Eifeler Bergland. Remagen ist eine Kleinstadt am Rhein, deren weltweite Berühmtheit ein nicht mehr vorhandenes technisches Bauwerk ist: die Brücke von Remagen. Sie steht symbolhaft für die Befreiung Deutschlands von der NS-Herrschaft, denn die US-Army konnte auf ihr im März 1945 im Handstreich ihre Truppen auf das rechte Rheinufer hinüberbringen, bevor sie einstürzte. Im stehen gebliebenen Brückenturm befindet sich das sehenswerte „Friedensmuseum“, das nicht nur dieses Ereignis thematisiert, sondern auch an das berüchtigte Kriegsgefangenenlager auf den Rheinwiesen erinnert, in dem über Tausend deutsche Soldaten im Frühjahr / Sommer 1945 zu Tode kamen. Der bekannteste Sohn der Stadt Remagen ist im Übrigen der Rennfahrer Rudolf Caracciola, der Anfang der 1930er Jahre auszog, um den Automobilsport zu revolutionieren. Seine größten Triumphe feierte er auf seiner „Hausstrecke“, dem Nürburgring.
Wir starten unsere Wanderung am Bahnhof Remagen und steigen zunächst die wenigen Kehren zur Wallfahrtskirche St. Apollinaris auf dem schroff zum Rhein abfallenden Fels empor. Sie dominiert das Panorama der Stadt und ist gleichzeitig ihr wertvollstes bauliches Erbe. 1162 schenkte der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel der dort begründeten Propstei des Klosters Siegburg Reliquien des heiligen Apollinaris, worauf sich dort über Jahrhunderte ein viel besuchter Wallfahrtsort etablierte. Nach der Säkularisation erwarb ein adliger Privatmann die verfallende Kirche und ließ an ihrer Stelle 1839-1843 durch den Kölner Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner einen neogotischen Bau neu errichten, der heute als eines der Hauptwerke romantischer Sakralarchitektur in Deutschland gilt.
Die einheitliche Ausstattung und Ausmalung im Inneren vervollständigt den Eindruck eines Gesamtkunstwerks. Seit 1857 war ein Franziskanerkloster angeschlossen, dem die Anlage die große Franziskus-Statue oberhalb des Treppensteigs zu verdanken hat. Unser Wanderweg führt durch ruhige Wälder hinab zur Siedlung Calmuth, deren Name ihre Entstehung im ehemaligen Kupferbergbau verrät. Die Schutzhütte am Scheidskopf lädt mit ihrem Fernblick auf die Landkrone zu einer gemütlichen Rast ein, ehe es über den - auch bereits zu Eifelkrimi-Ehren (Carsten Sebastian Henn: Nomen est Omen, Köln 2003) gelangten - Golfplatz wieder zurück Richtung Rhein geht. Von der Hochebene beim „Kapellenhof“ öffnet sich ein wundervoller Blick Richtung Norden auf den Rhein und das Siebengebirge, aber auch auf die östlich gelegenen vulkanischen Kuppen des unteren Westerwalds. Eine Wanderung ohne anstrengende An- und Abstiege, so recht zum „Einlaufen“ für die neue Wandersaison!