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VorweihnachtszeitZwölf Dominosteine im großen Geschmacks-Test

Lesezeit 6 Minuten
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Ein Dominostein ist eine Schichtpraline. Am Marzipan – der teuersten Zutat – wird oft gespart.

Nur ganz kurz, denn die Story ist wenig sexy. Oder würden Sie gerne „Notpraline“ heißen? Vor 80 Jahren, also 1936, erfindet der Dresdner Chocolatier Herbert Wendler den Dominostein, um auch weniger betuchte Kundschaft in sein gehobenes Geschäft zu lotsen.

Notpraline in Kriegszeiten

Die Schichtpraline, die klassisch aus je einer Schicht Lebkuchen, Fruchtgelee und Marzipan besteht und mit dunkler Schokolade überzogen wird, lief in Kriegszeiten unter dem Namen Notpraline. Beides gottlob Geschichte. Dominosteine sind heute einfach ein populäres Saisonprodukt, das von Discount-günstig bis zu Konditorei-kalkuliert zur Vorweihnachtszeit gehört. Zwölf unterschiedliche Hersteller haben wir im Geschmackstest verkostet mit Unterstützung von Eva Oelze, die auch noch die kleinsten Details in der Machart detektiert. Wichtigste Erkenntnis: Gutes, nicht übersüßtes Gelee macht schon den halben Spaß.

Damit wir uns nicht missverstehen: Das ist kein Wettstreit Industrie- gegen handwerkliche Erzeugnisse. Wir bilden hier exemplarisch die Vielfalt im Handel ab und möchten auf die spezifischen Geschmackseigenschaften aufmerksam machen.

Unsere Expertin:

Eva Oelze

Süß-Profi Eva Oelze 

Eva Oelze ist Konditormeisterin und Chocolatier. Sie veranstaltet in ihrer „Choco Lounge“ in Kürten sowie für das Magazin regelmäßig Seminare in Sachen feinste Chocolaterie, Patisserie oder auch Weihnachtsbäckerei. Sie hat uns schon bei vielen Verkostungen als Expertin unterstützt. Diesmal war die Herausforderung besonders groß, denn Eva Oelze ist privat kein Dominostein-Lover.

www.chocolounge.info

Süß, natürlich, muffig: So schmecken diese sechs Dominosteine

Dominotester

Die Testrunde (v.l.n.r.): Süß-Profi Eva Oelze sowie die Magaziner Lukas Hansen, Maria Dohmen und Claudia Lehnen (nicht im Bild).

Der Süße

Die Lidl-Handelsmarke hat schon bei so manchem Produkt-Test mit ihrem quietschigen, aber soliden Geschmacksdesign für Amüsement gesorgt. Der Dominostein riecht typisch nach dunkler Schokolade und etwas nach Lebkuchen.

Dominosteine

Große Geschmacksunterschiede gab es bei der Industrie-Ware.

Statt Marzipan ist das billigere Persipan drin, das aus Aprikosenkernen gewonnen wird. Das aromatisierte Apfelgelee dominiert den Gesamtgeschmack penetrant süß, der trockene Lebkuchenboden bringt wenig Weihnachten auf die Zunge. Günstiges Produkt mit Industrie-Charme.

Favorina Dominosteine zartbitter, 250 g, 1,19 Euro bei Lidl

Der Geleekönner

Die Füllung unter der spiegelglatten Schokohülle sieht aus, wie mit dem Lineal gezogen: akkurate Schichten mit ebenmäßiger Struktur. Dominosteine polarisieren auch Süß-Enthusiasten: Fans und Hasser bilden große Fraktionen.

Wer für seine Ablehnung einen Beleg braucht, könnte sich an Schulte halten. Der fade Boden und das aromatisierte Persipan bilden keinen sinnhaften Genuss-Bogen, wenn auch das Gelee die Sache auf ein „einigermaßen“ pimpt. Das zeigt, dass sich mehr Augenmerk auf diese Zutat auszahlt.

Schulte Dominosteine, 125 g, ca. 0,99 Euro im Supermarkt

Der Natürliche

Warum ein so annehmliches Produkt in so einer hässlichen Verpackung stecken muss – da hat jemand wirklich Gottvertrauen. Oder Bio-Vertrauen, denn die Zutaten bei Linea stammen aus ökologischer Erzeugung. Der Dominostein duftet weihnachtlich, unter schön dicker und qualitativer Schokoschicht steckt gutes und weitgehend unbehandeltes Marzipan, fruchtiges, weiches Gelee mit ausgeprägter und gefälliger Apfelnote sowie ein zu nachlässig gewürzter Lebkuchenteig. Sehr solide und natürlich.

Linea natura Dominosteine, 125 g, 3,49 Euro im Bio-Supermarkt

Der Muffige

Die offensichtlich auch auf internationale Kundschaft eingestellte Verkäuferin, die zu den Dominosteinen führte, sagte: „Lämbertz ist gut.“ Das war süß. Lambertz bekommt überdies aus Köln-Perspektive ein Regionalerzeuger-Plus. Das war’s dann aber auch schon, denn das Produkt enttäuschte. Obwohl die Haltbarkeit auf Ende April 2017 datiert war, schmeckte die Schichtpralinen alt und muffig. Das Gelee hinterlässt einen klebrigen Eindruck auf der Zunge. Dominostein-Skeptiker fühlen sich bestätigt.

Lambertz Dominos zartbitter, 175 g, 2,89 Euro im Supermarkt

Der Weihnachtliche

In den Schmidt-Saison-Filialen gibt es die Dominos als Bruch-Ware; wer das Ganze in schön haben will, muss bei Schmidt bestellen. Die Mahlzeit-großen Steine sind, genau, zu groß. Aber der ausgezeichnete weihnachtliche Lebkuchengeschmack macht das mehr als wett. Das Apfelgelee bringt mit prägnanter Säure das ganze Süß-Gerüst in Balance. Qualitätsprodukt zu fairem Preis, das den Sinn der traditionellen Zusammensetzung bestens belegt.

Lebkuchen Schmidt Feinste Dominosteine mit Marzipan (Bruch), 500 g, 6,80 Euro z.B. bei Schmidt, Breite Straße 80, Köln Innenstadt

Der Jedermann

Wer nicht mit Supermarkt-Ware zum Wichteln antanzen will, aber auch nicht gleich beim Schoko-Künstler investieren möchte, kommt bei Hussel ordentlich weg. Die Dominosteine sind sauber gemacht, im Grunde aber charakterschwach. Das angenehme Marzipan ist sehr dünn portioniert; das Gelee fest und bringt Konsistenz und Aroma wie gelbe Gummibärchen in die Praline. Andere Mitspieler kommen aromatisch nicht weiter zum Zug.

Hussel Marzipan-Dominosteine, 175 g, 2,99 Euro, bei Hussel Confiserie, z.B. Breite Straße 80 im DuMont-Carré, Köln Innenstadt

Herb, fruchtig, individuell: Sechs weitere Dominosteine im Geschmackstest

Der Herbe

Auch die Würfel des Bio-Produzenten sind überdimensioniert – aber gut, man kann ja teilen. Die dunkle Schokolade sieht aus wie gelackt und macht den ganzen Stein zu einem herben Kakao-Erlebnis. Genau hingeschmeckt findet sich unter der schokoladigen Wucht etwas trockener aber schön würziger Lebkuchenteig, gutes Marzipan und geschmeidiges Apfelgelee mit Quittenton. Ein üppiges Vergnügen für Schokoladen-Enthusiasten und Freunde der gezügelten Süße.

Rosengarten Feinste Dominosteine zartbitter, 140 g, 4,69 Euro im Bio-Supermarkt

Der Fruchtige

Wer eine gewisse Leidenschaft für Dominosteine hegt, wird hier nicht enttäuscht. Besonders wirksam veredelt die Füllung aus Aprikosenkonfitüre und Passionsfruchtmark diese Praline. Die Gewürze im luftigen Lebkuchen aromatisieren deutlich – Kardamom, Ingwer, Orange, Weihnachtsaromen also, bringen sich wohldosiert ein unter dem fruchtigen Geschmacksgeber und saftigem Marzipan. Feine Süßigkeit, mit der man Genießer verblüffen kann.

Fassbender Dominosteine, 100 g, 3,99 Euro z.B. bei Fassbender, Mittelstraße 12, Köln Innenstadt

Der Individuelle

Diese Dominosteine sind deutlich handwerklich, schon allein, weil sie keinen Schokoladen-Boden haben, sondern der Lebkuchen unten abschließt. Die Haltbarkeit datiert auf Ende des Jahres – dieses Produkt ist frisch und will auch genau so gegessen werden. Der Anbiss ist ein geschmeidig-weiches Fest. Viel Schokolade drumrum, innen wenig süßes Johannisbeergelee unter dünner Marzipan-Schicht und auf hervorragendem, kuchigem Lebkuchen. Ein Produkt mit individuellem Geschmackscharakter, der scheint, als wäre er mit Liebe gemacht.

Fromme Dominosteine, 100 g, 4,20 Euro bei Konditorei Fromme, Breite Straße 122, Köln Innenstadt

Der Knackige

Die Dominosteine folgen dem typischen Geschmacksbild. Das Gelee ist recht fest und füllt den Mund mit fruchtiger Süße. Der Lebkuchen bringt nur verhalten Würze ein, die Schokolade ein knackiges Kau-Gerüst. Angenehme, aber nicht aufregende Weihnachtshappen.

Eigel Dominosteine, 100 g, 5,40 Euro bei Café Eigel, Brückenstraße 1, Köln-Innenstadt

Der Unperfekte

Himmel, bei diesem Feuerwerk der süßen Kräfte vermag auch die Zartbitter-Hülle ihr moderierendes Werk kaum zu tun. Immerhin im Abgang zieht die herbe Bremse wohltuend. Und wer ist Schuld an diesem Zucker-Crash? Allein das überzuckrige, kristalline Persipan. Würde das sich zurückhalten – der solide Lebkuchenboden und das angenehm apfelige Gelee taugten durchaus für wohlwollende Worte. Alles zusammen quietscht aber doch zu doll.

Douceur Original Aachener Dominosteine zartbitter, 250 g, 1,19 Euro bei Penny

Der Andere

Die zu recht selbstbewussten Riese-Konditoren machen ihr eigenes Ding, nämlich nicht Domino-, sondern Ananaswürfel. Trotzdem typisch akkurat und adventduftig von außen, innen dünn das Marzipan, und zwischen zwei Schichten exzellentem Lebkuchen das exotisch-fruchtige Ananas-Gelee. Das Ganze fügt sich zu einem moderat süßen Aromenbild mit Tiefgang, das die kulinarische Grundidee aber nicht verleugnet. Seine Herkunft allerdings auch nicht, siehe Preis.

Riese Ananaswürfel, 100 g, 5,95 Euro bei Café Riese, Schildergasse 103, Köln Innenstadt