Vorsicht, hochexplosivPubertät gilt als schwierigste Phase – für Kinder und Eltern
Gerade noch ein süßes Baby, auf einmal ein ziemlich saurer Teenager. Zwischen Wutanfällen und Lethargie, zwischen Rebellion und Depression, zwischen dem Drang, die Welt zu erobern, und dem Bedürfnis, sich einzuigeln: Erwachsenwerden ist hart.
Und mit Pubertierenden unter einem Dach zu leben, erst recht. Aber was ist völlig normal, was alarmierend? Wie spricht man richtig über Sex? Und wann sind Kinder zu alt, um sie noch zu erziehen?
Was tun, wenn die Stimmung schwankt?
„Genau wie Erwachsene haben auch Teenager mal schlechte Laune“, sagt Ulrich Hoffmann aus Hamburg, der sich als Autor vor allem mit Teenagern beschäftigt. Am besten sei es, das Gespräch dann auszusetzen und später weiterzuführen. Die Diplom-Psychologin Elisabeth Raffauf aus Köln rät: „Seien Sie nicht persönlich gekränkt.“ Das sei das Wichtigste und Schwierigste zugleich: sich klarzumachen, dass die schlechte Laune nichts mit den Eltern zu tun hat.
Sind Teenager zu alt, um sie zu bestrafen
„Ich halte nicht viel von Strafen, aber sehr viel von Konsequenzen“, sagt Ulrich Hoffmann. Strafen demonstrieren häufig nur, wer am längeren Hebel sitzt. Doch wenn Teenager sich im Ton vergreifen, müsse man zeigen: „Wir können über alles reden, aber nicht so.“
Wie fördern Eltern Selbstständigkeit?
Jugendliche wollen alles ausprobieren – und zwar alleine. Wie viel Vertrauen sollte man ihnen schenken? Die Experten finden: viel. „Vertrauen ist die Basis für die Entwicklung des Selbstbewusstseins“, sagt Raffauf. Deshalb gilt die Devise: möglichst viel selbst machen lassen und als Back-up zur Verfügung stehen. So kann Vertrauen schrittweise wachsen – auch das in die eigenen Fähigkeiten.
Wo und wie zieht man dennoch Grenzen?
„Erziehung von Teenagern klappt nicht mehr mit dem Wenn-Dann-Hebel“, so Raffauf. Erziehung sei aber auch, seine Position zu vertreten – und zu riskieren, sich damit unbeliebt zu machen. „Strenge ist wichtig, sobald es gefährlich wird“, sagt die Erziehungsberaterin. Generell helfe es, einen Rahmen vorzugeben, statt ständig Einzelentscheidung zu treffen, so Hoffmann: „Wenn klar ist, an Schultagen wird nicht außer Haus übernachtet, erspart das viele Diskussionen.“
Wie und wann spricht man über Sex?
„Viel früher, als die Kinder es wollen!“, meint Hoffmann. Freiwillig fragen würden Jugendliche nur in größter Not. Darum solle man als Eltern auch von eigenen Erfahrungen mit Flirten, Liebe und Sex erzählen.Dem stimmt Inga Fielenbach zu. Sie ist Erziehungswissenschaftlerin und Sexualpädagogin bei pro familia in Marburg und sagt: „Sexuelle Aufklärung sollte kein einmaliges Ereignis, sondern ein Prozess sein.“ Fielenbach erlebt es, dass Teenager oft gar nicht mehr wollen, dass die Eltern mit ihnen über intime Dinge sprechen. Daher sei es sinnvoll, frühzeitig mit den Kindern ins Gespräch zu gehen.
Was sind ernsthafte, was normale Probleme?
Schlechte Laune, Zurückgezogenheit, Trotzausbrüche: All das gehört zur Pubertät. Aber woran erkennen Eltern, ob mehr dahintersteckt? „Eltern sind oft betriebsblind“, erklärt Raffauf. Wer sich unsicher ist, sollte sich mit anderen Eltern austauschen – oder bei einer Erziehungsberatungsstelle nachfragen. Pädagogin Fielenbach rät Eltern, ihre eigene Einschätzung zu hinterfragen und sich nicht mit vorschnellen Erklärungen zufriedenzugeben. „Schlechte Stimmung auf die Pubertät zu schieben und damit zu bagatellisieren, kann den Blick auf die Situation verhindern.“
Autoritätsperson oder bester Kumpel?
Gegenseitigen Respekt wachsen zu lassen: oft ist das ein Balanceakt. Familie sei keine Demokratie, sagt Hoffmann. Eltern sollten sich Argumente anhören und ihre eigenen Standpunkte erklären – aber am Schluss entscheiden sie. Dennoch: Um Respektlosigkeit vorzubeugen, sei es wichtig, Kindern selbst respektvoll zu begegnen, findet Psychologin Raffauf. „Das mit dem Kumpel, das sollten wir aber vergessen.“. Denn bei allem Respekt: Die besten Freunde für Teenager seien nicht Eltern, sondern Teenager. (dpa)