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Unruhe, Unterbesetzung, UnratFreibäder in NRW starten mit vielen Problemen in die Saison

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann springt im Stadionbad mit einem Kopfsprung vom Bock ins Wasser.

Viele NRW-Freibäder müssen in dieser Saison mit einer Reihe von Problemen umgehen.

Warmes und sonniges Wetter einerseits, Schlägereien und mangelndes Personal auf der anderen Seite: Das beschäftigt die Freibäder in NRW.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Reichlich Sonne, keine Corona-Auflagen mehr und viele Feiertage – Badefans in Nordrhein-Westfalen zieht es angesichts des warmen und trockenen Frühsommers schon jetzt ins Freibad. Doch ist die Freude bei Bad-Betreibern in NRW-Städten nicht ungetrübt. Ob fehlende Fachkräfte, Streits zwischen Badegästen oder Müll auf den Liegewiesen – die Probleme sind vielfältig. Was die Bäder-Experten beschäftigt.

Die schwierige Suche nach Fachkräften

Die Stadt Essen braucht für den Betrieb ihrer Freibäder rund 60 Saisonkräfte, wie ein Stadtsprecher mitteilt - zuletzt waren aber nur 42 eingestellt. Das bedeutet wohl oder übel, dass es eingeschränkte Öffnungszeiten gibt. Im Grugabad mussten zuletzt aufgrund kurzfristiger Ausfälle bereits bestimmte Becken tageweise geschlossen werden.

Die Essener Probleme sind auch im Rheinland bekannt. Die Bäder in Köln etwa rekrutieren neues Personal mithilfe einer Art „Speed-Dating“. „Sportliche Menschen, die noch nicht die benötigten Scheine haben, werden eingeladen, vorbeizukommen und vorzuschwimmen“, erklärt eine Sprecherin der dpa. Wer geeignet ist, darf mehrere Wochen lang kostenlos in einem Bad der Wahl trainieren, um am Ende die Rettungsschwimmerprüfung in Silber abzulegen. So sei man den Bädern zufolge auf die nötige Zahl von Saisonkräften gekommen.

Saisonkräftemangel seit Corona-Zeit

Solche Saisonkräfte sind nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) neben den festen Fachkräften gleichermaßen schwer verfügbar. „Gerade bei den Aushilfen handelt es sich immer noch um eine Folge aus der Corona-Zeit. Als die Bäder geschlossen waren, haben sich viele einen krisenfesten Nebenjob gesucht und sind dort geblieben“, sagt Sprecherin Ann-Christin von Kieter.

Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister (BDS) werden rund 160 Menschen in NRW gerade zum Schwimmmeister ausgebildet. Das sei für den Bedarf deutlich zu wenig. Mindestens 3000 Schwimmmeister und ebenso viele Saisonkräfte fehlten bundesweit.

Tatort Freibad: Schwimmmeister sind alarmiert

Auch die Sicherheit in Bädern beschäftigt den Berufsstand: In NRW gab es 2022 etwa im Duisburger Allwetterbad Walsum vermehrt Polizeieinsätze. Am Rande des Hagener Westfalenbades kam es zu einer Schlägerei unter Jugendlichen. Eine Streitigkeit beim Grugabad stand möglicherweise im Zusammenhang mit einer Clan-Schlägerei im August 2022.

Bäder-Fachkräfte reagieren alarmiert: „Die Wertschätzung uns gegenüber nimmt ab, der Respekt ist einfach nicht mehr so wie früher“, sagt Peter Harzheim, Präsident des BDS. Stattdessen müssten die Aufseher sich immer häufiger auch um Handgreiflichkeiten kümmern.

Aus der polizeilichen Kriminalstatistik für NRW geht hervor, dass in Freibädern 2022 insgesamt 848 Straftaten verübt wurden. Nur 27 davon wurden allerdings als Fälle von Gewaltkriminalität eingestuft. Im Vergleichsjahr 2019 war die Zahl mit 963 Straftaten in Freibädern noch höher, darunter waren 38 Gewalttaten.

„Freibäder sind grundsätzlich sichere Orte“, sagt DGfdB-Sprecherin von Kieter. An den meisten Betriebstagen sei es in der Mehrheit der Bäder ruhig. „Aber natürlich gibt es starke regionale Unterschiede“, sagt von Kieter.

Müllprobleme und Wege gegen die Kippenflut

Viele Bäder in NRW haben auch Probleme mit Müll wie achtlos weggeworfenen Kippen. Die Verschmutzungen hätten zugenommen, findet auch der BDS. Badegäste müssten hier mehr sensibilisiert werden.

Ein Freibad in der Gemeinde Westerkappeln im Kreis Steinfurt geht in dieser Saison systematisch gegen weggeworfene Zigaretten vor. Am Eingang werden an Raucher verschließbare Blech-Aschenbecher verteilt, die diese kostenlos in der Tasche mitnehmen können. „Die Idee kam von unserem Schwimmmeister, weil er jeden Abend die Kippen aufsammeln musste“, berichtet Bürgermeisterin Annette Große-Heitmeyer. Das Projekt sei bisher auf Zustimmung rauchender Badbesucher gestoßen.

Sicherer Badespaß – aber wie?

Nicht nur im Essener Grugabad, sondern in vielen größeren Bädern sind Sicherheitskräfte von externen Firmen mittlerweile Standard. Laut einem Sprecher der Stadt Essen werden in allen Freibädern der Stadt Mitarbeiter der Sicherheitsdienste zur Hilfe geholt, je nach Andrang sind es etwa im Grugabad bis zu zehn Kräfte. Sollten Gäste wiederholt gegen die Hausordnung verstoßen, werde die Polizei dazu gerufen.

2019 ermittelte der WDR, dass unter 200 NRW-Freibädern gut ein Drittel Sicherheitskräfte einsetzte. Laut Harzheim vom BDS können diese auch am Eingang „schon ein bisschen sortieren“. Dazu wünscht er sich verstärkte Kontrollen der Polizei: „Wenn die ab und zu mal vorbeischauen, macht das schon was aus“, sagt er.

Fehlendes Personal: Ausbildungsplätze sollen gegen Mangel helfen

Mehr Rückendeckung würde sich Peter Harzheim hier von den Kommunen erhoffen, zunächst einmal bei der Finanzierung der Betriebe, denn bis jetzt gelten Bäder als „freiwillige Aufgaben“. „Hier wird als erstes gespart“, kritisiert Harzheim. Aber auch bei der Schaffung von Arbeitsplätzen: „Jedes Bad sollte zumindest einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen“, findet er. Denn auch die gebe es zu wenig.

Neben einer besseren tariflichen Bezahlung fordert er, die positiven Seiten des Berufs zu betonen, um neue Auszubildende anzulocken. Man arbeite eng mit Menschen zusammen und erlange technisches Verständnis über Wasseraufbereitung und den Anlagenbetrieb. Von den Betreibern wünscht sich Harzheim, dass diese fehlende Stellen nicht mit mangelhaft ausgebildetem Personal besetzten. Zur Not müssten die Öffnungszeiten eingeschränkt werden, fordert er. „Die Sicherheit der Gäste steht über allem.“