Luis Dias hat mit der „Weinbar“ sein zweites Restaurant eröffnet. Unser Restaurantkritiker Carsten Henn hat sich durchs Menü probiert.
Carsten Henns Restaurant-KritikLuis Dias „Weinbar“ bietet Kölns feinste Paella
Luis Dias, den „kölschen Portugiesen“, kenne ich schon seit vielen Jahren und hätte nicht gedacht, dass er mich noch überraschen kann. Aber genau das hat er zusammen mit seinem Küchenchef Cyril Becker geschafft. „Weinbar“ nennt sich Dias zweites Restaurant, aber der Name ist Understatement. Natürlich kann man hier auch nur ein Glas Wein oder einen der hervorragend gemixten Cocktails trinken und sich ein paar Oliven dazu bestellen, aber dann würde man echt was verpassen. Vor allem donnerstags, denn dann gibt es hier großartige Paella.
Traditionell ist sie nicht – denn die großen Stücke Fisch und Krustentiere werden separat gegart, weshalb sie auch auf den Punkt sind – dafür ist sie fein. Hart am Salz sind Wildlachs und Steinbutt, dazu Loup de Mer und Hummer, alles von richtig guter Qualität, bei der man merkt, dass alles, was aus dem Meer kommt, für den gebürtigen Portugiesen eine Herzensangelegenheit ist. Auch der würzige Reis mit genau dem richtigen Maß an Körnigkeit überzeugt. Aber diese herausragende Paella war es nicht, die mich überraschte, das haben andere Gerichte bewerkstelligt, weil sie viel moderner und kreativer sind, als man es von Luis Dias gewohnt ist, der immer eher kulinarischer Traditionalist war.
Die Textur spielt eine große Rolle
Dabei bleiben die Kombinationen der Zutaten klassisch, aber die Zubereitung einzelner Elemente fällt durchaus mal ungewöhnlich aus. Der Iberico Schweinebauch wird stundenlang Sous-vide gegart und dann angebraten, wodurch er innen butterweich gerät. Die kleinen Kartoffeln dazu sind hauchdünn von Tonerde umschlossen, was ihnen feinen Crunch verleiht, für den auch knusprige Scheiben Chorizo sorgen, und ein bisschen Popcorn gibt es auch noch dazu. Ein vegetarischer Gang verbindet cremige Polenta mit Pilzen und „Erde“, die aus getrocknetem Gemüse und Pumpernickel besteht – ein schlotziges Gesamterlebnis. Man merkt, wie viele Gedanken sich um Texturen gemacht wurden, ohne dass die Endergebnisse verkopft wirken.
Ganz klassisch hingegen ist die Pasta –angenehm im Biss – mit schwarzen Trüffeln. Viel findet sich von letzteren obenauf gehobelt, cremig und heiß ist das Gesamterlebnis. Serviert wird all das in schönen Tellern und Schüsseln, die sich ins geschmackvolle Gesamtbild einfügen. Das ehemalige Ecklokal „Höhns“ ist mitsamt Biergarten kaum wiederzuerkennen. Türkisblau sind die Wände nun gestrichen – genau wie das Haus seiner Großmutter, erzählt Dias – und großformatige Bilder sowie Palmen finden sich hier. Der Effekt ist enorm: draußen die viel befahrene Bonner Straße und eine große Baustelle, drinnen eine andere Welt: stylish und modern, aber trotzdem nicht kühl.
Bei einem gerade erst eröffneten Restaurant ist klar, dass noch nicht alles ganz rund läuft. Das zu Beginn gereichte Brot ist etwas zu weich, und das Dessert mit Brombeeren, Shiso, Amaranth und belgischer Schokolade ist optisch zwar gelungen, geht aber geschmacklich nicht ganz auf. Das kann jedoch nichts daran ändern, dass Luis Dias hier einen Hit gelandet hat.
Fazit: Wein, Cocktails und moderne mediterrane Küche mit kreativem Fine-Dining-Touch in clubbigem Ambiente. Bewertung: 5 von 6 Punkte
Weinbar, Bonner Str. 381, 50968 Köln-Marienburg, Tel. 0221 70 24 95 72, Di-Sa 18-22 Uhr, luis-dias.com/weinbar-koeln
Henns Auswahl:
- Iberico Schweinebauch / Chorizo 15,50 €
- Paella mit Fisch 25 € (nur donnerstags)
- Pilze / Mais 17 €
- Pasta mit schwarzen Trüffeln 26 €
- Brombeere / Shiso / Amaranth / Schokolade 10,50 €