Henns RestaurantkritikWas der „Lokschuppen“ ohne Sterneköchin Julia Komp jetzt bietet
Köln – Achtung, dieses Restaurant ist eine optische Täuschung! Vom beeindruckend großen Pfauenbild an der Bar-Wand, über die Spiegel, die Tischdeko bis zum Besteck ist das Interieur von Julia Komp und ihrem Team ersonnen, die hier ein Fine-Dining-Konzept präsentiert haben, das sich als kulinarische Weltreise verstand. Dass dies unter der neuen Leitung nicht mehr so ist, merkt man, sobald sich die Eingangstür öffnet und einem Frittiergeruch entgegenkommt. Auch die Musik ist anders, deutlich lauter aufgedreht.
Die Menükarte bietet das, was man deutschlandweit in ganz leicht ambitionierten Wirtshäusern findet: Klassiker wie Backfisch, Tafelspitz, Rinderfilet oder geschmorte Ochsenbacke, neben etwas neueren Klassikern wie Ziegenkäse im Brickteig, und sehr wenig Ungewöhnlichem wie einem Falafel-Teller. Insgesamt ein gutes Dutzend Gerichte, darunter Brot & Butter, für die man hier zahlen muss, und noch dazu stolze 4,50 Euro.
Leckere Hot Corn Maiskolben im Lokschuppen
Eine erfreuliche Überraschung sind die Hot Corn Maiskolben, mit zweierlei Dips (Limette und Geräucherte Paprika). Stark gewürzt, handlich geschnitten, angenehm heiß und auch optisch ansprechend. Ein schöner Beginn. Der Ziegenkäse in Brickteig gelingt außen knusprig und innen leicht cremig, dazu gibt es eine Art Mister-Tom-Brösel, allerdings mit Walnuss, und einen Wildkräutersalat, dem es allerdings – wie in vielen Restaurants – an Wildkräutern mangelt.
Bei den Hauptspeisen ist das Schnitzel „Wiener Art“ angemessen dünn geklopft und die Panierung gut souffliert, der Kartoffel-Gurken-Salat wird entgegen der Tradition leider kalt serviert. Der Spanferkelrücken ist knusprig, das Fleisch saftig. Dem dazu gereichten Spinatknödel mangelt es an Lockerheit, aber die gut abgeschmeckte Malzbierjus gleicht das aus, und auch der Spitzkohl kann mit angenehmem Biss gefallen.
Lokschuppen ist solide Adresse in Sachen kulinarischer Mainstream
Die Nachspeisen wirken dann arg beliebig. Die Crème brûlée gelingt zwar fluffig und die Karamellschicht ist dünn und knusprig, aber bei der natürlichen Vanille-Note existiert Nachholbedarf. Der Weiße-Schokolade-Kuchen bleibt nicht nur optisch etwas blass. Aber: Schlecht gekocht ist das alles nicht. Nur insgesamt „Nothing to write home about“, wie der Engländer sagt. Aber als Nachbarschaftsrestaurant eine solide Adresse in Sachen kulinarischer Mainstream – eben in besonderem Ambiente.
Auf der Weinkarte werden nur zwei Weine mit Gütern genannt, die anderen drei ohne. Für weitere Tropfen muss man das Personal fragen. Dafür gibt es einige Longdrinks – sämtlich für 9 Euro. Der Service ist bemüht, wirkt aber noch nicht wirklich eingespielt und souverän. Das zum Betrieb gehörende Bistro bietet jetzt vor allem verschiedene Flammkuchen.
Fazit: Solide Mainstream-Küche in tollem Ambiente – Drei von sechs Sternen
Hafenstraße 7, 51063 Köln, Tel.: 0221-9670039Restaurant Mi-So 17.30-22 Uhr ,Bistro Mi-So 15-22 Uhrwww.lindgens-gastronomie.de
Das haben wir im Kölner Lokschuppen probiert:
Hot Corn Maiskolben//9,50 €
Ziegenkäse im Brickteig mit Wildkräutersalat // 12 €
Schnitzel „Wiener Art“//17,50 €
Spanferkelrücken //24,80 €