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Handgemachte Box aus KölnProjekt „Herbarium“ soll inspirieren, auf die Suche nach essbaren Pflanzen zu gehen

Lesezeit 3 Minuten
Pflanzenbegeistert: Tobias Becker (v.l.), Jan Maier, Johannes J. Arens und Fotografin Jennifer Braun.

Pflanzenbegeistert: Tobias Becker (v.l.), Jan Maier, Johannes J. Arens und Fotografin Jennifer Braun.

Neben den Sterneköchen Jan Maier und Tobias Becker aus dem „maiBeck“ besteht das „Herbarium“-Team aus Autor Johannes J. Arens und Fotografin Jennifer Braun.

Manchmal reicht ein Blick nach oben, manchmal einer nach unten. Wer mit offenen Augen unterwegs ist, der kann selbst auf der hundertfach absolvierten Park-Route und an jeder Ecke essbare Pflanzen entdecken – auch mitten in der Stadt. „Das ist der schönste Moment“, findet Jan Maier, Küchenchef und Inhaber des Sternerestaurants „maiBeck“. „Wenn du beispielsweise im Blücherpark eine Oregano-Pflanze siehst, und auf einmal entdeckst du, dass der ganze Park voller wildem Oregano ist.“

Seine Begeisterung für essbare Pflanzen teilt der Sternekoch mit seinem „maiBeck“-Partner Tobias Becker, ebenfalls Küchenchef und Inhaber, und mit Johannes J. Arens, Gastro-Journalist und Autor. Gemeinsam mit Fotografin Jennifer Braun wollen sie ihre Liebe zu den vielfältigen Gewächsen nun teilen. Entstanden ist das Projekt „Herbarium“. Kein Kochbuch, kein Fotobuch, kein Sachbuch, sondern eine handgefertigte Box mit viel Liebe zum Detail, die vor allem inspirieren und dazu anregen soll, selbst auf die Suche zu gehen.

Sternekoch Tobias Becker bei einer Sammelaktion.

Sternekoch Tobias Becker bei einer Sammelaktion.

Das „Herbarium“ greift ganz offensichtlich einen Trend auf. Denn schaut man in den Buchläden der Stadt in den Kochbuchbereich, stellt man fest: Wildsammeln ist gerade ziemlich in. „Das ist in gewisser Weise so eine postpandemische Sinnstiftungssuche“, findet Arens. „Das Thema gibt es natürlich schon immer, aber es kommt in Wellen immer wieder mal größer auf.“

Arens selbst beschäftigt sich schon lange mit essbaren Pflanzen, sein Grundwissen hat er von seiner Mutter und seiner Großmutter. „Meine Großeltern waren früher darauf angewiesen, Sachen zu sammeln, um über die Runden zu kommen.“ Und auch die beiden Sterneköche aus dem „maiBeck“ gehen seit Jahren im Grünen auf die Suche nach Wildpflanzen, die sie in der Küche einsetzen: Mal als Hauptdarsteller, beispielsweise im Sauerampfer-Eis, mal als letztes, vollendendes Detail für Auge und Gaumen, wie die Taubnessel auf dem Gang mit Gelbschwanzmakrele. „Uns begleitet das Thema jeden Tag“, sagt Maier. „Aber wenn wir davon erzählen, finden das viele immer total spannend.“

„Herbarium“: Faltblatt, Rezeptkärtchen, Plakat, Essay

19 heimische Arten stehen im Fokus der Box, vom Bärlauch bis zum Weißklee, von der Brennnessel bis zur Walnuss. Fotografin Braun hat allen Pflanzen in ihrem Studio in Poll eine schlichte Bühne gebaut und sie eindrucksvoll in Szene gesetzt. „Wenn die Pflanzen vor der Kamera isoliert und inszeniert werden, wird ihre Schönheit und Komplexität wirklich sichtbar“, sagt Braun.

Ein Faltblatt dient als Begleiter für die Expedition ins Grüne. Dort ist etwa vermerkt, dass sich hinter dem Gewöhnlichen Dost das verbirgt, was die meisten als Oregano kennen, dass das Wohlriechende Veilchen gerne im Gebüsch oder an Waldrändern wächst, oder wie Bärlauch von den giftigen Maiglöckchen unterschieden werden kann (es ist der Geruch).

Jan Maier bei einer Sammelaktion im Grünen.

Jan Maier bei einer Sammelaktion im Grünen.

Auf den 23 Rezeptkärtchen dreht sich dann alles um die Möglichkeiten in der Küche. Anstatt Milliliter-genaue Anleitungen zu liefern, geht es dem „Herbarium“-Team darum, zu inspirieren und mögliche Kombinationen mit anderen Lebensmitteln aufzuzeigen. „Inspiration ist das Schönste am Kochen und macht viel mehr Spaß als einfach nachzukochen“, sagt Jan Maier. Ein Plakat dokumentiert die Sammelaktionen der drei Pflanzen-Experten in Foto-Form. Auf der Rückseite dient eine Karte als grober Anhaltspunkt für mögliche Fundorte: Schwarzer Holunder und Schnittlauch auf den Poller Wiesen oder die Walnuss im Blücherpark.

Der Holunder, in Szene gesetzt von Jennifer Braun.

Der Holunder, in Szene gesetzt von Jennifer Braun.

Zum wirklichen Herbarium, das viele noch aus der Schule kennen, wird die Box durch eine beigelegte Pflanze. Arens hat dafür in liebevoller Kleinstarbeit 500 Pflanzen mit Blüte und Blättern gepresst. Der Autor und Journalist ist auch für den beiliegenden 34-seitigen Essay verantwortlich, der der Frage auf den Grund geht, warum Erwachsene in einen Rausch geraten können, wenn sie in der Natur Beeren sammeln.

Das „Herbarium“ ist verfügbar in einer limitierten Auflage von 500 Stück und ist im Webshop, im „maiBeck“ oder im „Otto“, dem Geschwister-Restaurant der beiden „maiBeck“-Inhaber, für 95 Euro erhältlich.