Pilotprojekt für männliche GewaltopferWenn Frauen Männer schlagen

Nicht so selten, wie man denkt: Gewalt von Frauen gegen Männer nimmt bundesweit zu. (Foto: dpa)
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Stuttgart – Frauen, die ihre Männer schlagen - das ist häufig ein Tabuthema. Mit einem Pilotprojekt will die Stadt Stuttgart nun aber Männer gegen Frauengewalt schützen und bundesweit das Tabu aufbrechen. Bei der Initiative "Gewaltschutz für Männer" erhalten Männer Hilfe und Beratung, die von ihren Partnerinnen bedroht oder geschlagen werden. Auch drei Schutzwohnungen sollen für Männer eingerichtet werden, kündigte Projektleiterin Ursula Matschke von der Stabsstelle für Chancengleichheit gestern an.
Bundesweit gebe es bisher nur wenig Anlaufstellen für geschlagene Männer, hieß es. Zudem würden diese meist ehrenamtlich betreut. Stuttgart plane ein Angebot mit einem festen Beratungsteam. Die Stuttgarter Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt (STOP) hat 400 000 Euro pro Jahr zur Verfügung. An ein Männerhaus, wie es das niedersächsische Oldenburg hat, sei nicht gedacht. Auch weil sich Männer dort aus Scham nicht hinbegäben, ist Matschke überzeugt.
Drei Männerhäusern bundesweit stünden 435 Frauenhäuser gegenüber, hieß es. Männliche Opfer und weibliche Täter passten nach wie vor nicht in die vorherrschenden Rollenbilder, sagte Matschke. Dem Stuttgarter Projekt gehe es aber nur um Enttabuisierung und nicht darum, Gewalt gegen Frauen zu verharmlosen, betonte Markus Beck, Leiter der städtischen Gewaltprävention. Nach wie vor seien die weiblichen Opfer weit in der Überzahl: Nur in zehn bis 20 Prozent der gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt müsse die Polizei zu Hilfe eilen. Viele Fälle würden gar nicht gemeldet, so Matschke, da es den Männern peinlich sei, von ihrer Frau geschlagen zu werden.
Frauen schlagen mit Gegenständen zu
Eine Täterinnenberatung hat Stuttgart schon seit einigen Jahren. Typisch sei, dass die Frauen meist mit einem Gegenstand zuschlägen, so Jürgen Waldmann von der Sozialberatung Stuttgart.
Recht hoch dürften laut Waldmann auch die Fälle der psychischen Gewalt sein, von der eifersüchtigen Kontrolle bis zur Drohung mit Kindesentzug. Drohende Kindesentziehung ist laut Matschke der Hauptgrund dafür, dass Männer Frauengewalt ertragen: "Es ist nach wie vor selten, dass der Mann die Kinder zugesprochen bekommt."
Ein typisches Opfer ist Kai H., Mitte 40, zwei Kinder. Über Jahre wird er von seiner Frau bedroht, aus Eifersucht gestalkt. Sie schlägt ihn, droht sich umzubringen. Aus Angst um die Kinder bleibt er dennoch bei ihr, erträgt sie. Schließlich packt er doch die Sachen. "Seine Ex schoss sich aber dann auf seine Freundin ein", berichtete Berater Jürgen Waldmann, der den Mann mehrfach beriet.
Auch Frank R. ist Mitte 40. Auch bei ihm waren es die zwei Kinder, die ihn bei seiner Frau hielten. Seine Frau schlug ihn - mit Gegenständen. Frank R. ist als Kind von seinem Vater geschlagen worden. Er wollte es anders hinbekommen, will sich nicht mit Schlägen wehren, berichtet Waldmann. Im Internet hat Frank R. schließlich zur Männerberatung gefunden.