MilchproduktionDer weite Weg vom Euter in die Flasche

Für den chinesischen Markt bestimmte Milchpackungen laufen bei Arla in Pronsfeld (Rheinland-Pfalz) durch eine Abfüllanlage.
Copyright: dpa Lizenz
Kuh melken, Milch trinken - so sieht die ursprünglichste Form des Kuhmilch-Trinkens aus. Die moderne Form ist um einiges komplizierter: Rund 4,2 Millionen Milchkühe in etwa 9600 Betrieben deutschlandweit werden von Maschinen gemolken. Ihre Milch wird zu einer Molkerei transportiert, die wiederum viele verschiedene Firmen damit beliefert. Jedes Unternehmen druckt anschließend sein eigenes Etikett auf die Packung. Welche Milch woher kommt und unter welchen Umständen produziert wurde, ist für den Verbraucher am Ende kaum nachvollziehbar.
Obwohl 29 Milliarden Liter Milch jährlich in Deutschland produziert werden, gibt es wenige Molkereien, kleine Betriebe haben es im System der Superlative schwer. Von 2000 bis 2012 ist die Zahl der Molkereien in Deutschland von 336 auf 163 zurückgegangen. Wer Bio-Milch kauft, hofft, dass die Kühe artgerecht gehalten werden - wissen tut er es aber nicht. Auch im Bio-Sektor gibt es Unterschiede, angefangen beim Preis: Der Verbraucher hat die Wahl zwischen der Bio-Milch vom Discounter für 95 Cent und der aus dem Bioladen für rund 50 Cent mehr.
Wir haben uns auf Spurensuche begeben und versucht nachzuvollziehen, wo die Unterschiede zwischen herkömmlicher Milch und Milch aus dem Bioladen beziehungsweise vom Discounter sind und woher die Milch tatsächlich kommt. Dafür ist in manchen Fällen tatsächlich eine Spurensuche nötig, denn auf der Packung steht nicht unbedingt, woher die Milch stammt. Beginnen wir mit der Söbekke-Milch in der Mehrweg-Flasche für 1,39 Euro aus dem Bioladen mit dem Siegel des Öko-Anbauverbandes Demeter, das nicht an Supermarktprodukte vergeben wird. Auf der Milchflasche ist die Söbbeke-Molkerei selbst als Hersteller angegeben. Auf deren Homepage werden die Milchhöfe aufgelistet, die Söbbeke beliefern. Von welchem Hof genau die Milch stammt, lässt sich zwar nicht nachvollziehen. Aber anhand des jeweiligen Siegels, das die Milchflasche trägt (Demeter, Bioland oder Naturland, siehe Kasten), lässt sich die Auswahl zumindest einschränken.
Zulassungsnummer hilft weiter
Die Packung Rewe-Bio-Milch für 1,09 Euro trägt zusätzlich zum EG-Biosiegel auch das Naturland-Siegel. Rewe ist als Hersteller angegeben, die Molkerei fehlt. Was in diesem Fall weiterhilft, ist die Zulassungsnummer auf der Packung, in diesem Fall ist es die DE-BY-117 EG. DE bedeutet, dass die Milch aus Deutschland stammt, BY steht für das Bundesland Bayern, EG heißt, dass es sich um einen Betrieb der Europäischen Gemeinschaft handelt. Gibt man die Nummer auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz oder in der App "Foodtracker" fürs Smartphone ein, erfährt man, dass die Milch von der Andechser Molkerei stammt. Auf der Andechser-Homepage steht nicht, dass das Unternehmen auch Rewe beliefert. Der Verbraucher hat jedoch die Möglichkeit zu ermitteln, woher seine Milch stammt.
Wir wählen unser Produkt, "fettarme Bio-Milch", geben das Mindesthaltbarkeitsdatum an - und erhalten folgende Antwort: "Für das von Ihnen ausgewählte Andechser Natur Produkt wurde auch die wertvolle Bio-Milch vom Hof der Familie Maul verwendet" - ein Hof mit 55 Kühen im Allgäu. Woher der Rest der in der Packung erhaltenen Milch stammt, erfahren wir nicht. Das nächste Produkt: Eine Packung Aldi-Biomilch für 95 Cent, sie trägt nur das EG-Bio-Siegel. Die Hansa-Milch AG/Arla steht als Milchlieferant auf der Packung. Sie hat mehrere Abfüllorte, etwa in Mecklenburg-Vorpommern und in der Eifel. Unsere Milch wurde zwar in Köln gekauft, stammt aber aus Mecklenburg-Vorpommern, wie wir mit der Zulassungsnummer herausfinden. Im Gegensatz zur Andechser Molkerei ist die Hansa AG kein reiner Biobetrieb, sondern produziert vor allem konventionelle Milchprodukte. Die Bio-Milch für Aldi stamme von Bio-Höfen aus der Gegend um den Standort Upahl in Mecklenburg-Vorpommern, bestätigt man bei Arla. Welche Firmen außer Aldi er noch mit der Milch beliefert, will der Konzern nicht offenlegen.
Als Hersteller der herkömmlichen Aldi-Milch mit dem Namen "Milfina" ist auf der Packung die MBP GmbH in Heilbronn angegeben. Überprüft man die Zulassungsnummer, erfährt man, dass die Milch aus der Molkerei Campina in Köln stammt, die etwa auch Landliebe und Tuffi produziert.
Bis zum Hof zurückverfolgen lässt sich außer der Andechser- beziehungsweise Rewe-Milch - und auch hier nur mit Einschränkungen - also keine wirklich. Aber wie unterscheiden sich Milch aus konventioneller Landwirtschaft, Bio-Milch vom Discounter und Milch aus dem Bioladen in puncto Tierhaltung?
"Es gibt Unterschiede zwischen Biomilch und herkömmlicher Milch, allerdings weniger in der Haltung als in der Fütterung", sagt Thomas Richter von der staatlichen Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen, Experte für Tierhaltung und Tierschutz.