Kraut gegen KummerDiese sieben Pflanzen helfen bei psychischen Problemen
Ängste, Schlaflosigkeit, Depressionen: Die Deutschen haben immer mehr mit psychischen Problemen zu kämpfen. In den vergangenen zehn Jahren stieg laut einer AOK-Erhebung die Zahl der Krankschreibungen aufgrund psychischer Beeinträchtigungen um knapp 50 Prozent. In der Therapie kommen neben psychotherapeutischen Maßnahmen vor allem Medikamente mit vielen Nebenwirkungen zum Einsatz. Dabei zeigt ein Blick in die Pflanzenheilkunde, dass auch dort Potenziale für die Therapie zu bergen sind; und viele von ihnen haben neben einer langen volksheilkundlichen Geschichte auch wissenschaftliche Belege für ihre Wirksamkeit zu bieten.
Wir stellen die Top sieben der psychoaktiven Heilpflanzen vor.
Passionsblume
In einer Studie der Universität Duisburg-Essen zeigte sich die Passionsblume als wirksame Hilfe bei ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung). Verantwortlich dafür sind ihre Flavonoide Apigenin und Luteolin. Für den Teeaufguss nimmt man zehn Gramm des getrockneten Krauts, die mit 250 ml Wasser zusammen ohne Topfdeckel gekocht werden, bis der Wasserspiegel deutlich abgesunken ist. Das Ganze abseihen und abkühlen lassen.
Helmkraut
Das aus Nordamerika stammende Helmkraut enthält Scutellarin, für das beruhigende und krampflösende Effekte gefunden wurden. In einer Studie der englischen University of Westminster zeigte sich Helmkraut als wirkungsvoller Angstlöser, wobei die Autoren besonders würdigten, dass es zu keiner Apathie, keiner Interesselosigkeit und keinen Konzentrationsschwächen kam, wie sie oft bei angstlösenden Medikamenten zu beobachten ist. Mitunter wird auch berichtet, dass es für eine ähnlich tiefe Entspannung sorgt wie Cannabis, ohne allerdings dessen Nebenwirkungen zu haben. Die Anwendung erfolgt als Tee: Einen Teelöffel des Krauts mit einer Tasse kochendem Wasser überbrühen und ziehen lassen.
Rosmarin
Rosmarin wurde schon im Altertum zur Verbesserung des Gedächtnisses eingesetzt, und noch heute verbrennen griechische Studenten vor einer Prüfung Rosmarinzweige in ihrem Zimmer, um besser „büffeln“ zu können. Die Terpene der Pflanze zeigten im Labor, dass sie einen Schutz für die Hirnnervenzellen aufbauen; Ratten zeigten bei Einnahme von Rosmarin-Extrakt deutlich besser Ergebnisse in Lern- und Gedächtnistests.
Füllen Sie 50 g getrockneten Rosmarin in ein Leinensäckchen oder eine dementsprechend große Teesiebkugel, die dann in die Badewanne gelegt werden. Schließlich das heiße Badewasser einlaufen lassen und etwa 15 Minuten darin baden.
Johanniskraut
Als Angst- und Depressionshemmer ist Johanniskraut durch zahlreiche Studien belegt. Es steigert die Konzentration von drei Hirnbotenstoffen, nämlich von Gamma-Aminobuttersäure (GABA), Dopamin und L-Glutamat, was in dieser Form kein anderes Antidepressivum vermag. Laut einer Studie der Universität Kiel hilft es außerdem bei Spannungskopfschmerzen.
Zur Anwendung eignen sich sowohl die zahlreichen Präparate als auch der Press-Saft und das Öl (wegen seiner Farbe oft als „Rotöl“ bezeichnet). Der Teeaufguss scheint hingegen weniger ergiebig zu sein, insofern in ihm der mutmaßliche Hauptwirkstoff Hyperforin kaum noch nachweisbar ist.
Kava-Kava
Die angstlösenden Eigenschaften von Kava-Kava sind mittlerweile klinisch solide belegt. Demzufolge besitzt die Pflanze ähnliche Wirkungen wie die als Angsthemmer hinlänglich bekannten Benzodiazepine, ohne deren Nebenwirkungen. In Einzelfallstudien wird Kava-Kava sogar als Mittel gegen Sozialphobie beschrieben, die sonst als typischer Fall für einen Psychotherapeuten gesehen wird.
Die Anwendung: 15 Gramm der entrindeten, zerkleinerten Wurzeln werden gekaut, bis sich eine zähe Masse bildet. Die spuckt man dann in ein Glas mit Wasser. Mindestens 20 Minuten ziehen lassen, dann abseihen und trinken. Einfacher in der Handhabung sind natürlich die Extrakte, sie sind allerdings rezeptpflichtig.
Baldrian
Baldrian eilt der Ruf eines bloßen Schlafmittels voraus. Tatsächlich funktioniert es als Einschlafmittel ebenso wie als Wake-up für den Morgen, vor längeren Prüfungen eingenommen, verhilft es zu einer ausgewogenen Entspannungs- und Konzentrationslage. Der Grund: Die Valepotriate der Pflanze wirken auf den Hirnbotenstoff GABA (Gamma-Amino-Buttersäure). Neuere Studien belegen allerdings auch, dass die Schlaf unterstützenden Effekte erst nach längerem Gebrauch von etwa zwei bis vier Wochen eintreten.
In dieser Verzögerungstaktik liegt jedoch ein großer Vorteil, denn gerade die Akuteffekte von herkömmlichen Schlafmitteln sind es, die zur Abhängigkeit führen können.
Die Anwendung kann als Vollbad erfolgen oder als Tee: Ein Esslöffel der getrockneten, zerkleinerten Wurzeln mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen und zehn Minuten zugedeckt ziehen lassen.
Lavendel
Studien einer Forschungsgruppe der Universitäten Wien, Innsbruck und München belegen beruhigende Effekte des ätherischen Lavendelöls sowie seinen Hauptinhaltsstoffen Linalylacetat und Linalool. Demzufolge reicht es bereits aus, die ausströmenden Düfte des Öls nur einzuatmen oder das Öl in einer dünnen Schicht auf der Haut zu verreiben, um sich entspannt und ruhig zu fühlen. Interessant am Lavendeleffekt ist, dass die Entspannung relativ schnell einsetzt – und dass sie zu einer Verbesserung der Aufmerksamkeit, also nicht zur Schläfrigkeit führt.
Die Anwendung kann in Form äußerlich aufgetragener Lavendelöle erfolgen, da die Hauptwirkstoffe sehr gut über Haut und Atmung aufgenommen werden. So kann man sich etwa einige Tropfen davon oberhalb der Schläfen einmassieren.
Buchtipp: Jörg Zittlau: „Naturmedizin für die Seele“. Ängste, Depressionen, Schlafstörungen und vieles mehr: Mit Kräutern heilen und vorbeugen“, 240 Seiten, Heyne-Verlag, 9,99 Euro