Kölner CoachSo hilft die Zauberkäfer-Methode Kindern beim Einschlafen

Für das Zubettgeh-Ritual sollten sich Eltern Zeit nehmen, Die Ruhe der Eltern überträgt sich auch auf das Kind.
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Köln – Der Kölner Coach und Mentaltrainer Martin Sutoris hat eine Technik entwickelt,mit der Eltern ihre Kinder abends schneller zur Ruhe bringen können. Christina Rinkl sprach mit ihm über den „Zauberkäfer“ und ein entspannteres abendliches Einschlaf-Ritual.
Herr Sutoris, die Zeitumstellung bringt viele Eltern und Kinder vor allem beim Thema Einschlafen durcheinander. Was sind Ihre drei besten Einschlaftipps für Kinder?
Jeder Mensch braucht unterschiedliche Rituale – diese sind abhängig von vielen Faktoren wie der Tagesform, den Geschehnissen des Tages, von Stimmungen, den Jahreszeiten und vielem mehr. Aus meiner Erfahrung ist für Kinder vor allem das Austoben vor dem Schlafengehen wichtig. Nach dem Abendessen tut es vielen Kindern gut, noch mal richtig Gas zu geben oder auch gemeinsam mit den Eltern Quatsch zu machen.
Zur Person
Martin Sutoris ist zweifacher Familienvater, Referent, Trainer für Mentaltraining, NLP und Kommunikation. Er lebt und arbeitet in Köln
Buchtipp: Martin Sutoris: Der Zauberkäfer. Das liebevolle Einschlafritual für Kinder. Gräfe und Unzer, 9,99 Euro.
Ist das nicht kontraproduktiv – zu einer Zeit, in der sich die Kinder auf die Bettruhe einstellen sollen?
Auch wenn das Austoben die Betriebstemperatur kurzfristig noch mal anheizt, ist es ein gutes Mittel, um angestaute Energie zu ventilieren – denn davon haben Kinder reichlich. Das ist in etwa so, wie wenn Erwachsene noch etwas Wichtiges vor dem Zubettgehen erledigen und dann mit dem Gefühl einschlafen „So, nun ist alles erledigt, ich kann guten Gewissens ins Bett gehen.“ Durch das Austoben stellt sich ein Wohlgefühl ein und das Kind denkt: „Mir geht es gut – hier darf ich sein, wie ich will.“ Diese Art von Sicherheitsgefühl ist eine ideale Basis, um sich dann dem Schlaf zuzuwenden. Gerade wenn die Kinder noch zusammen mit den Eltern toben, entsteht ein guter Kontakt, der für ein schlafförderndes Sicherheitsgefühl sorgt.
Gut, ich habe mit meinem Kind getobt. Und dann?
Keine strengen Regeln wie: „Wenn du nicht in zwei Minuten das Licht ausmachst, gibt es morgen kein Eis.“ Der Schlaf kommt am besten, wenn sich das Kind zu Hause und alleine im Bett wohlfühlt. Der ganze Prozess des Ins-Bett-Gehens vom Abendessen über das Umziehen bis zum Zähneputzen sollte durch einen harmonischen Kontakt geprägt sein. Auch eine ruhige Atmung ist für das Kind ganz wichtig.
Damit es auf diese Weise besser in den Schlaf findet?
Genau. Wenn man sich nur für zwei bis drei Minuten zum Kind setzt und es bittet, einige tiefe und ruhige Atemzüge in den Bauch zu machen, kann das schon für kleine Wunder sorgen. Eltern denken ja, dass sie noch so viel erledigen müssen, sobald die Kleinen im Bett sind. Viele haben dann keine Geduld für die gebotene Aufmerksamkeit gegenüber dem Kind. Hektische Sätze wie „Doch, du kannst schlafen“ oder „Ich komme in zwei Minuten zu dir“ sind die typische Antworten. Doch alleine diese zwei bis drei Minuten Aufmerksamkeit, verbunden mit einer beruhigenden Atemtechnik, reichen in vielen Fällen schon aus, um dem Kind ein gutes Gefühl zu vermitteln, auf das der Schlaf dann auch schneller folgt, als wenn man 30 Minuten lang und im Stress immer wieder irgendwas tut oder sagt. Das ruhige Atmen entspannt auch die Eltern – und das natürlich auch färbt auf die Kinder ab.
Die spezielle Einschlaftechnik, die Sie für Drei- bis Achtjährige entwickelt haben, heißt „Der Zauberkäfer“. Wie sind Sie auf diese Methode gekommen?
Die habe ich entwickelt, als meine Töchter etwa 2,5 und 5 Jahre alt waren und abends nicht einschlafen konnten. Zu dem Zeitpunkt habe ich mich eingehend mit Entspannungsmethoden befasst und wollte meinen Kindern und mir ein stressfreies Zubettgehen ermöglichen. Als die Mädels eines Abends partout nicht schlafen konnten, dachte ich: Wenn ich doch nur zaubern könnte. Dieser Moment war die Geburtsstunde des Zauberkäfers. Daraufhin habe ich zunächst spontan Entspannungstechniken kindgerecht mit den beiden ausprobiert, bis dann nach einigen Versuchen der Zauberkäfer in seiner jetzigen Form feststand. So schliefen die beiden tatsächlich ganz leicht ein.
Bei dieser Technik fungiert die Hand der Eltern als Krabbelkäfer und begleitet die einzelnen Körperteile des Kindes in den Schlaf..
Richtig, die Hand krabbelt über Arme, Beine und Bauch und zaubert. Der Zauber besteht darin, dass jedes Körperteil nach der Berührung müde wird und schläft. Es geht hier in Verbindung mit ganz ruhigem Atmen und tiefer Entspannung darum, jedes Körperteil bewusst wahrzunehmen und zu entspannen. Aufgrund ihrer lebhaften Fantasie glauben Kinder an den Zauber, doch die Technik funktioniert auch bei Erwachsenen. Wer Entspannungs-Techniken mal gemacht hat, etwa den sogenannten „Body-Scan“, der kennt diese Fokussierung auf die einzelnen Körperregionen. Das schult die Körperwahrnehmung und führt zu einer schnelleren und tieferen Entspannung. Es muss übrigens nicht für jedes Kind unbedingt ein Käfer sein. Jeder kann sein eigenes Tier oder Ritual erschaffen – so, wie es zum Kind passt.
Ihre Technik ist ja eine Mini-Hypnose. Ist es legitim, Kinder zu hypnotisieren?
Gute Frage! Bei dem Wort Hypnose denken die meisten Menschen an Manipulation. Letztendlich ist Hypnose – von dem griechischen Wort „Hypnos“: Gott des Schlafes – nichts weiter als ein tiefer Trance-Zustand. Um es ganz einfach zu sagen: Tiefe Entspannung und mentale Konzentration – das ist Hypnose. Jeder, der beim vertieften Lesen eines guten Buches mal sein Handy nicht hat klingeln hören, kennt diese Trance als tiefe Entspannung.
Sie nutzen die Trance also als Vorstufe zum Einschlafen.
Ja. Das Ganze klappt noch besser, wenn Eltern ihre Rhetorik auch auf ein schlafförderndes Programm einstellen, zum Beispiel: „Einschlafen kannst du ganz leicht – vielleicht hast du noch gar nicht bemerkt, wie müde eigentlich dein Bauch ist.“
Warum fällt vielen Kindern das Einschlafen so schwer?
Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben. Manche Kinder fühlen sich in der Dunkelheit nicht wohl, manche haben Fantasien, zum Beispiel von der Hexe unter dem Bett. Manche haben noch viele Gedanken zum Tagesgeschehen. Kindern fehlt im Gegensatz zu Erwachsenen die erlernte Kompetenz, dann einschlafen zu können, wenn sie es wollen. Erwachsene wissen, dass zum Beispiel Lesen oder ein Bad zum gewünschten Ergebnis führt.
Und warum sind wir Eltern so schnell genervt, wenn unsere Kinder mal wider nicht schlafen wollen?
Eltern müssen zahlreiche Herausforderungen managen. Viele freuen sich dann darauf, dass die Kleinen endlich im Bett sind und man in Ruhe das tun kann, was tagsüber schlicht nicht geklappt hat: ein wichtiges Telefonat führen, den Hobbys nachgehen oder Zeit für die Beziehung haben. Wenn die Kinder bei dieser engen Taktung nicht mitspielen, haben Eltern einen Zielkonflikt zu bewältigen – und das stresst.
Was können Eltern vom „Zauberkäfer“ lernen?
Dass bei der Begleitung in den Schlaf harmonischer Kontakt wichtig ist; ein Gefühl von Sicherheit, ohne strenge Regeln. Letztendlich kann man sein Kind auch mal fragen: „Was brauchst du, um gut einschlafen zu können?“ Man darf sich aber dann nicht durch clevere Antworten austricksen lassen: „Ein Hundebaby zu Weihnachten“ oder „Dass du bei mir schläfst!“
Aber was, wenn das Kind trotzdem immer wieder aufsteht?
Wenn das Kind längerfristige Einschlafschwierigkeiten hat, kann das zu einem Problem werden. Und nicht für jedes Problem ist allein das Kind verantwortlich! Hier müssen Eltern genauer nach den Gründen suchen. Das könnten zum Beispiel quälende Gedanken sein wie: „In der Kita hat Emma heute gesagt, dass sie nicht mehr meine Freundin ist.“ In solchen Situationen kann es helfen fantasievolle Bilder zusammen mit dem Kind zu entwickeln. So wird vieles in der kindlichen Realität wieder gut – und der Schlaf kann doch noch kommen.