„Spiel des Jahres-Warm up“Brettspiel-Experten laden zur Spielerunde in Kölns Stadtbibliothek

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Martina Fuchs sitzt an einem Tisch und legt Spielkarten auf den Tisch. Hinter ihr im Regal und neben ihr auf dem Tisch stapeln sich Spiele.

Die große Leidenschaft von Martina Fuchs ist ihn ihr Wohnung nur schwer zu übersehen. Spiele so weit das Auge reicht.

Seit 2020 ist Martina Fuchs Jurymitglied bei der Wahl zum Spiel- und Kennerspiel des Jahres. Gemeinsam mit elf anderen Kritikerinnen und Kritikern testet sie jedes Jahr  Brettspiel-Neuheiten.

Die Schränke in Martina Fuchs' Wohnzimmer sind bis unter die Decke mit Brettspielen gefüllt. Wo bei anderen Bücher, CDs oder Fotos stehen, stapeln sich hier alle möglichen Spiele. Von Klassikern wie „Die Siedler von Catan“ über kleine Kartenspiele bis hin zu Fantasy-Spielen, die die Spieler über mehrere Stunden hinweg in eine neue Welt eintauchen lassen. Die Brettspiel-Kritikerin und Podcasterin lebt gemeinsam mit ihrem Partner Björn Richter, ebenfalls Brettsiel-Profi und die zweite Hälfte ihres Podcasts „Fux und Bär“, hier in Köln, wo sie immer mehr Menschen zum Brettspielen gebracht hat.

„Darüber müssen wir diskutieren“

Seit ihrem Studium ist Martina Fuchs nicht mehr vom Spielen weg zu bekommen. Den Weg zu Brettspiel-Kritikern haben sie und Björn Richter allerdings erst vor ein paar Jahren eingeschlagen. „Irgendwann haben wir beide dann gesagt: Jetzt ist Schluss, über die Spiele müssen wir mit anderen diskutieren“, erzählt Björn. Früher haben Martina Fuchs und Björn Richter viel „nerdigere“ Spiele gespielt, darum drehte sich auch ihr Podcast zu Beginn. Dabei kann eine Folge auch gerne mal bis zu vier Stunden lang sein, schließlich gibt es bei den Welten der Spiele einiges zu entdecken und auszupacken.

Lang hat Fuchs auch in Ganztagsschulen gearbeitet, natürlich auch mit Brettspielen. In Form von Brettspiel-AGs wollte sie so Kindern das analoge Spielen näherbringen. „Häufig kommen die Kinder nicht mehr mit klassischem Brettspiel-Wissen an die Schulen. Viele können Karten nicht in der Hand auffächern oder sortieren“, erklärt Fuchs. Björn Richter ist ebenfalls Lehrer an einer Hauptschule. Dort eine Brettspiel-AG oder ähnliches aufzubauen ist leichter gesagt als getan. „Es ist schwierig, das ganze in den Lernplan einzubauen. Außerdem konkurrieren wir stark mit Multimedia-Spielen“, so Richter. Kinder an den Computer zu bekommen sei schließlich einfacher als an ein Brettspiel, so die beiden Kritiker

Seit 2020 ist Martina Fuchs Jurymitglied bei der Wahl zum Spiel- und Kennerspiel des Jahres. Gemeinsam mit elf anderen Kritikerinnen und Kritikern testet, bewertet und nominiert sie jedes Jahr die „herausragendsten“ Brettspiel-Neuheiten. Und das alles ehrenamtlich. „Es ist das coolste Ehrenamt, das ich je gemacht habe. Aber auch das zeitaufwendigste“, sagt Fuchs. Ein „Spiele-Jahrgang“ umfasst meistens rund 400 Spiele. Das gesamte Jahr über werden die Neuheiten von allen Jurymitgliedern ausgiebig getestet, damit auch wirklich nur die besten der besten zum Spiel des Jahres nominiert werden. Sechs Tage die Woche spielt Martina Fuchs in verschiedenen Spielgruppen, um zu sehen, ob ein Spiel wirklich als Spiel des Jahres infrage kommt. Das Spiel des Jahres soll schließlich ein „Spiel für jedermann“ sein. „Es kann schon sein, dass ich 40, 50 oder 60 Parteien von einem Spiel spiele, bevor wir es nominieren“, erzählt Martina Fuchs. Aus allen Spielen kommen dann rund 30 bis 40 Spiele in die engere Auswahl, die in einer Klausur ausgiebig getestet werden. Nach hitzigen Diskussionen und langen Tagen voller Spiele einigen die Jurymitglieder sich dann auf ihre Top-3, die letztendlich nominiert wird.

Die nominierten Spiele aus diesem Jahr sind: „Auf den Wegen von Darwin“, ein Strategiespiel, bei welchem man Charles Darwin helfen muss, sein Forschungsbuch mithilfe von zu sammelnden Plättchen zu vervollständigen. „Captain Flip“, ein weiteres Strategiespiel, in welchem eine eigene Piraten-Crew durch schnelle Entscheidungen aufgestellt werden muss. Und „Sky Team“, ein Spiel für zwei, in dem die Spieler in die Rolle eines Piloten schlüpfen können und ganz ohne zu reden das Passagierflugzeug lenken.

Für die, die eine Herausforderung suchen

Beim Kennerspiel des Jahres dreht sich alles um Spiele, für diejenigen, die eine etwas größere Herausforderung suchen und schon viel Brettspiel-Erfahrung sammeln konnten. Das kartenbasierte Spiel „e-Mission“ ist quasi ein Abbild der realen Welt. Die Spieler müssen in die Rolle verschiedener Weltmächte schlüpfen, globale Projekte koordinieren und durchsetzen. Ziel dabei: den gemeinsamen CO2-Ausstoß so stark wie möglich einzudämmen. Bei „Die Gilde der fahrenden Händler“ gibt es ein Königreich zu erkunden. Das Land wird erkundet, neue Dörfer entdeckt und lukrative Handelsstrecken gebaut. Dabei kann jeder Spieler seinen eigenen Weg gehen, um so viel wie möglich zu entdecken. Bei „Zug um Zug Legacy Legenden des Westens“ wird der Nordamerikanische Westen immer weiter per Eisenbahn erschlossen. Da es sich hierbei um ein Kampagnenspiel handelt, bei dem Karten zerrissen werden, der Spielplan beklebt wird und neue Landteile entdeckt werden, gleicht keine Partie einer anderen.

All diese und noch weitere von der Jury als gut befundene Spiele können am kommenden Samstag, 29. Juni, zwischen 11 und 17 Uhr in der Stadtbibliothek am Neumarkt beim „Spiel des Jahres-Warm up“ ausprobiert werden. Martina Fuchs, Björn Richter und viele weitere Brettspiel-Experten sind vor Ort und erklären fleißig alles, was es über die Spiele zu wissen gibt. Die Veranstaltung ist komplett kostenlos.


Tipps von der Expertin

3 Top-Spiele legt Martina Fuchs den Rundschau-Lesern an Herz:

Elisabeth: Beim liebsten „Wargame“ von Martina Fuchs werden die Religionskriege von 1559 bis 1598 nachempfunden. In dem Strategiespiel kontrolliert ein Spieler gleich mehrere Großmächte aus der Zeit.

Gloomhaven: Mit diesem Spiel hat Martina Fuchs bereits mehr als 260 Stunden verbracht. Das taktische Kampfspiel wird von den einzelnen Entscheidungen der Spieler gelenkt, sodass sich die Geschichte immer weiter verzweigt. Die Spieler agieren kooperativ und bekämpfen Monster, um die eigenen Fähigkeiten immer weiter zu stärken.

Kingdom Death Monster: Das kooperative Brettspiel „Kingdom Death Monster“ ist ein Spiel für richtige Profis. Es entführt die Spieler in eine alptraumhafte Welt, ganz ohne die meisten natürlichen Ressourcen. Ziel ist es, eine kleine Siedlung durch Kämpfe, Überlebensstrategien und taktische Züge zu stärken und zu erweitern. Gespielt wird im „Choose your own Adventure“-Stil, so dass jede Kampagne von den Spieleteilnehmern individuell gespielt wird.

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