KegelrobbenDeutschlands größtes Raubtier ist zurück

Kegelrobben sind ganz von alleine nach Deutschland zurückgekehrt.
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Nicht nur die Urlauber räkeln sich derzeit an der Ostsee. Auch die Kegelrobben sind zurück. Jahrzehntelang waren sie an der deutschen Ostseeküste nicht mehr zu sehen. Jetzt zählen die Naturschützer vor allem in den Gewässern rund um Rügen wieder um die 50 bis 60 Tiere.
Die Kegelrobben sind damit in ihre alte Heimat zurückgekehrt, denn Ende des 19. Jahrhunderts waren sie an der deutschen Küste einmal sehr zahlreich. Insgesamt 100 000 Tiere lebten damals in der gesamten Ostsee. In den 1920er Jahren verschwanden sie fast vollständig aus deutschen Gewässern. Sie galten als Fischereischädlinge und waren für Jäger zum Abschuss freigegeben.
Später machten Umweltgifte eine Erholung unmöglich. Durch Schadstoffe wie PCB und DDT wurden die Weibchen unfruchtbar.
Inzwischen ging die Belastung durch Umweltgifte zurück, die Jagd auf Robben wurde verboten. Heute verzeichnen die Zählungen in der gesamten Ostsee wieder mehr als 24 000 Tiere. Bisher lebten sie vor allem vor Schweden, Finnland und Estland. Jetzt scheinen sie sich auch in den Gewässern von Mecklenburg-Vorpommern wieder wohlzufühlen.
Naturschützer freuen sich, dass die Tiere ganz von alleine in die alte Heimat zurückgekehrt sind. Die Fischer dagegen fürchten schon jetzt die gefräßige Konkurrenz. "Wir sind strikt dagegen, dass für die Kegelrobben günstige Bedingungen geschaffen werden, indem man Rastplätze einrichtet oder bestimmte Regionen für die Aufzucht von Jungen sperrt", sagt Norbert Kahlfuss vom Verband der Küsten- und Kutterfischer. "Ein Netz voller Heringe ist für eine Kegelrobbe wie ein kaltes Büfett." Statt mühevoll einzelne Fische zu jagen, können sie die Netze einfach zerbeißen und sich am Fang laben. Und eine Kegelrobbe wird nicht so schnell satt.
Fischer fürchten Konkurrenz
Die Tiere mit den schwarzen Kulleraugen sind Deutschlands größte Raubtiere. Zoologen zählen sie zur Ordnung der Carnivora, also Fleischfresser. Darunter fallen auch Haie, Krokodile und Bären.
Männliche Kegelrobben können bis zu 300 Kilogramm wiegen. Dafür fressen sie bis zu zehn Kilo Fisch am Tag. So plump sie an Land auch aussehen mögen: Im Wasser sind sie schnell wie ein Torpedo, können hervorragend schwimmen und tauchen. Die Fischer fürchten auch, dass sich Robben in den Netzen verfangen und ertrinken. "Wenn dann ein Urlauber eine junge Kegelrobbe tot in einem Fischernetz fotografiert und das Bild ins Internet stellt, wäre der Protest gegen die Fischer groß", sagt Kahlfuss. Er vermutet, dass früher oder später Schutzzonen eingerichtet werden, die für die Fischerei tabu sind.
"Unsere Küstenfischerei mit ihren kleinen Booten ist aber auf die Fangplätze angewiesen", sagt Kahlfuss. "Bisher haben die Kegelrobben hier noch keinen Nachwuchs bekommen", sagt Jochen Lamp, Leiter des WWF-Ostseebüros. Erst wenn es Junge gibt, sind die Kegelrobben an der deutschen Ostseeküste wirklich angekommen, denn die Tiere kehren immer wieder an ihre Geburtsorte zurück. "Sollte es Nachwuchs geben, müsste man natürlich mit den Fischern darüber reden, ob es zeitweise netzfreie Zonen gibt", sagt Lamp.
Kleine Kegelrobben verfangen sich besonders leicht in den Netzen. Bei der Wiederansiedlung nachhelfen wollen die Naturschützer aber nicht. "Das ist auch gar nicht mehr nötig", sagt Lamp. Auch auf Helgoland in der Nordsee gab es vor ein paar Jahren zunächst nur ein paar Robben, mittlerweile leben dort zwischen 300 und 350 Tiere. Auch Junge kommen zur Welt. "Der Fischfang muss sich für die Fischer natürlich noch lohnen", sagt Jochen Lamp. In Skandinavien, wo die Robben sehr viel zahlreicher sind, nutzten die Fischer schon spezielle Käfignetze, die die Meeresraubtiere nicht durchdringen können. Doch neue Netze kosten Geld und sind schwerer zu handhaben. Der WWF will die Forschung animieren, die Netztechnik weiterzuentwickeln. Was die Fischer ärgert, freut natürlich die Touristiker. Von Rügen aus organisieren sie schon geführte Bootstouren zu den Liegestellen der Robben. Im Sommer gibt es allerdings weniger Tiere als im Winter. Nur mit Glück begegnet man ihnen als Urlauber auch vereinzelt am Strand.