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Interview zum WachkomaFormulierungen müssen absolut präzise sein

Lesezeit 2 Minuten

Herr Brysch, Neurologen kritisieren, dass in Patientenverfügungen oft zwischen Zuständen wie Wachkoma und dem Syndrom minimalen Bewusstseins nicht differenziert wird. Welche Folgen kann das im Ernstfall haben?

Solche ungenauen Verfügungen können fatale Folgen haben. Im schlimmsten Fall würde bei der praktischen Umsetzung das Gegenteil von dem getan, was der Patient wollte. Deshalb ist eine differenzierte Ausführung wichtig. Alle Patientenverfügungen, die wir mit unseren Mitgliedern formulieren, differenzieren deshalb nach unterschiedlichen Zuständen der Gehirnschädigung.

Braucht es eine Patientenverfügung, um klarzustellen, ob man im Fall der Fälle einer lebenserhaltenden Weiterbehandlung zustimmt oder sie ablehnt? Oder reicht es, diesen Wunsch gegenüber Angehörigen zu äußern?

Der Gesetzgeber schreibt vor, dass eine Patientenverfügung ein schriftliches Dokument ist. Es allein den Angehörigen anzuvertrauen, ist nach meinen Erfahrungen keine gute Lösung. Dann wird der mutmaßliche Wille ermittelt. Und das sind oft Mutmaßungen über den Willen.

Die Stiftung Patientenschutz plädiert dafür, eine individuelle Beratung vor dem Aufsetzen einer Patientenverfügung verpflichtend zu machen. Warum reichen Standardtexte mit Feldern zum Abhaken aus Ihrer Sicht nicht aus?

Wir raten dazu, sich beraten zu lassen. Das Gesetz schreibt das aber nicht vor. Unsere jahrelange Beratungspraxis in zehntausenden von Fällen zeigt: Die allermeisten Menschen sind mit solch komplexen Fragestellungen überfordert, weil ihnen das medizinische, pflegerische oder juristische Fachwissen fehlt. Dieses Defizit lässt sich mit einer guten Beratung auflösen.

Dennoch gibt es sicher Dinge, die in jeder Patientenverfügung stehen sollten. Welche sind das?

Natürlich gibt es auch Standards. Beispielsweise müssen die konkreten Krankheitssituationen genannt sein, in denen die Verfügung gelten soll. Auch ist es notwendig, die gewünschten oder nicht gewünschten medizinischen Maßnahmen zu benennen. Ich rate dringend dazu, palliativ-medizinische Behandlungen einzufordern und persönliche Vorlieben und Wünsche zu formulieren. Das können auch vermeintlich banale Dinge sein. Beispielsweise: Vorlieben beim Schlafen, Essen oder Musikhören.

Wo sollte man eine Verfügung anschließend aufbewahren?

Am besten hinterlegt man das Dokument offen zugänglich zu Hause und deponiert eine Kopie anderswo. Wir archivieren Kopien für unsere Mitglieder in unserem "Bundeszentralregister Willenserklärung".