Sechs Jahre lang haben die Sportfreunde Stiller keine Musik gemacht. Vor seinem Auftritt am Samstag in Köln spricht Florian Weber über die neuen „Sportis“ und welche Verbindung die Band zu einem Monty-Python-Film hat.
Interview vor Konzert in KölnWarum sich die Sportfreunde Stiller Zlatan Ibrahimovic als großen Bruder vorstellen

Rüdiger „Rüde“ Linhof, Florian Weber und Peter Brugger sind die Sportfreunde Stiller.
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Wie haben die Fans Sie im vergangenen Jahr nach der langen Pause zurück auf der Bühne empfangen?
Die allermeisten freuen sich genauso wie wir. Und zwar sehr. Auch für uns war es ja lange nicht klar, ob wir weiterspielen. Der Einstieg war toll. Wir sind total energetisch auf der Bühne und die Zuschauer honorieren das. Es ist schön, dass die Menschen noch zu uns kommen. Nach all der Zeit.
Das aktuelle Album erschien im November - sechs Jahre nach dem Vorgänger-Album. Was war da los?
Die Band gibt es seit 27 Jahren. Da ist es ist klar, dass man sich irgendwann auf den Sack geht. Peter hatte die Pause nötig, hat sie eingeleitet und so lange laufen lassen, bis er wieder Kraft hatte. Im Rückblick denke ich, dass die Pause total wichtig war. Zwischen uns läuft es jetzt besser als in den Jahren vor der Trennung.
Wie haben Sie die Zwischenzeit genutzt?
Wir haben uns drei Jahre lang fast gar nicht gesehen. Jeder ist seiner Wege gegangen. Ich habe die Zeit für andere musikalische Projekte genutzt. Und ich habe einen Roman geschrieben: „Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken“. Ansonsten habe ich darauf gewartet, dass es wieder einen Startschuss bei den Sportfreunden gibt. Irgendwann wurde der Drang, die Band aufleben zu lassen so groß, dass wir uns wieder im Proberaum getroffen haben.
Auch in Köln haben Sie sechs Jahre nicht gespielt. Welche Erinnerungen gibt es?
Wir waren immer sehr gerne in Köln. Wir haben unsere ersten großen Konzerte in der Live Music Hall gespielt. Ich kann mich noch sehr gut ans Underground erinnern. Auch im Palladium und im E-Werk hatten wir schon heiße und schwitzige Abende. Wir haben in Köln immer noch viele Freunde.
Sportfreunde Stiller in Köln: Es geht auch um Angst und die Zweifel der Zeit
Wie hören sich die neuen Sportfreunde Stiller an?
Wir haben uns erstmal keinen großen Kopf gemacht, haben aber einen alten Freund als Produzenten hinzugewonnen, der sehr viel experimentiert hat. Das neue Album ist nicht das Hau-Drauf-Ding, sondern etwas ausgefuchster, etwas aktueller und moderner. Es sind die positiven Sportfreunde mit dem nötigen Ulk.
Es gibt aber auch ernste Themen.
Es ist der Zeit geschuldet, dass es auch um Depressionen, Angst und die Zweifel der Zeit geht. „Ich scheiß auf schlechte Zeiten“ ist dann aber auch wieder ein Song, der erzählt, wie man damit umgehen kann. Dass man zum Beispiel auch mal zwei Stunden auf einem Konzert nur an das Gute denken sollte. Der Tiefgang kommt durch diese aktuelle Zeit, in der wir ein besseres Bewusstsein für das Miteinander, für das Demokratische und Solidarische haben müssen.
Sind die Sportfreunde Stiller in den vergangenen Jahren ernster geworden?
Vielleicht haben sich unsere Perspektiven verändert, wie wir als Familienväter aufs Leben blicken. Wir haben mit „Rüde“ (Rüdiger Linhof) einen total Politik-Interessierten in der Band. Wir hatten alle ukrainische Flüchtlinge bei uns aufgenommen. Das schärft den Blick für die Kacke, die es auf dieser Welt gibt. Ob man im Alter automatische reifer wird? Das muss nicht unbedingt so sein.
Wir können froh sein, in einer Demokratie zu leben und unser Kreuz da zu setzen, wo wir es für richtig halten. Die Chance, menschlich zu handeln, liegt in uns - und die Umsetzung an uns.
„Jeder nur ein X“ heißt das aktuelle Album. Was bedeutet das?
Ursprünglich ist das ein Monty-Python-Satz aus dem Film „Life of Brian“. Humor bleibt eine wahnsinnig scharfe Waffe. Der Satz ist aber vielseitig interpretierbar. Wir können froh sein, in einer Demokratie zu leben und unser Kreuz da zu setzen, wo wir es für richtig halten. Die Chance, menschlich zu handeln, liegt in uns - und die Umsetzung an uns. Es sagt aber auch, dass jeder nur ein Kreuz haben kann, um eine Last zu tragen. Man soll sich in dieser Zeit nicht zu viel aufhalsen.
Die Titel mit Sportbezug sind im Vergleich zur Anfangszeit deutlich weniger geworden. Im aktuellen Album gibt es den Song „Ibrahimovic“. Worum geht es dabei?
In dem Fall ist Zlatan Ibrahimovic der große Bruder oder diese Überfigur, die man sich zur Seite stellt, wenn man sich in Ängsten verliert. Die Idee ist dem geschuldet, dass sich Ibrahimovic mal beim Länderspiel gegen Spanien vor einen spanischen Verteidiger gestellt hat und ihm klar gemacht hat: Du haust meine Mitspieler nicht um, komm vorher zu mir. Er ist also das Sinnbild für Schutz und Achtsamkeit seinen Mitmenschen gegenüber.
Sportfreunde Stiller im E-Werk: Ein Kölsch auf alte Zeiten
Sie haben in diesem Jahr ein ordentliches Live-Programm vor der Brust. Was kommt danach. Wieder sechs, sieben Jahre Pause?
Um Gottes Willen, nein (lacht). Bevor das passiert, würde ich allein weitermachen mit den Sportfreunden. Wir haben alle Bock und arbeiten gerade an einer tollen Idee. Ist aber noch geheim.
Trotz der längeren Pause sind Lieder wie „Ein Kompliment“ nicht nur bei Fans der Sportfreunde Stiller fest verankert. Wie fühlt sich das an, so etwas Bleibendes erschaffen zu haben?
Wir merken selbst, dass das auf viele Menschen sehr nostalgisch wirkt. Dass Leute sagen, dass sie mit uns ihre Jugend verbracht haben. Dafür sind wir sehr dankbar. Darauf werden wir auch in Köln das eine andere Bierchen trinken. Nicht nur die kleinen Kölsch-Stangen, sondern die großen Maß-Biere, wie wir sie in Bayern haben.
Aber in Köln dann doch bitte Kölsch.
Ich sehr gerne. Wir haben aber Leute in der Band, die auf Kölsch direkt mit Magenverstimmungen reagieren (lacht).