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Kölner Chefkoch im PortraitEric Menchon zaubert im „Le Moissonnier“ weiter

Lesezeit 5 Minuten
Le Moissonnier Restaurant

Le Moissonnier Restaurant; Eric Menchon

Auch im Bistro ließ ein Stern nicht lange auf sich warten: Eric Menchon bietet Magie am Mittag.

Ein Schritt durch die Schwingtür im „Le Moissonnier“, und schon steht man mitten im magischen Reich von Sternekoch Eric Menchon und seinem Team. Auf dem Herdblock simmern Kalbs-, Hühner- und Rindfleischfonds in 50-Liter-Töpfen mit Karkassen, Gemüse und anderen Ingredienzien. Sie werden als Grundlage für die Saucen für die ganze Woche vorbereitet.

„Die Saucen sind das Schwierigste überhaupt. Aber das magischste Gericht der französischen Küche, das ist die Consommé“, erklärt der vielfach ausgezeichnete Maître de Cuisine und zeigt auf eine noch gräulich-trübe Flüssigkeit mit Rindfleisch, die sechs Stunden auf dem Herd gart. „Es ist für mich immer noch ein Wunder, dass dieses klare Gelee daraus entsteht“, sagt der in Aix-en-Provence geborene 59-Jährige mit Blick auf die Substanz, die sich erhitzt in die „Königin der Fleischbrühen“ verwandelt.

Menchon begann vor 36 Jahren im „Le Moissonnier“

Er klingt dabei so fasziniert wie am ersten Tag, als seine Karriere in der Krefelder Straße 25 vor 36 Jahren begann: Im renommierten, am 10. April 1987 eröffneten Restaurant von Patron Vincent und Liliane Moissonnier.

Hier wird kulinarisch gezaubert. Und das ist harte Arbeit. Bevor im pariserischen Bistro mit Jugendstilflair und legerer Atmosphäre ab 12 Uhr die Gäste kommen können (zu denen viele Prominente von Axel Prahl bis Joschka Fischer zählen), ist hinter den Kulissen viel zu tun.

Seit morgens um acht Uhr ist in der Edelstahlküche viel los. Das sechsköpfige Profiteam mit Azubi lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Konzentriert läuft das enorme Tagespensum wie am unsichtbaren Schnürchen, bis ins Detail geplant für die Bistro-Klassiker auf der wechselnden Speisekarte. Von Shortribs Bourguignon bis Bouillabaisse, von Quiche bis Crème Brulée. Nicht zu vergessen die Außer-Haus-Gerichte zum Versand in Kühlboxen.

Auf Arbeitsflächen wird Fleisch filetiert und pariert, alles „Mise-en-Place“ bereitgestellt. Das Dessert „Fraîcheur d'agrumes“ mit Orangenbisquit, Limettenmousse und Sorbet von Bitterorange ist in der Mache. Die Soupe de Poisson und Paté en croûte stehen parat. Hier muss noch Kaninchenfrikassée abgeschmeckt werden, dort werden 60 Kilo Kartoffeln geschnitten, Spargel geschält, Kräuter gezupft.

Frische Feinkost aus ganz Europa für „Le Moissonnier“

Damit nicht genug, bringen dienstags Lieferanten frische Feinkost aus ganz Europa durch die Hintertür ins Allerheiligste. „Gute Qualität“, freut sich der Küchenchef mit Spitznamen „Chefos“ nach prüfendem Blick auf zig Kilo Wolfsbarsch, fangfrisch aus dem Atlantik. Später lädt der Lastwagen aus Rungis Paris noch mehr Fisch und Fleisch vom Feinsten aus. Der Cabillaud kommt aus Island, Gemüse vom Kölner Großmarkt, Spezialitäten von „Bosfood“ Düsseldorf oder Rungis Meckenheim, Austern und Meeresfrüchte aus der Bretagne ...

Nur die besten Zutaten: Eric Menchon (links) begutachtet eine Lieferung Wolfsbarsch.

Nur die besten Zutaten: Eric Menchon (links) begutachtet eine Lieferung Wolfsbarsch.

Neben saisonalen Qualitätsprodukten und handwerklichem Können sei eine der wichtigsten Zutaten „die Liebe, die Leidenschaft fürs Kochen“, betont der einfühlsame „Harmoniker“. „Kochen ist einfach meine Art zu kommunizieren.“ Das macht er einfach genial, bescheinigt die Fachwelt dem Meister, vom Falstaff-Magazin zum Koch des Jahres 2025 gekürt. Ein wertschätzender Umgang und freundlicher Ton liegen ihm am Herzen. Strenge Hierarchie ist nicht sein Ding. In der eingespielten Crew sind viele seit Jahrzehnten dabei.

Eric Menchon: Mit 23 Jahren schon Küchenchef

Erics Frau Patricia ist seit 35 Jahren als Köchin mit von der Partie. Ein Jahr zuvor fing der 23-Jährige noch alleine an - und war somit gleich Küchenchef. Zuvor hatte er nach der Schulzeit die Fachschule Lycée Hôtelier de Nice in Südfrankreich absolviert und erkannt: „Kochen, das ist mein Ding!“ Es schlossen sich Stationen in Restaurants in Aix-en-Provence und Marseille an, mit regionalen Spezialitäten wie der Fischsuppe oder der beliebten Bouillabaisse mit dem Geschmack nach Meer, die auch aktuell auf der Karte steht. Er suchte neue Herausforderungen im Ausland. Auf sein Stellengesuch meldeten sich zwei. Menchon entschied sich für Moissonnier - und blieb.

„Le Moissonnier“: Das Team von Eric Menchon arbeitet mit äußerster Präzision.

„Le Moissonnier“: Das Team von Eric Menchon arbeitet mit äußerster Präzision.

Der ambitionierte Patron ließ dem Provenzalen kreative Freiheit, förderte ihn.  „Eine Offenbarung war für mich ein Besuch beim Dreisternekoch Pierre Gagnaire “, erinnert sich Menchon über eines der Essen in Spitzenrestaurants, zu denen der Chef einlud. „Da habe ich erkannt, welche unglaublichen Möglichkeiten es gibt!“ Er strebte zur Nouvelle Cuisine, erfand Rezepte, wagte Neues. Mit Erfolg. Zwei Michelin-Sterne krönten 2008 bis 2023 die Karriere.

2023 wechselte „Le Moissonnier“ zum Tageskonzept mit Bistro

Doch es lief nicht immer wie im Schlaraffenland, es gab Herausforderungen: Nach der Coronakrise beschlossen die Moissonniers auch aus gesundheitlichen Gründen, 2023 zum Tages-Bistrokonzept zu wechseln (wir berichteten). Ein Stern folgte schnell wieder.

„Es war ein harter Job, aber ich fühlte mich wie in Kind auf dem Spielplatz mit täglich neuen Produkten und konnte mich ganz aufs Kochen konzentrieren“, resümiert der sportliche Fußballfan. Von Kunst mag er nicht sprechen. „Für mich ist das Handwerk.“ Seine bretonische Rotbarbe aus Zwei-Sterne-Zeiten zum Beispiel, mit Champagner-Fenchel-Sauce, Couscous-Hirse mit Orangenblütenwasser und Meerrettichcreme, hat allerdings „Museumsrang“: Die getrennt wie Satelliten angerichteten Komponenten fügten sich zum harmonischen Ganzen. Eigentlich ein flüchtiger Genuss. Aber seine Rotbarbe wurde als eines der ersten Gerichte in das Dresdner Archiv für Kulinarik aufgenommen, das Kochkunst für die Ewigkeit dokumentiert.

Le Moissonnier Restaurant

Le Moissonnier Restaurant

„Darauf bin ich schon stolz“, sagt der Erfinder.  Der Abschied von der Spitzenküche fiel ihm denn auch nicht ganz leicht. „Ich kann die Entscheidung gut nachvollziehen. Aber wenn Sie mich fragen, ob ich jetzt glücklicher bin, sage ich Jein.“ Durch die Umstellung sei nun zwar jeder Abend frei. „Die Lebensqualität ist höher. Aber für mich war der Stress nicht negativ, sondern eher ein Ansporn. Wer weiß, was noch kommt“, sagt der Vater von zwei erwachsenen Töchtern lächelnd. Eines ist klar: „Einmal kochen, immer kochen!“

Auch privat steht er am Herd. „Dann gibt es auch mal Pasta, Gulasch oder ein Salätschen“, sagt Chefos mit leichtem Akzent - und verschwindet zum Zaubern durch die Schwingtür. Zutritt für Gäste untersagt.

Le Moissonnier Bistro, Krefelder Straße 25, 50670 Köln. Dienstags bis samstags 12-16.30 Uhr, À la Carte und Plat du Jour/Menü; samstags 12-17.30 Uhr; Bestellungen warme Küche bis 14.45 Uhr. Z.B. das Vier-Gang-Menü kostet ab 132 Euro pro Person, die Fruits de Mer-Platte 59,50 Euro, Weinbegleitung. www.lemoissonnier.de.