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Flora und FaunaEnglische Gartenzimmer mitten in Köln

Lesezeit 4 Minuten

Blüten kommen besonders gut zur Geltung wenn sie aus einer Farbfamilie stammen.

Langsam ziehen die Fische ihre Bahnen. Die Wasseroberfläche ist still.

Herabhängende Zweige der Trauerweiden spiegeln sich darin, das Grün des Schildblatts und die violetten Blütenstände des Blutweiderich. Leises Plätschern ist zu hören: ein Neptunkopf, in eine mit Efeu berankte Mauer eingelassen, speit Wasser in ein Becken. Auch in der am Teich gelegenen Ruine tropft und rauscht es. Besucher, die die kleine Wendeltreppe erklimmen wollen, müssen aufpassen, um keine nassen Füße zu bekommen.

Wie bei Christopher Lloyd

Oben öffnet sich der Blick über den schattigen Teichgarten, hinter einer Mauer sind gelbe, rosa und rote Farbtupfer zu sehen: die Blüten im benachbarten Rosengarten. Eine Wendung um die eigene Achse zeigt ein völlig anderes Bild. Hier oben ist es warm und sonnig, und neben einem hölzernen Sommerhaus lodern rote und orangefarbene Blüten in einem Beet, die an den exotischen Garten des Briten Christopher Lloyd erinnern.

Dahlien und Fackelblumen erheben sich hier neben großblättrigen Rizinuspflanzen, dazwischen stehen zu spitzen Säulchen gedrehte Berberitzen. "Im Winter ist hier nur blanke Erde", sagt Kristin Lammerting. Jedes Frühjahr werden die Sommerblumen für diese Beete im Treibhaus neu gezogen.

"Wir wollten die Illusion eines Landsitzes erzeugen"

Der Wasser- und der Sonnengarten sind zwei von 13 Gartenräumen, die Lammerting zu einem großen Ganzen verwoben hat. 8000 Quadratmeter umfasst ihr Grundstück mitten in städtischer Bebauung: Die Aachener Straße ist nicht weit, mehrstöckige Häuser umgeben den Garten. Sie sind größtenteils geschickt verdeckt durch Bäume und Hecken. "Wir wollten die Illusion eines Landsitzes erzeugen", sagt Lammerting, die gemeinsam mit ihrem Mann vor 18 Jahren die Pläne für den Garten entwickelte. Der Gartenarchitekt Jörn Copijn setzte die Ideen in einen ausgeklügelten Plan aus Gartenzimmern um, neun Monate dauerte das Anlegen der Beete und Wege, das Pflanzen der Hecken und Bäume. Zwar fehlt zum wirklichen Landsitz ein weiter Blick über Landschaft und Felder, doch sind Stadtgeräusche und die umgebenden Gebäude so gut kaschiert, dass dieser Garten tatsächlich überall liegen könnte. "Stadtlust und Landliebe" will Lammerting verbinden. Sie ist auf einem Hof im Süd-Oldenburgischen groß geworden, seit je her liebt sie englische Gärten, reist gerne mit ihrem Mann auf die Insel und lässt sich inspirieren. So hat sie ein weißes Gartenzimmer anlegen lassen, in Anlehnung an den weißen Garten in Sissinghurst: "Ich habe Vita Sackville-West immer sehr verehrt", sagt Lammerting. Hier ranken weiße Rambler-Rosen an einem schmiedeeisernen Pavillon, in breiten Buchs-Umrandungen stehen weiße Herbst-Anemonen zwischen silbrig belaubtem Wermut.

Nur Ein Meter Erdreich

Was niemand ahnt: Der Garten liegt direkt über einer Tiefgarage, nur ein Meter Erdreich steht den Pflanzen zur Verfügung. Da Lammerting gerne mit Gegensätzen spielt, liegt ein paar Schritte weiter, nur durch eine Galerie getrennt, ein schwarzer Garten. Düster ist es unter den hohen Linden; statt Rasens, der eh nicht gut gedeihen würde, gibt es dunkle Holzspäne. Unter den Bäumen wachsen schwarze Bodendecker-Stauden: Schlangenbart. So verwunschen der Name, so verwunschen sind auch dieser Garten, dem große Kandelaber mit dicken Wachskerzen einen Harry-Potter-Touch verleihen. Unheimlich auch die Geschichte, die Lammerting erzählt: Wie sie eines Abends im April 2005 mit ihrem Mann in dem just fertiggestellten Garten saß und die Kerzen entzündete. Feierlich wie in einer Kirche fühlten sie sich, als plötzlich Kirchenglocken zu läuten begannen. "Der Papst ist gestorben", habe ihr Mann nur geflüstert. "Noch heute bekommen wir Gänsehaut", erinnert sie sich.

Nicht nur die unterschiedliche Tageszeit, sondern auch jede der vier Jahreszeiten hat in Lammertings Gartenzimmern ihren ganz besonderen Reiz: Feine Strahlen der Morgensonne beleuchten im Herbst den Kräutergarten, weißer Schnee legt sich sanft über den Knotengarten, die frischen Farben der violetten Tulpen und hellgrünen Wolfsmilchgewächsen protzen im passend benannten Frühlingsgarten, im Sommer beeindrucken die lila Bälle des Allium im Bauerngarten, in dem Mondgarten spiegelt sich eine Venus-Skulptur in einem Wasserbecken in klaren Sommernächten, das viktorianische Gewächshaus und der Duftgarten mit seinem Bodenbelag aus handverlegten Flusskieseln...

Neues Buch

Viele Geschichten ranken sich um den Garten, einige fließen ein in Lammertings neues Buch. "Ein Garten voller Fantasie" heißt das Werk, das die Autorin, die auch selber fotografiert hat, als "Essenz" des Gartens bezeichnet: "Hier habe ich das Wesentliche zusammengekocht." Eines ist allerdings im Buch nicht zu finden: Bilder aus dem neuen Gartenzimmer. Dort stehen Bienenstöcke, dort hat Lammerting ein Beet mit Heidepflanzen angelegt, in Erinnerung an den Garten ihrer Kindheit. Dieses Gartenzimmer ist ganz privat.

Hinweis: Der Garten ist nicht zu besichtigen. Weitere Informationen über die Gartenzimmer gibt es im Internet unter www.englischer-garten-koeln.de