Fernsehen im XXL-FormatDas leisten die neuen TV-Geräte
Wer bereit ist, 2000 Euro und mehr für einen Fernseher auszugeben, hat mehr Auswahl als je zu vor. Und steht damit vor einem Problem. Was, wenn das heute gekaufte Super-Mega-Ultra-TV morgen schon wieder veraltet ist? In kaum einem Produktbereich ist der Preisverfall so drastisch. Was gestern noch einen fünfstelligen Betrag kostete, steht wenige Monate später schon bei den Sonderangeboten. Das Zeitfenster, mit den Innovationen Geld zu verdienen, wird daher für die Hersteller immer kleiner. Kein Wunder also, dass sie mit immer neuen Superlativen zu glänzen versuchen – und das Tempo damit noch weiter anziehen.
So kommt das ultra hochauflösende Fernsehen in 4K gerade erst bei den Käufern an. Und schon drängen bereits die ersten Modelle mit 7680 x 4320 Bildpunkten auf den Markt. Abermals eine Vervierfachung der Auflösung – da kann einem schon mal schwindelig werden. Während andere Hersteller noch zögern, preschen Samsung und Sharp in Sachen 8K voran. Doch es dürfte nicht ganz leicht werden, den Käufern eine weitere „ultimative“ Auflösung schmackhaft zu machen. Sind solch hohe Pixelzahlen überhaupt sinnvoll oder nur eine technische Spinnerei?
Premium-Modelle auf dem Vormarsch
Das beste Argument für 8K: Die Bilddiagonalen werden immer größer. Im Premiumbereich müssen es aktuell mindestens 65 Zoll sein, immer öfter greifen kaufkräftige Heimkino-Fans zu 75 Zoll und mehr. „In Deutschland verzeichnen Geräte ab 55 Zoll ein zweistelliges Wachstum und stehen mittlerweile für 57 Prozent des Gesamtumsatzes. Vor allem TV-Geräte ab 70 Zoll weisen überproportional hohe Wachstumsraten auf“, so die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Was dabei oft nicht bedacht wird: Größere Geräte verbrauchen natürlich auch mehr Strom.
Bei solchen Dimensionen muss die Detailschärfe mitziehen, da sonst das Seherlebnis merklich leidet. Ein wichtiger Punkt für Kino-Gourmets ist die größere Tiefenwirkung. Laut Hersteller Samsung entsteht sie dadurch, dass „feinere Helligkeitsabstufungen oder Schattierungen dem Gehirn zusätzliche Hinweise für Dreidimensionalität geben“. Ein räumlicher Eindruck, ganz ohne 3D-Brille und die mittlerweile fast schon wieder abgemeldeten gebogenen Curved-Displays. Mit 8K wirkt das Bild zudem auch dann schärfer, wenn man dicht am TV sitzt. Damit finden auch in nicht ganz so geräumigen Wohnzimmern mehr Zuschauer vor dem Heimkino Platz.
Und woher sollen die passenden Inhalte kommen? Für die Umwandlung von SD-, HD- und 4K-Signalen in die höchste derzeit mögliche Auflösung hat Samsung einen Prozessor entwickelt, der mit künstlicher Intelligenz arbeitet. Mit dessen Hilfe wird nicht einfach ein beliebiger Filter über das Bild gelegt, sondern Schärfe, Bildrauschen, Konturen und Farbschattierungen gezielt angepasst. Grundlage ist eine Datenbank, aus der für jedes einzelne Bild der passende Filter abgerufen wird. Der japanische Mitbewerber Sharp brachte bereits 2017 ein erstes 8K-Display auf den Markt. Im Frühjahr 2019 soll nun die zweite Generation folgen – ebenfalls ausgerüstet mit einem intelligenten Bildprozessor. Er kann große Datenmengen in Echtzeit mit einer Geschwindigkeit von 100Hz verarbeiten, um auch bei schnell bewegten Bildern Schlieren zu vermeiden.
8 K ist die Zukunft
Auch bei LG stellt man die Weichen auf 8K. Um die Konkurrenz nicht ungehindert vorbeiziehen zu lassen, präsentierte man kurzerhand einen 88-Zöller. 88 Zoll, das bedeutet eine Bilddiagonale von 2,23 Metern mit mehr als 33 Millionen Pixeln. Zu kaufen gibt es das TV-Ungetüm aber noch nicht, über Spezifikationen und Preis schweigt sich der Hersteller aus. Auch bei 4K setzt LG ganz auf OLED-Displays, die auf organischen Halbleitern basieren. Das ist günstiger in der Produktion und ermöglicht daher bezahlbare Großformate. Kritikern zufolge geht das auf Kosten der Haltbarkeit und Lichtausbeute. Die QLED-TVs von Samsung sind dagegen klassische LCD-Displays mit einer Flüssigkristallschicht, die von hinten angeleuchtet wird. Für Strahlkraft und kräftige Farben sorgt eine dazwischen liegende Schicht mikroskopisch kleiner Partikel, im Fachjargon „Quantum Dots“ genannt, die das blaue Hintergrundlicht in exakt die gewünschte Wellenlänge umwandeln.
Angesichts all der technischen Muskelspiele wirkt es sympathisch, dass man bei Panasonic lieber inhaltlich argumentiert. Laut Dirk Schulze, verantwortlich für das Produktmarketing bei Panasonic Deutschland, verfolgt man mit den aktuellen 4K-Displays das Ziel, „die Bildideen der großen Regisseure möglichst originalgetreu in Farbe und Ton wiederzugeben.“ Leider verunsichert auch hier ein Formatstreit potenzielle Käufer. Die Kontrahenten heißen in diesem Falle HDR10+, eine Entwicklung von Samsung und Panasonic, und Dolby Vision, das bei anderen Herstellern zum Einsatz kommt. Beide Technologien sollen für eine größere Farbtiefe und bessere Kontraste sorgen. Bei HDR10+ werden der Bildberechnung dynamische Daten zugrunde gelegt. In Kooperation mit den Filmproduzenten wird der erwünschte Farbeindruck Szene für Szene und Bild für Bild definiert. Das bedeutet aber auch: Die passenden Inhalte müssen von den Inhalteanbietern bereitgestellt werden, was bislang eher zögerlich geschieht.
Der Fernseher als Steuerzentrale und PC
Für Konsumenten sind die technischen Feinheiten oft nur schwer durchschaubar, Streitigkeiten um Zukunftsstandards führen eher zu einer abwartenden Haltung als zu Kaufbereitschaft. Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass die verkauften Stückzahlen laut GfK im ersten Halbjahr 2018 um 11 Prozent zurückgegangen sind. Trotzdem sieht sich die Branche im Aufwind. Zugpferde sind vor allem die großen Hightech-TVs. Um die hohen Anschaffungspreise zu rechtfertigen, müssen die Geräte etwas mehr können als einfach nur laufende das Programm zu empfangen. Die teuren Flachmänner müssen „smart“ sein, Streaming-Apps, Internetzugang und Games sind schon fast selbstverständlich. So arbeitet Samsung unter dem Namen „SmartThings“ mit Hochdruck an der Vernetzung sämtlicher Haushaltsgeräte – mit dem Fernseher als Zentrum und dem Smartphone als Fernbedienung. Inhalte lassen sich vom Handy direkt auf den Bildschirm übertragen oder man holt umgekehrt das TV-Bild aufs mobile Display. Das ist zum Beispiel praktisch, wenn man während der Sportübertragung mal eben zum Kühlschrank will. LG setzt auf Sprachsteuerung und integriert den Google Assistant in alle 2018 ausgelieferten AI-ThinQ-TVs.
Extras im Laden testen
Das Potenzial, das in den smarten TVs liegt, haben auch Dritthersteller wie die Firma Logitech erkannt. Die brachte kürzlich eine externe Tastatur namens K600 auf den Markt, die sich mit diversen Smart-TVs verbinden lässt. Bei der Eingabe von Text wie Webadressen, Google-Suchanfragen oder Nachrichten muss man sich so nicht mehr mit den Knöpfen der Fernbedienung abquälen. Auch ein Touchpad zum Bewegen des Mauszeigers fehlt nicht. Das zeigt, wohin die Reise gehen könnte, wenn Auflösung und Farbbrillanz als Argumente nicht mehr ziehen: Fernseher werden zu zentralen Multimedia- und Kommunikationsstationen, die den Desktop-PC endgültig aufs Altenteil schicken.
Die Extras eines neuen Geräts sollte man sich im Laden vorführen lassen und selbst testen. Nur so ist gewährleistet, dass man all die tollen Funktion später auch nutzt. Wer dabei gleich auch noch das für ihn beste Bild und die ihm angenehmste Größe auswählt und nach dem Stromverbrauch fragt, kann eigentlich nicht viel falsch machen – und wird mit der neuen Anschaffung sicherlich zufrieden sein.