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Ode ans Campen„Das Ziel – jeder Schlafplatz muss schöner als der vorherige sein“

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Campen, ein Gefühl von unendlicher Freiheit.

Köln – Wenn Menschen in Beatles- oder Stones-, Hund- oder Katzen-Typen eingeteilt werden, verwundert mich das jedes Mal, weil ich denke: Könnte ja auch sein, dass man beides mag. Oder beides nicht. Beim Thema Camping allerdings scheint mir diese Typisierung tatsächlich Sinn zu machen. Denn die meisten Menschen in meinem Umfeld sind entweder das eine: leidenschaftliche Camper oder das andere: glühende Camping-Hasserinnen.

Vor meinem geistigen Ohr höre ich sie sich schon echauffieren, noch bevor ich mit meiner Liebeserklärung an das Campen losgelegt habe. „Ich muss schon den ganzen Tag kochen, abwaschen, aufräumen, da will ich doch wenigstens im Urlaub bedient werden"; „Mir versiffte Sanitäranlagen mit 100 Leuten teilen? Ab einem gewissen Alter sollte man auf bestimmte Hygiene-Standards nicht mehr verzichten!"; „Ständig einen nassen Hintern und zerstochene Körperteile? Nein, Danke!"

Bullis, Tiny Houses und Zelte mit Bett

All diejenigen, denen diese oder ähnliche Sätze jetzt in den Sinn kommen, bitte ich um etwas Contenance. Denn auch ich halte mich für wenig masochistisch, gar nicht unrein und auch nicht für übertrieben aktionistisch. Wer sagt eigentlich, dass sich Campen nur aufs Zelten reduziert? Da gibt es inzwischen allerhand komfortablere Alternativen, schicke Bullis etwa, gemütliche Tiny Houses oder luxuriöse Zelte mit Bett.

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Immer gerne im Einsatz in Sachen Campen - beruflich wie privat: Caroline Kron testete schon 2013 fürs KStA-Magazin die Praktikabilität von Wurfzelten und-Strandmuscheln. Mit mäßigem Erfolg.

Um jetzt auch noch den Wurfzelt-Dogmatikern den Wind aus den Segeln zu nehmen: Ja, meiner Meinung nach ist auch Glamping erlaubt (das ist Englisch, setzt sich aus den Worten „glamorous" und „Camping" zusammen und wofür es steht, erklärt sich von selbst), wenn es darum geht, im Urlaub maximal flexibel, autark und vor allem dies: sehr nah an der Natur zu sein. Denn all das macht für mich den Reiz eines Camping-Urlaubs aus.

Mit Pyjama in freier Wildbahn

Vielleicht ist es meinem ausgeprägten Auflehnen gegen starre Strukturen, wie sie im Alltag nicht zu vermeiden sind, geschuldet. Oder meiner tiefen Abneigung gegenüber überfüllten Buffet-Räumen, in denen morgens um halb acht (!) perfekt gestylte Anwesende jede Form von Anstand über Bord werfen und die These beweisen, dass der Mensch vor allem an sich und sein Fortkommen denkt. Vielleicht ist auch meine chronische Unpünktlichkeit schuld. Aber ich liebe es, mich treiben zu lassen, gerade im Urlaub. Im Pyjama und in der freien Natur zu frühstücken - und sie erst nach Sonnenuntergang wieder zu verlassen. Und dann, wann ich es für richtig halte, dort zu sein, wo ich gerade sein möchte.

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Ich erinnere mich an einen Korsika-Urlaub im VW-Bus, 1995, mit drei Freunden und einer Abmachung: Jeder Schlafplatz muss schöner als der vorherige sein. Damals klappte das mit dem inzwischen in den meisten Ländern streng verbotenen Wildcampen noch ohne juristische Konsequenzen und hat uns paradiesische Stellplätze beschert. Ich verrate nur so viel: Schlafplatz Nummer eins befand sich auf einer Klippe direkt am Meer. Unter einem Olivenbaum, der unter einem Sternenhimmel stand, versteht sich.

Wo man (Wild-)Campen darf und wo nicht

Private Grundstücke

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Nicht überall darf man sein Zelt aufschlagen.

Übernachten auf dem Campingplatz fühlt sich für manche in etwa so an, wie ein bestuhltes Punkkonzert. Natürlich möchten viele in freier Natur übernachten, Wildcampen nennt man das, es ist ist in den meisten (Bundes-)Ländern nicht erlaubt und kann mit einem Bußgeld bis zu 300 Euro geahndet werden. Auf privaten Grundstücken ist das Zelten nur mit der Zustimmung des Eigentümers/der Eigentümerin erlaubt. Diese Grundstücke erkennen man durch Zäune oder klare Abgrenzungen. Manche Privatgrundstücke sind aber schlecht gekennzeichnet. Zelten ohne Erlaubnis könnte eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs einbringen.

Im Wald

Rund die Hälfte aller deutschen Waldgebiete sind in Privatbesitz, deshalb gelten hier ähnliche Vorschriften. Waldstriche, die dem Land gehören, sind meist geschützt (Naturschutzgebiete). Viele Landesforstgesetze verbieten das Zelten im Wald grundsätzlich ebenso wie das Abstellen eines Wohnmobils oder Campervans, in anderen ist es zumindest für eine Nacht erlaubt.

Landschaften

Küstengebiete, Strände und Dünen zählen auch oft als Schutzgebiet. Campen ist hier also nicht erlaubt. Das Zelten in freien Landschaften, solange sie nicht in Privatbesitz sind, ist nicht explizit verboten.

Hier ist es erlaubt

Auf Nummer sicher geht man auf Naturlagerplätzen, also vom Land oder von Privatpersonen bereitgestellten Zeltplätzen, die kostenlos genutzt werden können. Auch Apps wie "park4night" oder "Landvergnügen" zeigen erlaubte Plätze. Tipps gibt's unter anderem auch auf der Homepage von Roadsurfer.

Wenn ich jetzt noch ein wenig pathetisch sein dürfte, würde ich schreiben: Ich liebe Campingurlaube, weil sie ein bisschen Abenteuerfeeling mit viel Entspannung, Freiheitsgefühle mit Entschleunigung und Minimalismus mit maximaler Naturverbundenheit verbinden. Für mich als Großstädterin und Fulltime-Arbeitende bedeutet das nicht Verzicht, sondern großen Luxus.

Von jetzt auf gleich: Urlaub!

Auch nicht zu ersetzen: Dass sich das Urlaubsgefühl von Minute eins an einstellt, sobald sich das wie auch immer geartete Urlaubsvehikel in Gang setzt. (Im Gegensatz zu Flug- oder Bahnreisen, da kann das schonmal eine Zeitlang auf sich warten lassen.) Der Weg ist das Ziel, treffender kann eine ausgelutschte Floskel die Form des Unterwegsseins nicht beschreiben.

Weil eine aufrichtige Ode aber nicht ganz ohne Wider auskommt, gebe ich zum Schluss, ganz leise aber unumwunden zu: Nur das ins Auto, aufs Rad oder in den Van zu packen, was ich wirklich brauche, ist nicht die einfachste Übung. Aber das Gefühl, ein paar Tage später zu erfahren, mit wie wenig man auskommt, und dass man es noch kann: sich aufs Wesentlich konzentrieren, ist heilsam. Auch fürs Klima.