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Blinde PassagiereDie wichtigsten Fragen und Antworten rund um Bettwanzen

Lesezeit 5 Minuten

Köln – Bettwanzen gehören inzwischen wieder zu unserem Alltag.“ So lautet das nüchterne Urteil von Dr. Arlette Vander Pan. Seit Jahren beschäftigt sich die wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Umweltbundesamt in Berlin mit den Parasiten, die sich seit den Nuller Jahren weltweit rasant verbreiten.

Zur Person

Dr. Arlette Vander Pan ist Biologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Umweltbundesamt in Berlin. In ihrer Dissertation aus dem Jahr 2015 untersuchte sie die Ursachen für eine offenbar wachsende Resistenz von Bettwanzen gegenüber Schädlingsbekämpfungsmitteln.

Wir haben mit der Wissenschaftlerin darüber gesprochen, was man über die unliebsamen Tiere wissen sollte und worauf man gerade vor den anstehenden Ferienreisen achten sollte.

Warum gibt es seit einigen Jahren wieder weltweit vermehrt Bettwanzen?

Eine Ursache für das weltweit vermehrte Aufkommen der Bettwanzen liegt in der Globalisierung und der damit verbundenen verstärkten Reisetätigkeit – sowohl was Urlaubs- als auch Geschäftsreisen betrifft. Reisende bringen die Parasiten meist unwissend in ihren Koffern mit nach Hause. Besonders viele Bettwanzen gibt es in den bevölkerungsreichen Städten, wo Menschen enger zusammenleben. Eine weitere Ursache ist der vermehrte weltweite Internethandel oder der Kauf von gebrauchten Möbeln. Denn auch hier können sich Wanzen und deren Eier verstecken. Gebrauchte Gegenstände, wie zum Beispiel Bücher, sollte man auf Wanzenspuren hin untersuchen und bei Unsicherheit für 24 Stunden in einer Plastiktüte einfrieren, rät die Wissenschaftlerin.

Wie sehen Bettwanzen aus?

Ausgewachsene Bettwanzen erinnern in Größe, Form und Farbe an einen Apfelkern. Sie werden bis zu vier bis acht Millimeter lang und haben seitlich auffällige rote Augen. Die erwachsenen Tiere haben eine rot-braune Färbung, während die kleineren Juvenilstadien eher blässlich sind. Unmittelbar nach dem Blutsaugen sind die Tiere stark verdickt und haben eine rote bis schwarze Farbe. Bis sie ausgewachsen sind, durchleben sie fünf Wachstumsstadien, bei denen sie sich jedes Mal häuten. Vor jeder Häutung benötigen sie Blut. Ihr Hauptwirt ist der Mensch. Sie sehen zwar schlecht, finden ihn jedoch durch Rezeptoren, die das Kohlendioxid des Atems und die Körperwärme wahrnehmen. Die schlechte Nachricht: Selbst ohne menschlichen Wirt können Bettwanzen und ihre Jungtiere eine ziemlich lange Zeit überleben. Bettwanzen können viele Monate manchmal sogar bis zu einem Jahr hungern.

Wie vermehren und entwickeln sich Bettwanzen?

Die weiblichen Bettwanzen legen ihre Eier meist in ihren Verstecken ab. Dazu zählen jegliche kleine Ritzen oder Spalten, die die Tiere finden können: in Bettritzen, hinter Steckdosen, Fußleisten, Bildern, Möbeln oder Tapeten, sogar zwischen Buchseiten oder in DVD-Hüllen, nicht aber an den Menschen. Die Eier sind etwa 1 mm groß, leicht gebogen und milchig weiß gefärbt. Ein Weibchen kann mehrere hundert Eier ablegen. Die Entwicklungszeit vom Ei bis zum erwachsenen Tier beträgt je nach Temperatur vier bis sechs Wochen.

Woran erkannt man einen Befall mit Bettwanzen?

Vor allem an den charakteristischen meist in Reihe gelegenen Stichen, insbesondere zu Jahreszeiten, an denen Mückenstiche unüblich sind. Bettwanzen sind nachtaktiv und ziehen sich tagsüber meist in ihre Verstecke zurück. Häutungshüllen oder Kotspuren, erkennbar als kleine schwarze Punkte in der Nähe dieser Verstecke, deuten ebenfalls auf einen Befall hin.

Hat ein Bettwanzen-Befall mit mangelnder Hygiene zu tun?

Nein, das hat nichts mit Hygiene zu tun. Ein Bettwanzen-Problem kann jeder und überall bekommen. Allerdings werden Befälle in Wohnungen, die vollgestellt sind mit Möbeln häufig später entdeckt, da es dort mehr Unterschlupfmöglichkeiten gibt.

Sind Bettwanzen gefährlich?

Nein, die Stiche der Bettwanzen sind nicht gefährlich und übertragen keine Krankheiten. Ein Bettwanzen-Befall in einer Wohnung ist allerdings unangenehm und psychisch belastend, weil man sich ausgeliefert und stigmatisiert fühlt. Der beim Stich abgegebene Speichel enthält juckreizauslösende Stoffe. Die Stiche sehen von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich aus. Typischerweise sind aber mehrere Stiche in einer Reihe oder einer Gruppe angeordnet, weil die Wanze bei dem schlafenden Menschen erst einmal austestet, wo die beste Stelle für eine Blutmahlzeit ist. Bei manchen Betroffenen ist der Juckreiz so stark, dass sie sich die Stellen aufkratzen. Dadurch kann sich der Stich entzünden.

Wenn ich jetzt Hotel-Urlaub mache, worauf sollte ich achten?

Wer Urlaub in einem Hotel macht, dem ist durchaus zu empfehlen, vor dem Bezug des Zimmers die Umgebung rund um das Bett, bzw. das Bett und die Matratze, auf Bettwanzen, Kotspuren und Häutungsreste zu überprüfen. Nachschauen sollte man etwa hinter dem Kopfende, in den Bettritzen, den Matratzenfalzen, an Fußleisten oder Steckdosen. Während dieser Untersuchung den Koffer möglichst noch vorne an der Tür stehen lassen. Ansonsten empfiehlt es sich, wenn möglich, den Koffer im Urlaub geschlossen zu halten und nur möglichst wenig auszuräumen. Eine 100 prozentige Garantie, dass ein Zimmer nicht befallen ist, gibt es aber nicht.

Was sollte man tun, wenn man ein Tier im Hotel entdeckt?

Ist das Zimmer befallen, sollten Urlauber dies sofort melden und nach einem anderen Zimmer verlangen.

Wie kann man verhindern, dass man die Parasiten im Koffer nach Hause bringt?

Noch einmal: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Wer Befürchtungen hat, dass er Bettwanzen aus dem Urlaub mitgebracht haben könnte, sollte den Koffer zuhause über der Badewanne öffnen und ausräumen. Die Kleidung sollte man dann sofort in der Waschmaschine bei mindestens 40 Grad und mit viel Waschmittel im längsten Waschprogramm waschen. Den Koffer sollte man über der Wanne ausschütteln und dann – wenn es geht – für mindestens zwei Tage bei mindestens minus zehn Grad in die Tiefkühltruhe stecken. Das ist übrigens auch empfehlenswert, wenn man Päckchen erhält, auf denen man glaubt Bettwanzen-Kot erkannt zu haben.

Was sollte man tun, wenn man zuhause einen Bettwanzen-Befall bemerkt?

Auf keinen Fall sollte man die Bekämpfung auf eigene Faust mit einem Mittel aus dem Internet versuchen. Wirksam bekämpfen kann Bettwanzen nur ein Kammerjäger. Er kennt die entsprechenden Insektizide, die Jungtiere und ausgewachsene Wanzen töten. Auch eine Bekämpfung mit Hilfe von Wärmeöfen, die im gesamten zu behandelnden Raum eine Temperatur von über 55°C erzeugen und die direkte Behandlung von Bettwanzenverstecken mit Trockeneisverfahren, ist möglich. Ist der Befall zu stark fortgeschritten, ist es unter Umständen empfehlenswert ein befallenes Bett oder Sofa zu entsorgen.

Es heißt, dass Bettwanzen gegen Schädlingsbekämpfungs-Mittel resistent sind…

Tatsächlich stellen wir fest, dass Bettwanzen inzwischen gegen manche Insektizide resistent sind. Allerdings stehen uns aktuell drei Wirkstoffklassen für die Bekämpfung zur Verfügung. Zudem werden immer häufiger Insektizidmischungen eingesetzt, die relativ effektiv wirken. Allerdings: Gegen die Eier der Bettwanzen wirken die Insektizide nicht. Deshalb ist eine Nachbehandlung nach etwa zwei Wochen notwendig. Wärme- und Kältebehandlungen bieten inzwischen eine insektizidfreie Alternative. Damit wird man die Parasiten in der Regel innerhalb von 24 bis 48 Stunden los.