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Beziehungskiller KommunikationWarum Frauen anders sprechen als Männer

Lesezeit 7 Minuten

Gelingt bei weitem nicht immer: Kommunikation in der Beziehung ist ein besonders heikles Thema.

Wie geht es Ihnen?“ Schon diese kurze Frage zu Beginn eines dienstlichen Gesprächs macht den Unterschied. Sie ist in gewisser Weise entlarvend. Denn sie ist eindeutig weiblich. Zumindest, was die statistische Wahrscheinlichkeit betrifft. „Dass Männer im geschäftlichen Kontext eine persönliche Frage stellen, ist im europäischen Raum eher unwahrscheinlich“, sagt Kommunikationstrainerin Margit Hertlein. Während Frauen auch im beruflichen Kontext gerne schon mal ihren Gesprächspartner nach persönlichen Dingen fragten, sei das für Männer meist ein No go. Selbst wenn es zu Beginn eines Gesprächs einen kurzen Small Talk gebe, sei der sachorientiert. Dann gehe es eher um das neue Auto als um das persönliche Empfinden. „Das ist zwar privat, hat aber nicht wirklich mit meiner Person zu tun“, erläutert Hertlein.

Verschiedene Sprachen

Das Beispiel macht klar: Frauen und Männer sprechen unterschiedlich. Sie verwenden zwar die gleichen Vokabeln, ihre Sprachstile aber, die Art und Weise, wie sie kommunizieren, ist sehr verschieden. Das kann zu Missverständnissen und Problemen führen – sowohl im dienstlichen als auch im privaten Kontext. Nämlich immer dann, wenn Mann nicht versteht, was Frau meint – und umgekehrt. Kommunikation funktioniere eben nicht wie eine Excel-Tabelle, betont Hertlein. „Da kann man das vermeintlich Richtige eingeben, und bei zwei Personen kommen zwei komplett unterschiedliche Dinge raus.“

„Männer kommunizieren in unseren Breiten eher mit einer direktiven Sprache“, benennt Margit Hertlein einen der Hauptunterschiede. Die Sätze seien meist kurz und knapp. Das Sprachmuster direkt, nach dem Motto: Wenn ich etwas will, dann sage ich es auch. „Die Sprache geht in Richtung präzise Anweisung“, so Hertlein. Was im Übrigen aber keineswegs unhöflich gemeint sei.

Veranstaltung

Frauen reden anders

Ein humorvoller Vortrag mit Kommunikationstrainerin und Buchautorin Margit Hertlein

Montag, 23. April, 19 Uhr

studio dumont, Breite Str. 72, 50667 Köln

Frauen wollen durch Gespräche erfahren: „Wie harmonisch sind meine Beziehungen?“, Männer wollen wissen: „Werde ich respektiert?“ Margit Hertlein gibt Einblick in die verschiedenen Sprachstile und bringt anhand von vielen amüsanten Alltagsbeispielen nahe, welche Fallen und Chancen darin stecken.

Tickets: 16,95 / 14,95 Euro

an der Abendkasse und im VVK

☎ 0221/ 2801

☎ 0221/ 280 344 (Abocard)

www.koelnticket.de

www.abocard.de/tickets

Frauen hingegen benutzen oft ein eher indirektes Sprachmuster. Statt einer klaren Anordnung „Mach bitte das Fenster zu“ drückten Frauen diesen Wunsch oft eher indirekt aus , etwa mit „Es ist kalt im Zimmer“. Auch ein „Das Wohnzimmer müsste mal gestrichen werden“ oder „Der Mülleimer müsste mal nach draußen gebracht werden“ seien letztlich verklausulierte Aufforderungen. „Partnerschafts-Passiv“, hat Buchautor Axel Hacke einmal dieses Phänomen genannt, das immer genau dann von Frauen eingesetzt werde, wenn Dinge erledigt werden sollen, die man auf gar keinen Fall selbst machen möchte.

Doch woher kommt es, dass Frauen und Männer gleiche Dinge so unterschiedlich „übersetzen“? „Das hat mit der unterschiedlichen Sozialisation und Prägung zu tun und auch mit der kulturellen Rollenzuweisung, wie Männer und Frauen zu sein haben“, erklärt Margit Hertlein. Diese lange tradierten Bilder etwa vom starken Mann, der führen muss und früher im Kampf derjenige war, der klare Anweisungen geben musste, um im Kampf zu bestehen und der Frau, die weich und zurückhaltend zu sein hatte, werden nur langsam aufgebrochen. „Heutzutage wird bei Frauen – zumindest im geschäftlichen Kontext – auch eine nüchterne, direkte Sprache nicht mehr als unangemessen empfunden“, weiß Kommunikationstrainerin und Coach Margit Hertlein. Immerhin ein kleiner Fortschritt, der in anderen Kulturen vielleicht nicht so leicht zu erzielen gewesen wäre. Im Japanischen etwa gibt es nämlich nur scheinbar eine Spracheinheit. Tatsächlich habe sich dort eine eigene Frauen-Sprache, das sogenannte Geisha-Japanisch mit ganz eigenen Vokabeln entwickelt, so Hertlein. Weiteres Kuriosum: Im Land der aufgehenden Sonne ist die offizielle Männersprache eine indirekte. „Man umschreibt etwas so, dass der Gegenüber erahnen kann, was gemeint ist.“

Auuch Hormone spielen eine Rolle

Neben der Sozialisation und gesellschaftlichen Rollenzuteilung sind es aber auch die Hormone, die Frauen und Männer in unseren Breiten so unterschiedliche Sprechstile entwickeln lassen. Während ein Überschuss des Sexualhormons Testosteron die männliche Sprache direkt und „aggressiv“ macht, ist es bei Frauen das Mehr des Bindungshormons Oxytocin, das sie vor allem auch während der Geburt und Stillzeit ausschütten und das sie, so Hertlein, eher auf eine vertrauensvolle Kommunikation setzen lässt.

Tatsächlich belegen Studien diesen Einfluss der Hormone auch auf das Kommunikationsverhalten von Mann und Frau. Englische Forscher etwa haben die Wirkung des Oxytocins auf die Verhandlungsführung von Managern untersucht. Dabei erhielt eine der beiden Probandengruppen unter dem Vorwand, damit sie die trockene Raumluft besser vertragen zu können, ein Oxytocin-haltiges Nasenspray. Tatsächlich verhandelten diese Manager anschließend nicht so aggressiv und rücksichtslos wie ihre Kollegen, sondern achteten viel mehr auf das Miteinander in der Kommunikation und die gemeinsame Basis mit den Verhandlungspartnern. Andere Studien konnten belegen, dass bei Männern, die in der Erziehungszeit sind, der Testosteronspiegel sinkt, während der Oxytocinspiegel steigt – was sich ebenfalls in ihrer deutlich weniger aggressiven Sprache zeigte – die im Umgang mit einem kleinen Kind ja auch keinen Sinn machen würde, so Hertlein .

Was sind die Folgen?

Die Unterschiede im Sprachstil von Mann und Frau lassen sich also belegen, doch welche Folgen haben sie – zumal wir ja, um mit Paul Watzlawik zu sprechen, „nicht nicht kommunizieren können“? Eigentlich bräuchten wir ständige „Übersetzer“ – die Missverständnisse umgehend aufdecken. Aus unzähligen Gesprächen mit ihren Klienten weiß Margit Hertlein, dass es solche Irritationen zwischen Mann und Frau etwa vor allem dann immer wieder gibt, wenn es um Lob und Kritik geht.

„Wenn ich indirekt kommuniziere und die Beziehungsebene für mich wichtig ist, dann ist Lob für mich wichtig, denn die Beziehungsebene lebt davon, Rückmeldungen von Menschen zu bekommen und Wertschätzung zu erfahren“, erklärt die Kommunikationstrainerin. Jemand der statusorientiert ist, der braucht diese persönliche Rückmeldung auf andere Art und Weise. Der hat das Lob ja sozusagen in Materie, durch den Titel auf der Visitenkarte oder das große Auto vor der Tür. Das Bedürfnis nach einem Lob erkennt er vermutlich gar nicht – und versteht auch eine indirekt formulierte Kritik nicht. Seine eigene direkte, aber vielleicht gar nicht böse gemeinte Kritik hingegen empfinden Frauen, die eher einen indirekten Sprachstil pflegen, als Abwertung der Person.

Trotzdem: „Es gibt bei Sprachmustern kein Gut oder Schlecht“, betont Margit Hertlein. Entscheidend sei zu erkennen, welches Muster die Menschen verwenden, mit denen ich zu tun habe. Deshalb sei es auch wichtig, eine Metaposition einzunehmen, also einen Schritt zurückzutreten und so den eigenen Kommunikationsstil zu reflektieren. So ließe sich erkennen, wo die eigene Art der Kommunikation Sinn macht – und wo eben nicht. Und vielleicht steht am Ende der Reflexion ja auch die Erkenntnis, dass das andere Sprachmuster durchaus Elemente beinhaltet, die eine Bereicherung darstellen könnte – etwa weil im geschäftlichen Kontext zum Beispiel eine personenorientiertere Verhandlungstaktik manchmal schneller zum Ziel führt, als wenn sich alle Beteiligte scheinbar hinter einer Mauer aus Sachargumenten verschanzen – oder umgekehrt manchmal eine direktere Ansage zielführender ist.

Die Reflexion über den eigenen Kommunikationsstil freilich fällt vielen im Job leichter als im privaten Umfeld. „Im geschäftlichen Feld liegt der Fokus mehr auf der Frage: Was ist das Ziel, was will ich erreichen“, erläutert Coach Hertlein. Dafür ist man bereit, zu arbeiten. Im Privaten aber herrsche oft die Erwartung vor, eine gute Kommunikation werde sich schon ergeben, wenn man sich nur liebe. „Das tut es aber nicht“, betont Margit Hertlein. Kommunikation sei auch in einer Beziehung manchmal schwieriger als eine Mission zum Mars. Deshalb habe man auch im Privaten zwei Optionen: Entweder man wartet Jahr um Jahr darauf, dass Mann endlich versteht, was Frau meint – oder aber man versucht zu übersetzen. Für Margit Hertlein definitiv die lohnenswertere Option.