Unterwegs auf dem RheinsteigAnspruchsvolle Tour mit Traum-Aussichten
- Quer durchs Land: In den Sommerferien stellen wir die schönsten Fernwanderwege in NRW vor.
- Diesmal geht es auf der ersten Etappe des Rheinsteigs von Bonn nach Königswinter.
- Die Wanderung hat es durchaus in sich. Aber für die Aussicht lohnt es sich, die über 20 Kilometer und fast 600 Höhenmetern auf sich zu nehmen. Und abgekürzt werden kann auch.
Bonn/Königswinter – Offensichtlicher kann ein Wanderweg kaum zur Pause bitten. Die Hälfte der ersten Rheinsteig-Etappe zwischen Bonn und Königswinter ist geschafft, da tut sich die Definition einer schönen Aussicht auf. Eingeleitet von einem sattgrünen Weingut geht der Blick auf die Häuser Oberdollendorfs, bevor er auf den gemütlich vor sich hinfließenden Rhein fällt. Allein für diesen Moment haben sich die bis dahin 13 Kilometer quer durch das Siebengebirge gelohnt.
Der Start der Tour macht einen ganz anderen Eindruck. Knapp 250 Meter tiefer, sechs Kilometer flussabwärts, mitten in der Stadt auf dem Marktplatz in Bonn. Vom Alten Rathaus geht's zum Rhein, der sofort überquert wird. Hier bieten sich zwei Auswahlmöglichkeiten: Links thront die Kennedybrücke, rechts lockt der Fähranleger der Rheinnixe. An diesem Tag wird einem die Entscheidung abgenommen. Die Rheinnixe ziert sich etwas, montags und dienstags fährt die Fähre nicht. Also hilft die Brücke hinüber auf die rechtsrheinische Seite der ehemaligen Bundeshauptstadt. Zwischen penibel gestutzten Bäumen geht es entgegen der Strömung Richtung Schloss Drachenburg.
Im Wald spielt das Rheinsteig-Symbol verstecken
Die Bäume sind Schattenspender, Regenschutz und Wegweiser in einem. Ein weißer Fluss schlängelt sich in Form eines halben R über ein blaues Quadrat, gesprüht auf Bäume und geklebt auf Laternen. Wer die Augen offen hält, kann sich hier nicht verlaufen. Später wird sich das ändern. Im Wald gleicht die Suche nach dem Rheinsteig-Symbol an wenigen Wegpunkten einer Schnitzeljagd. Gut, dass im Zweifel auch das Smartphone weiß, wo es langgeht.
Nach einer knappen Stunde am Wasser bitten die Wegweiser zum Linksabbiegen. Hier ist es vorbei mit der Zweisamkeit zwischen Fluss und Wandernden. Aus den Augen verlieren werden sie sich zwar nie ganz, doch Rhein und Rheinsteig gehen hier erst einmal getrennte Wege. Hinter den Bonner Stadtteilen Ramersdorf und Küdinghoven, wo es mit Bäcker und Kiosk die vorerst letzte Ladestation für Proviant gibt, werden die Wege rauer und steiler. Eine etwas in die Jahre gekommene Holztreppe mahnt, dass ab hier trittfestes Schuhwerk benötigt wird. Im Wald nimmt die Geräuschkulisse ab, das Grundrauschen von Stadt und Autobahn wird immer leiser, bis es ganz verschwunden ist.
Etwas zu grün – Aussicht auf die Seen ist zugewachsen
Das tief und ruhig atmende Grün steht dann aber im Weg. Nicht dem Wandernden, sondern der versprochenen Aussicht auf den Dornheckensee. Der macht seinem Namen alle Ehre, der Blick auf das Wasser ist zugewachsen, der See kaum zu sehen. Was auch daran liegt, dass der direkte Zugang zur Felskante versperrt ist. Einsturzgefahr. Auch der Blaue See und der Märchensee verstecken sich hinter Zweigen und Blättern.
Etwas weiter ist dann doch noch Wasser in Sicht. Der Rabenlay Skywalk versprüht zwar weniger Glamour als der Name verspricht, bietet aber einen tollen Ausblick auf Rhein, Bonn und Siebengebirge. Zumindest eine kurze Pause ist an dieser Stelle Pflicht. Genau wie wenig später über den Oberdollendorfer Weinbergen.
Hier könnte man die Tour beenden, von Oberdollendorf runter zum Rhein und zurück nach Bonn spazieren oder in den Zug steigen. Immerhin stecken jetzt schon 13 Kilometer in den Stiefeln. Wer keine Lust auf Abstieg hat, nimmt das Schloss Drachenburg ins Visier. Und damit auch die anstrengendere zweite Halbzeit der Etappe. Denn der Weg zum nächsten Highlight wird immer steiler und unebener.
Der Petersberg verlangt den Beinen alles ab
Aber das hat wohl seinen Grund. Auf dem 331 Meter hohen Petersberg thront das gleichnamige Nobelhotel, in dem die Bundesrepublik früher ihre Staatsgäste unterbrachte. Abenteuerlustige Wandernde waren dort zu dieser Zeit wohl nicht allzu gerne gesehen. Mittlerweile schlängelt sich der Rheinsteig am Hotel vorbei, aber der letzte Teil des Aufstiegs zum Petersberg quer durch den Wald ist immer noch herausfordernd und wenig einladend. Dafür steht die Tür des Zauns mittlerweile offen. Dahinter sind die Wege dann wieder besser, wenn auch manchmal durch überbordende wilde Begrünung etwas eng.
Auf dem weitläufigen Hotelgelände dann das genaue Gegenteil. Der steile, unebene Wanderweg zum Petersberg und die luxuriöse Hotelanlage, hier prallen zwei Welten aufeinander. Dementsprechend gut lässt sich eine, gerade nach diesem Aufstieg wohlverdiente, Pause einlegen. Im Biergarten hinter dem Hotel können sich die Beine bei schönstem Blick auf Königswinter, Bonn und natürlich den Rhein neue Energie holen.
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Und die brauchen sie auch. Denn von den Spazierwegen des Hotels geht es zurück auf die unbequemen Pfade, den Petersberg hinab. Es wird steil, abfedern ist angesagt. Der Rheinsteig schubst Wandernde regelrecht Richtung Ziel. Zwischenzeitlich melden sich die Knie. So richtig genießen lässt sich dieser Abstieg nicht. Auch, weil zwischen dem Petersberg und Schloss Drachenburg noch der Geisberg liegt. Heißt: Alle Meter, die bergab gemacht werden, geht es auch wieder nach oben. Nach inzwischen 18 Kilometern stellen die Beine dem Wandernden unangenehme Fragen: Was bitte mutest du uns zu?
Der Blick vom Bahnhof erklärt einiges
Aber auch auf dem Geisberg wird der Aufstieg aussichtstechnisch wieder fürstlich entlohnt. Ein schöner Blick auf das Siebengebirge, ganz unten fließt weiter der Rhein in einer Seelenruhe vor sich hin. Bald darauf taucht hinter einer kurzen Brücke auch schon der Eingang zum Schloss Drachenburg auf. Nach 22 Kilometern und fast 600 Höhenmetern. Fast schon automatisch steuern die Beine auf ein kleines Mäuerchen zu, selten hat sich das Hinsetzen so gut angefühlt wie in diesem Moment. Die erste Etappe des Rheinsteigs ist abgehakt.
Sollte die Kraft jetzt noch mitspielen, lockt mit nur einem weiteren Kilometer der Gipfel des Drachenfels. Wer müde, aber noch motiviert ist, kann auch mit der Drachenfelsbahn fahren. Oder sich das Schloss aus der Nähe anschauen. Für alle anderen geht es, wieder sehr steil, hinab nach Königswinter. In weniger als 30 Minuten ist der Bahnhof erreicht. Vom Bahnsteig Richtung Köln hat man nochmal einen schönen Blick hoch zum Petersberg, knapp 300 Meter weiter oben. Unten grummeln die Beine leise vor sich hin. Spätestens jetzt kann man sie verstehen.
Infos zur Wanderung
Start: Marktplatz Bonn
Ziel: Schloss Drachenburg, Königswinter
Länge: 22 km (13 km bis Oberdollendorf)
Dauer: 7 h (4 h bis Oberdollendorf)
Profil: mittel bis anspruchsvoll, überwiegend befestigte Waldwege, manchmal steinig, uneben, und sehr steil; ca. 600 Höhenmeter (bis Oberdollendorf gute Wege und kaum starke Steigungen, ca. 250 Höhenmeter)
Anfahrt ÖPNV aus Köln: RB 48, RB 26, RE 5 oder Straßenbahn 16 bis Bonn Hbf; ca. 1 km bis Marktplatz BonnRückweg ÖPNV: ca. 2 km bis Königswinter Bf; RB 27, RE 8 nach Köln; ca. 2,5 km zur Haltestelle Königswinter Fähre, Straßenbahn 66 nach BonnAnfahrt Auto: A555 oder A59 bis Bonn, Richtung Bonn-Zentrum; kostenpflichtige Parkhäuser in der InnenstadtParkplätze auf dem Weg: Dornheckensee, Oberkasseler Str. 1, Bonn; Heisterbach, Heisterbacher Str., KönigswinterRückweg von Oberdollendorf: ca. 1 km zur Haltestelle Königswinter Oberdollendorf, Straßenbahn 66, RB 27 oder RE 8 nach Bonn (RB 27 und RE 8 fahren auch nach Köln)
Einkehren:Klosterstube Heisterbach, Heisterbacher Straße, Königswintergut bürgerliche HausmannskostSommermonate: Mo. bis Fr. 10-18 Uhr, Sa. und So. ab 10 Uhr
Biergarten Petersberg, Petersberg, Königswinterkühle Getränke, Kaffee und Kuchen, warme und kalte SpeisenApril bis September: Mi. bis Fr. 15-21 Uhr, Sa., So. und Feiertage 12-21 Uhr (witterungsabhängig)
Milchhäuschen, Elsigerfeld 1, Königswinterdeftige Hausmannskost, Kleinigkeiten und kalte Getränkewird aktuell renoviert, Wiedereröffnung voraussichtlich im Sommer 2022
Highlights:Blick auf den Rhein: Die schönste Aussicht auf den Rhein hat man vom Skywalk Ennert und von den Oberdollendorfer Weinbergen.
Hotel Petersberg: Von 1954 bis 1969 und von 1990 bis 1999 diente dieses Haus der Bundesregierung zur Unterbringung ihrer Staatsgäste. Vom Biergarten aus bietet sich zudem ein schöner Ausblick.
Schloss Drachenburg: Die Architektur des Schlosses am Drachenfels versetzt Besuchende in eine andere Zeit. Informationen zu Ticketpreisen und Öffnungszeiten gibt es unter schloss-drachenburg.de.