Vor zwei Jahren hat das Hochwasser in Erftstadt vieles zerstört. Der Beauftragte für den Wiederaufbau zeigt, wie es vorangeht.
OrtsbesuchAuch zwei Jahre nach der Flut ist Erftstadt-Blessem eine gewaltige Baustelle
Die Erinnerung ist schwer in Übereinstimmung zu bringen mit dem aktuellen Anblick. Der tiefe Krater, in dem Autowracks, Pferdeanhänger und zerbrochene Kanalrohre wild durcheinandergewürfelt waren, überragt von der halb zerstörten Reithalle auf der einen und über dem Abgrund hängenden Pferdeställe auf der anderen Seite, — wer die Unglücksstelle in Blessem nach der Hochwasserkatastrophe vor zwei Jahren gesehen hat, wird sie nie wieder vergessen.
Der Unglücksort ist immer noch eine gewaltige Baustelle. Aber aus dem Krater ist eine Mulde geworden. Die Reithalle ist wieder aufgebaut. An der Radmacherstraße, die damals völlig zerstört war, sind an einer Seite die Häuser wieder aufgebaut. Und doch sagt Gerd Schiffer: „Ich war anfangs zu optimistisch.“
Kiesgrube in Erftstadt-Blessem: Noch drei Jahre wird verfüllt
In drei Jahren sei der Krater, den die Erft gerissen hatte, wieder aufgefüllt, hatte der Beauftragte für den Wiederaufbau prognostiziert. So schnell wird es nicht gehen. Noch drei Jahre lang sollen die Lastwagen rollen und unbelasteten Boden von Baustellen — 370.000 Kubikmeter — herankarren. Bis eineinhalb Meter unter das Niveau der Erft wird die Fläche aufgefüllt.
Dann wird sie mit Wegen und Pflanzen gestaltet. Und bekommt gleich zwei Funktionen: als Naherholungsgebiet und als Sekundäraue, also Überschwemmungsgebiet, falls der Fluss noch einmal über die Ufer tritt. Der Damm, der die Senke derzeit vor dem Erftwasser schützt, wird wieder abgetragen. Auch die beiden rechteckigen Becken am Grund der Mulde verschwinden dann wieder.
„Wir sind weit gekommen mit dem Wiederaufbau, aber fertig sind wir noch lange nicht“
Eines ist mit Folie ausgekleidet, um Wasser aus dem Kanal aufzufangen, in dem anderen soll Wasser versickern. 750.000 Euro habe es gekostet, sie anzulegen, sagt Schiffer. Verfüllt wird auch der alte Teil der Kiesgrube, der neuere, in dem bis zur Katastrophe Kies abgebaut worden war, soll zu einem See werden.
Die Lastwagen werden, auf einer Baustraße von Liblar kommend, zur Grube geleitet. Denn über die Erftbrücke an der Frauenthaler Straße dürfen sie nicht fahren. Die ist für den Schwerlastverkehr gesperrt – das Hochwasser hat sie so stark geschädigt, dass sie abgebrochen und neu gebaut werden muss, genau wie die am Elisabethenweg
„Wir sind weit gekommen mit dem Wiederaufbau, aber fertig sind wir noch lange nicht“, sagt Schiffer. Zwar seien die größeren Straßenprojekte durch, seit auch die Kallenhofstraße in Bliesheim wieder befahrbar sei. Doch an vielen Straßen gebe es Unterspülungen, die allmählich einsackten und nach und nach ausgebessert werden müssten.
Am Eschenweg in Blessem mussten mehrere Häuser abgerissen werden
Der Blessemer Eschenweg sieht aus wie ein Neubaugebiet. Der Geruch nach Heizöl, der monatelang über der Straße hing, ist verflogen. Mehrere Häuser, die die Flut äußerlich unbeschadet überstanden hatten, mussten hier abgebrochen werden. Das Öl war in die Mauern gesickert, die giftigen Dämpfe machten die Gebäude unbewohnbar.
Jetzt sieht man die Ersatzbauten in allen Stadien, von der Baugrube bis zum fertigen Haus. Die Flüchtlingsunterkunft an der Radmacherstraße hat beim Hochwasser einen Totalschaden erlitten. An ihrer Stelle ist ein kleines Quartier aus Modulbauten entstanden. Aber erst einmal musste der Boden um einen Meter angehoben werden.
Denn gleich daneben fließt der Mühlenbach, und auch der war vor zwei Jahren zu einem Strom angeschwollen. Der Sportplatz in Ahrem, die Turnhalle in Bliesheim, die Feuerwehrgerätehäuser — Gerd Schiffer kann noch jede Menge Baustellen aufzählen, die noch abzuarbeiten sind. Die Spuren der Flut werden noch lange zu sehen sein.