Zu einem beeindruckenden Naturschauspiel kam es in der Eifel. Tausende Kraniche, die sehr spät in Niedersachsen gestartet waren, erreichten den Rand der Eifel und legten in den Tongruben bei Satzvey eine Rast ein.
Naturschauspiel in der EifelTausende Kraniche rasten in Tongrube bei Mechernich
Wenn die Kraniche im späten Herbst über die Eifel hinweg Richtung Süden ziehen oder im Frühling auf dem Weg in ihre skandinavischen Brutreviere sind, sitzt Vogelexperte Hans Theo Krüger in Satzvey in der ersten Reihe. Er fotografiert nicht nur das Schauspiel der imposanten V-Formationen der Kranichketten am Himmel, sondern weiß auch um die Zwischenlandestationen der Vögel mit ihren unverkennbaren Rufen.
Am vergangenen Wochenende war es wieder so weit. Nachdem die Kraniche bei ihrem diesjährigen Herbstflug den Kreis Euskirchen bis dahin arg vernachlässigt hatten, gab es zum Abschluss doch noch eine Entschädigung für Vogelfreunde. Das diesige Wetter am Eifelrand, so Krüger, habe eine große Zahl der Spätzieher veranlasst, hier ihren Flug in südlichere Gefilde zu unterbrechen und teils in den Feldern, teils in den Tongruben der Antweiler Senke eine Nachtrast einzulegen.
Naturschauspiel in der Eifel: Bis zu 3000 der majestätischen Vögel landeten am Ortsrand von Satzvey
In der Umgebung von Satzvey sammelten sich nach Beobachtung von Krüger ab Samstagmittag Hunderte Kraniche, deren Zahl sich durch weiteren Zuflug kontinuierlich vergrößert habe. Nach Zählung des Vogelexperten übernachteten dort schließlich in der Nacht zum Sonntag rund 2000 bis 3000 der majestätischen Vögel. 1000 bis 1200 seien es am Ortsrand von Satzvey in der alten Tongrube Sporkenbach, die als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist, gewesen.
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Ungefähr die gleiche Anzahl sei nur einige Hundert Meter entfernt in den Feldern unweit der L 11 zwischen Satzvey und Obergartzem gegenüber dem Motocross-Gelände (dort, wo fast die Pilzfabrik entstanden wäre) gelandet. Hinzugekommen sei schließlich in der aufgelassenen Tongrube „Hundertmorgen“ gegenüber Burg Zievel noch eine kleinere Gruppe von 300 bis 350 Kranichen, die sich erst kurz vor der Dunkelheit dort eingefunden habe.
Hardliner harrten lange bei Zwischenrast in Niedersachsen aus
Bei den größtenteils aus Skandinavien stammenden Kranichen handelt es sich laut Krüger, der mit Kranich-Experten in Norddeutschland in ständigem Kontakt steht, um die Hardliner, die bis zuletzt bei ihrer Zwischenrast in Niedersachsen, vor allem in der Diepholzer Moorniederung, ausgeharrt hatten, bevor der Kälteeinbruch mit frostigem Wetter sie dann doch von dort vertrieb. Die Kraniche mit ihrer Spannweite von zwei Metern sind gute Flieger und Gleiter. Sie erreichen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 50 km/h. Sie sind in der Lage, notfalls 2000 Kilometer sogar im Non-Stop-Flug zurückzulegen.
Am Eifelrand zogen sie es vor, angesichts des trüben Wetters und der ungünstigen Windverhältnisse auf dem Weg in den Süden eine Rast einzulegen, nachdem sie zunächst lange und unüberhörbar über dem Gebiet gekreist waren. Der etappenweise Abflug am Sonntagmorgen sei problemlos verlaufen, sagt Krüger. Er wurde am Rand der Felder von der Landstraße aus von etlichen Schaulustigen beobachtet und fotografiert.
Das beeindruckende Bild der mit Kranichen gefüllten Grube und der prachtvollen Tiere im weißen Kaolinsand sowie der Aufstieg ganzer Schwärme aus der Grube unter vielstimmigem, fast ohrenbetäubendem Rufen blieb aber einigen wenigen Frühaufstehern vorbehalten. Nur einige einzelne Vögel, die den Anschluss verpasst hatten (wahrscheinlich meist Jungvögel), seien noch bis spät in den Nachmittag umhergeirrt. Einige hätten sich gegen Mittag kleineren Zügen angeschlossen, von denen etliche aus Richtung Euskirchen das Gebiet überquerten.
Tolle Bilder vom Naturschauspiel in der Eifel
Krüger weiß, dass immer wieder vor allem die offenen Tongruben am Eifelrand bei schwierigen Wetterlagen von den ziehenden Vögeln als Rastplätze genutzt werden. Damit erfüllten die Areale beim Zug eine wichtige Funktion. Auch an den Weihnachtstagen 2021 rastete eine große Anzahl Kraniche im Raum Satzvey sowie an zahlreichen anderen Orten in der Eifel. Dies nutzte der Nabu Euskirchen für sehenswerte Filmaufnahmen.
Im Herbst 2016 verirrten Kraniche sich im Nebel über der Eifel
Krüger fühlt sich bei derartigen Zwischenstopps der Kraniche an die Ereignisse im Herbst 2016 erinnert, als dichter Nebel auf breiter Front am Eifelrand Tausenden von Kranichen den Weg versperrte und sie in größte Not brachte. Damals irrten sie stundenlang orientierungslos umher.
Zum Glück sei diesmal alles weitaus ruhiger und geordneter und damit für die Vögel deutlich weniger stressig verlaufen. Er nehme an, dass die am Morgen bei aufklarendem Wetter Richtung Südwest aufgebrochenen Vögel einige Stunden später das nächste Zwischenziel auf dem Weg in die Winterquartiere, die Feuchtgebiete im Osten Frankreichs und vor allem den Lac du Der Chantecoq, wohlbehalten erreicht haben.
Schon als Kind fasziniert vom Zug der Kraniche
Hans Theo Krüger aus Satzvey war Lehrer am Bad Münstereifeler St. Michael-Gymnasium. Inzwischen befindet er sich im Ruhestand. Somit hat der Studiendirektor a.D. mehr Zeit für seine Interessen, unter anderem für die Ornithologie und die Entomologie (Insektenkunde), letzteres als Mitglied des Arbeitskreises der deutschen Dipterologen AK Diptera. Dipterologie ist ein Zweig der Entomologie, der sich mit Zweiflüglern befasst.
Er ist seit Jahren Mitglied des Arbeitskreises Ornithologie bei der Biostation des Kreises Euskirchen und im Forum Ornithologie beim Naturschutzbund Euskirchen. Über viele Jahre hinweg hat er eng mit Dr. Dieter Rieck aus Bad Münstereifel gearbeitet und mit ihm 2012 in der Decheniana (Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der Rheinlande und Westfalens) einen Artikel über das Verhalten des Eisvogels im Kreis veröffentlicht.
Über das Extremereignis beim Kranichflug 2016 am Eifelrand hat er ebenfalls mit Dr. Rieck intensive Recherchen angestellt und einen 30-seitigen detaillierten Beitrag verfasst. Der sei zwar von mehreren Experten gelobt und von zwei wissenschaftlichen Zeitschriften als publikationswürdig eingestuft worden, aber für deren Format zu umfangreich gewesen. Für Kraniche interessiert sich Krüger seit seiner Jugend. „Damals hießen sie bei uns Schneegänse“, sagt er.
Krüger fand es damals faszinierend, im Herbst während der gemeinsamen Arbeit mit den Großeltern zu sehen, wie die Kraniche über den Garten in Satzvey hinweg in ferne Lande zogen. Diese Faszination sei bis heute geblieben. Krüger ist Mitglied von „Kranichschutz Deutschland“. Er steht mit dem Kranichzentrum in Groß-Mohrdorf in engem Kontakt und beobachtet seit langem den Zug der Kraniche über unsere Gegend.
Er zähle sich aber nicht zu den Experten, die jeden Vogel auf Anhieb erkennen, sagt Krüger. Stattdessen beschäftige er sich intensiv mit einigen Arten, besonders mit dem Kranich, dem Eisvogel und dem Ziegenmelker. Für die Biostation kümmert sich Krüger zudem um das Monitoring des Ziegenmelkers in der Schavener Heide.