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Lügen vs. schummelnWas im Dating-Profil erlaubt – und was tabu ist

Lesezeit 4 Minuten
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Was verrate ich? Und was verstecke ich? Online-Dating ist Werbung in eigener Sache - und hat deshalb so seine Tücken. 

Hamburg – Offen für alles, sportlich und hübsch – und dabei auch noch nett: Das Profil beim Online-Dating ist Werbung in eigener Sache. Und genau wie bei anderer Reklame geht es dabei nicht hundertprozentig ehrlich zu. Etwas Schönfärberei ist auch in Ordnung, sagt Eric Hegmann, Paarberater aus Hamburg. Wer flunkert oder sogar lügt, hat aber womöglich ein Problem mit sich selbst.

Herr Hegmann, beim Online-Dating wollen sich Singles von ihrer besten Seite zeigen. Wie viel Schummelei ist dabei erlaubt?

Eric Hegmann: Zunächst einmal ist es ganz normal bei der Partnersuche, sich so darzustellen, dass man als attraktiv wahrgenommen wird. Selbstdarstellung ist ein bisschen Marketing, ein wenig sozial erwünschtes Auftreten – und eine Frage des Selbstwertgefühls. Wer mit sich selbst befreundet ist, wird nicht schummeln, wozu denn auch? Wer schummelt, zeigt damit, dass er nicht selbstbewusst zu sich stehen kann. Davon rate ich grundsätzlich ab, denn das wirkt immer ein Stück weit verzweifelt und sehr unattraktiv.

Was kann passieren, wenn das auffliegt?

Hegmann: Hier muss man unterscheiden, ob es um eine sexuelle Erfahrung oder eine Beziehung geht. Bei der Affäre geht es um eine sexuelle Fantasie. Da würde ich nicht mit zu viel Ehrlichkeit rechnen. Wer jedoch eine lebenslange Beziehung auf einer Lüge aufbauen möchte, dem sollte klar sein, dass das mit großer Sicherheit nicht funktionieren wird. Ein Fall aus der Praxis: Eine attraktive Mittvierzigerin machte sich um einige Jahre jünger. Sie lernte einen Mann kennen, sie verliebte sich. Doch als der erfuhr, dass sie ihm beim ersten Treffen, so wie er sagte, „frech ins Gesicht gelogen hat“, beendete er den Kontakt, und sie blieb mit gebrochenem Herzen zurück.

Eine mögliche Quelle von Problemen ist ja sicher das Foto. Wie echt muss das ein?

Hegmann: Das Foto sollte sehr aktuell sein. In Zeiten des Smartphones ist das auch kein Thema mehr. Gerade bei Dating-Apps ist es normal, im Gespräch nach einem weiteren, aktuellen Bild zu fragen. Selfies sind heute akzeptabel beim Online-Dating, es muss nicht das Bild vom professionellen Fotografen sein. Überhaupt warne ich vor zu schönen, zu stark bearbeiteten Bildern.

Experte Hegmann

Eric Hegmann.

Und wie kann ich als Nutzer selbst Schummler auf Dating-Portalen entlarven?

Hegmann: Nach einiger Zeit lernt man, zwischen den Zeilen zu lesen – so wie bei Hotelbeschreibungen im Reisekatalog. Steht da nichts von Meerblick, sollte man auch keinen erwarten. Übertragen aufs Online-Dating: Achten Sie darauf, was weggelassen wurde. Sie können Lügen nur entlarven, wenn es auffällige Ungereimtheiten gibt – also wenn der erfolgreiche Start-up-Gründer die Zeit findet, jeden Tag in der Woche zum Sport, drei Mal ins Theater und zwei Mal zum Ehrenamt geht. Ich warne aber davor, zu misstrauisch zu sein. Denn ohne Vertrauen wird es nie etwas mit der Liebe.

Vielleicht gibt es auch heikle Informationen, die man in seinem Profil verschweigen will – gesundheitliche Probleme vielleicht, Arbeitslosigkeit. Wann ist der richtige Zeitpunkt, solche Informationen zu enthüllen?

Hegmann: Das muss man für sich selbst herausfinden. Vielleicht erhält man weniger Zuschriften, wenn man ehrlich ist. Dafür wird man aber auch keine Zurückweisung erfahren müssen, wenn der Partner sich getäuscht vorkommt. Einige Kriterien sind jedoch tatsächlich schwierig: Menschen verlieben sich in eine Person, wenn sie den Eindruck haben, sie könnten auch in zehn Jahren noch zusammen Freude haben. Arbeitslosigkeit und Krankheit schrecken die meisten Singles deshalb ab.

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Gilt das auch für ein Kind, aus einer früheren Beziehung zum Beispiel?

Hegmann: Alleinerziehende Elternteile fürchten oft zu Unrecht, ihr Kind würde sie bei der Partnersuche unattraktiv machen. Dabei gibt es viele Singles, die sich eine Familie wünschen. Wer das Kind jedoch im Profil ganz besonders stark herausstellt, läuft Gefahr, dass der Betrachter den Eindruck erhält, es ginge nur um das Kind und nicht um einen neuen Partner. Es gibt für den Umgang nicht den einen Tipp, der für alle funktioniert. Grundsätzlich vielleicht: Seien Sie selbst die liebenswürdige und ehrliche Person, die Sie sich als Partner wünschen würden. (dpa/tmn)