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Rundschau-Debatte des TagesWar der Messerangriff in Mannheim ein politisches Attentat?

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Mannheim: Minuten nach dem Bekanntwerden seines Todes trauern Polizisten auf dem Marktplatz in Mannheim um ihren getöteten Kollegen.

Minuten nach dem Bekanntwerden seines Todes trauern Polizisten auf dem Marktplatz in Mannheim um ihren getöteten Kollegen.

Sieben Menschen werden bei der Attacke eines jungen Mannes aus Afghanistan verletzt. Einer von ihnen, ein Polizist, überlebt nicht. Unterdessen setzen Menschen vor Ort ein Zeichen gegen Gewalt – doch sie bekommen Gegenwind.

Nach der Messerattacke bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa in Mannheim haben sich am Sonntag auf dem Marktplatz der Stadt hitzige Szenen abgespielt. Ein überparteiliches Bündnis hatte zu einer Mahnwache gegen Gewalt und Hass aufgerufen. Zeitgleich fand aber auch eine Kundgebung der Jungen Alternative statt. Die Versammlung der Jugendorganisation der AfD lief unter dem Motto „Remigration hätte diese Tat verhindert!“. Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie Demonstranten in der Innenstadt eine lange Menschenkette bilden – und wie die Polizei mit einer Gruppe von Antifa-Aktivisten zusammenprallt. Die schwenkten rote Fahnen und zündeten Bengalos. Auf dem Marktplatz wurde der Slogan „Nazis raus“ skandiert.

Motiv des Täters weiter im Dunklen

Das Motiv des 25-jährigen Täters ist noch immer unklar. Bisher war der Mann, der in Afghanistan geboren wurde, aber 2014 als Jugendlicher nach Deutschland kam, nicht vernehmungsfähig – er war in den Minuten nach der Attacke ebenfalls verletzt und anschließend in einer Klinik operiert worden. Ihm wird versuchter Mord zur Last gelegt, wie die Staatsanwaltschaft Karlsruhe und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg am Samstag mitteilten. Bisher war er polizeilich nicht in Erscheinung getreten, er ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt im hessischen Heppenheim. Die Wohnung des Mannes sei am Freitagabend durchsucht worden, teilten die Ermittlungsbehörden mit. Dabei seien auch elektronische Datenträger sichergestellt worden, die nun ausgewertet würden.

Polizist stirbt an schweren Verletzungen

Bei dem Angriff am Freitagvormittag waren sechs Menschen teils lebensgefährlich verletzt worden, darunter auch ein Polizist. Er starb am Sonntag in einem Krankenhaus, wie die Staatsanwaltschaft Karlsruhe, das Polizeipräsidium Mannheim und das Landeskriminalamt am Abend mitteilten. Der Angreifer habe dem 29 Jahre alten Beamten mehrmals in den Kopfbereich gestochen. „Er wurde unmittelbar nach der Tat notoperiert und in ein künstliches Koma versetzt, erlag aber in den späten Nachmittagsstunden des 2. Juni seinen schweren Verletzungen“, teilten die Behörden mit. „Wir trauern um einen Polizeibeamten, der für unsere Sicherheit sein Leben gegeben hat.“

Verfassungsschutz beobachtet BPE

Auf dem Marktplatz in der Mannheimer Innenstadt hatte der Angreifer bei einer Veranstaltung der islamkritischen Bewegung Pax Europa (BPE) mit einem Messer um sich gestochen, bevor er gestoppt und ebenfalls verletzt wurde. Unter den Opfern ist auch das BPE-Vorstandsmitglied Michael Stürzenberger. Nach Darstellung von BPE-Schatzmeisterin Stefanie Kizina war die Attacke gezielt gegen den 59-Jährigen gerichtet, der zu den führenden Köpfen des Vereins mit Sitz in Krefeld zählt. Der frühere Pressesprecher der CSU München ist schon seit Jahren als Islamkritiker aktiv und wird vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Die BPE beschreibt sich auf ihrer Website als „Menschenrechtsorganisation“, die „über Wesen und Ziele des Politischen Islam“ aufkläre. Dabei macht sie keinen Unterschied zwischen Islam und Islamismus – beiden schreibt sie unter anderem „aggressive Verachtung und Intoleranz“ zu.

Stürzenberger gab inzwischen einem rechtskonservativen Medium ein Video-Interview vom Krankenbett aus – er war unter anderem im Gesicht und am Oberschenkel mit Stichen verletzt worden. Polizisten hätten die Erstversorgung übernommen, sagte er. Der „Bild“ berichtete Stürzenberger, der Angriff sei ein „absoluter Albtraum“ gewesen, der Angreifer sei urplötzlich aufgetaucht. Auch nach der Messerattacke in Mannheim will die BPE bei weiteren Veranstaltungen öffentlich auftreten. Kizina geht davon aus, dass die Polizei „die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen wird“.

Hartes Vorgehen gegen Unterstützer

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) mahnten derweil ein hartes Vorgehen gegen Menschen an, die die Gewalttat des 25-jährigen Afghanen im Internet feiern. „Den mörderischen Messerangriff zu verherrlichen, ist widerwärtig und menschenverachtend. Wer das tut, muss mit aller Härte des Strafrechts verfolgt werden. Unsere Sicherheitsbehörden gehen dem konsequent nach“, sagte Faeser der „Bild am Sonntag“. Strobl stellte in der Zeitung klar: „Bei uns werden Verbrechen – ganz besonders Mordstraftaten – mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft und nicht gefeiert.“ (dpa)