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Zurückweisung von FlüchtlingenWürde die Merz-Idee funktionieren?

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05.09.2024, Bayern, Burghausen: Eine Polizist der Bayerischen Grenzpolizei kontrolliert an einer Kontrollstelle die Dokumente eines Autofahrers.

Die bayerische Grenzpolizei in Aktion: In Burghausen werden Einreisende kontrolliert.

CDU-Chef Friedrich Merz will die Zurückweisung von Asylbewerbern durchsetzen, die aus anderen EU-Staaten einreisen. Würde die Idee den Realitätstest überstehen? Und welche Maßnahmen wären jetzt geboten?

Nun reden alle über die Zurückweisung von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen. CDU-Chef Friedrich Merz setzt die Bundesregierung unter ultimativen Druck und hat es geschafft, einen weiteren Riss in der Ampelkoalition offenzulegen: Die FDP springt ihm in der Sache bei. Ein taktischer Erfolg. Aber wie würde die Merz-Idee in der Praxis funktionieren?

Im Zweifel würde beispielsweise ein Asylbewerber, der aus Oberösterreich mit dem Zug einreist, irgendwo zwischen Passau und Plattling von der Bundespolizei aufgegriffen. Und dann? Nehmen die Österreicher ihn wieder auf, wenn die Deutschen ihn zurückbringen wollen? Gibt es ein Patt auf dem Grenzstreifen? Gute Nachbarschaft sieht anders aus.

Lückenlose Grenzkontrollen sind ohnehin undenkbar. Ältere Semester erinnern sich noch daran, dass auch vor dem Schengener Abkommen der Verkehr zusammengebrochen wäre, wenn die Grenzer in Kufstein jedes Auto unter die Lupe genommen hätten.

Dublin-III-Verordnung ist lückenhaft

Und am Ende werden EU-Richter klären müssen, wann Deutschland jemanden zurückweisen darf. Die Dublin-III-Verordnung regelt zwar, wo Flüchtlinge ihre Anträge stellen sollen, aber nur unzureichend, was passiert, wenn sie sich nicht daran halten.

Umso wichtiger wäre es, sich um eine Präzisierung der EU-Vorschriften zu bemühen. Und weil dieses Geschäft zäh ist, wäre es erst recht geboten, die wenigen vorhandenen Mittel zu nutzen. Wenn letztes Jahr nur 5053 Asylbewerber in andere EU-Staaten zurückgeführt wurden, obwohl in 55.728 Fällen die Genehmigung dafür vorlag, belegt dies massive Vollzugsprobleme. NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hat das ja bestätigt. Es seien zu viele Fälle, um an jedem dranzubleiben, so lassen sich ihre Äußerungen zur gescheiterten Abschiebung des späteren mutmaßlichen Mörders von Solingen zusammenfassen.

Seither wird über das Asylsystem primär unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr debattiert, aber auch das ist zu kurz gegriffen. Es gibt – siehe den Attentäter von München – jede Menge Gefährder, die keine Asylbewerber sind (und leider fehlt eine europäische Gefährderdatei). Umgekehrt sind die allermeisten Asylbewerber friedliche Leute. Aber auch für sie gilt: Unser Staat muss seine Zuwendung auf die konzentrieren, die wirklich schutzbedürftig sind.