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Nahost-Konflikt Erdogan sorgt für eine neue Stufe der Eskalation

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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht während einer Pressekonferenz während des Nato-Gipfels in Washington.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht während einer Pressekonferenz während des Nato-Gipfels in Washington.

Erdogan ist als Vermittler für die Nato bislang nützlich gewesen. Daher ist auch noch keine scharfe Reaktion auf seine Einmischung zu hören.

Die Türkei ist Mitglied der Nato, Israel einer ihrer wichtigsten Partner. Nun will der eine gegen den anderen gar militärisch intervenieren – und jetzt? Mit Recep Tayyip Erdogan hat die Türkei einen Präsidenten, der nicht nur die terroristische Hamas als „Befreiungsorganisation“ bezeichnet, sondern jetzt auch Israel mit einer militärischen Einmischung droht – das ist eine neue verbale Eskalationsstufe.

Erdogan war immer ein schwieriger Nato-Partner. Anders als die westlichen Mitgliedsstaaten sieht er das Militärbündnis nicht als Werte-, sondern als Bedarfsgemeinschaft. Besonders sichtbar war das beim Hin und Her um den schwedischen Nato-Beitritt, den Erdogan lange blockierte.

Seine Kooperation beruht nicht auf Vertrauen, man muss sie sich erkaufen – immer und immer wieder. Bislang schienen es trotzdem gute Deals zu sein: Besser mit Erdogan schachern, als den türkischen Autokraten endgültig an die Bösewichte dieser Welt zu verlieren. Der Weg nach Teheran und Moskau und selbst nach Peking ist politisch von Istanbul nur wenige Schritte lang.

Erdogan ist als Vermittler für die Nato bislang nützlich gewesen – oder jedenfalls die Option darauf. Das erklärt die vielen faulen Kompromisse, die man im Westen ein ums andere Mal mit ihm einzugehen bereit ist.

Auch jetzt ist vom Auswärtigen Amt und der Bundesregierung noch keine scharfe Reaktion zu hören auf diesen ungeheuerlichen Vorstoß. Und auch diesmal wird der Westen den türkischen Autokraten mit irgendetwas besänftigen: Die Türkei ist strategisch schlicht zu wichtig, um das Pulverfass im Nahen Osten nicht explodieren zu lassen. Das ist unangenehm und hält der Nato mit ihrem Eintreten für Freiheit und Demokratie ein ums andere Mal sehr deutlich den Spiegel vor. Wie weit ist es her mit ihren hehren Zielen? Moralisch mag das ein schmaler Grat sein, realpolitisch gibt es fast keine andere Option.