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SondierungsgesprächeDie Merz-Koalition braucht Stil und Timing

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Fotografen und Kamerateams beobachten das erste Sondierungsgespräch nach der Bundestagswahl mit zwischen der SPD und Unionsparteien im Jakob-Kaiser-Haus.

Großer Medienrummel im Jakob-Kaiser-Haus: Die Parteien treffen sich im Regierungsviertel zu ersten Sondierungsgesprächen.

Die Ampel sollte bei den Sondierungen als Negativbeispiel dienen. Merz und Klingbeil dürfen sich nicht verzetteln.

Die Ampel-Koalition sollte den Unterhändlern von Union und SPD, die sich am Freitag erstmals trafen, eine Lehre sein. Das unbeliebte Regierungsbündnis der vergangenen drei Jahre kann der nächsten Regierung in mehrerlei Hinsicht als Vorbild dienen – wie man es nicht machen sollte.

Da wäre die Stilfrage. Die Ampel schürte auch deshalb so viel Verunsicherung in ohnehin unsicherer Weltlage, weil ihre Akteure sich permanent stritten. Wenn die Mitglieder einer Koalition schon untereinander nicht gut finden, was sie vereinbart haben, und das auch noch ständig öffentlich sagen – warum sollte irgendwer da draußen ihrem Kurs Vertrauen schenken?

Merz' Wahlkampf war kein Beispiel

Hinter den Kulissen soll und muss in den nächsten Wochen hart um politische Inhalte verhandelt werden – danach aber müssen Vertraulichkeit und das gemeinsame Eintreten für die gefundenen Kompromisse stehen. Das schließt auch ein, dass man einander Erfolge gönnt.

Friedrich Merz hatte bereits versprochen, dass eine Regierung unter seiner Führung nicht mehr ständig streiten wird. Ausgerechnet der designierte Kanzler selbst muss dafür aber noch an seiner Kommunikation arbeiten. Den Wahlkampf-Merz („linke Spinner“) sollte er jedenfalls für lange Zeit wegsperren.

Das Wichtigste: Nicht verzetteln

Mäßigung ist angezeigt, auch im Timing. Die kleine Anfrage zu den NGOs im Bundestag war zu diesem Zeitpunkt eine Provokation der SPD, die sich die Union hätte sparen müssen. Besser wäre es gewesen, die Förderung von Demokratieprojekten in Koalitionsverhandlungen unter die Lupe zu nehmen.

Das Wichtigste allerdings ist, dass sich die Koalition nicht verzettelt. Der detaillierte Vertrag der Ampel, dazu gedacht, drohende Konflikte der Regierungszeit im Vorfeld auszuräumen, wurde zur Belastung. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine war er in großen Teilen obsolet, galt aber weiter als Basis für die Zusammenarbeit von Scholz, Lindner und Habeck. Klingbeil und Merz müssen es anders machen. Sie werden viel Geld brauchen und nicht alles gleichzeitig angehen können. Eine To-Do-Liste für dieses Jahr: Mehr braucht es erstmal nicht.