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Interview mit Generalsekretär HuberIst die CSU in Bayern noch unantastbar?

Lesezeit 5 Minuten
CSU-Generalsekretär Martin Huber

CSU-Generalsekretär Martin Huber

Am Sonntag wählt der Freistaat ein neues Landesparlament. Die Christsozialen liegen in Umfragen vorn, doch Freie Wähler und AfD jagen ihnen Stimmen ab. Generalsekretär Huber verteidigt den Kurs seiner Partei.

Herr Huber, Innenministerin Faeser will nun „flexible Schwerpunktkontrollen“ statt stationärer Kontrollen an der Grenze zu Polen und Tschechien. Können Sie das nachvollziehen?

Nancy Faeser ist ein Totalausfall als Innenministerin, sie ist völlig plan- und ahnungslos. Ihre Ankündigungen halten keine 24 Stunden. Klar ist: Grenzkontrollen und eine Grenzpolizei nach bayerischem Vorbild würden helfen, die illegale Migration einzudämmen. Die Ankündigung von Grenzkontrollen durch Nancy Faeser ist wenig wert, denn ihr eigenes Ministerium hat eingeräumt, dass stationäre Kontrollen nicht geplant sind. Dafür habe ich null Verständnis, Nancy Faeser gefährdet so das Vertrauen in die Demokratie.

In Bayern wird an der Grenze zu Österreich seit 2015 wieder kontrolliert. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Sehr gut. Wir haben seit fünf Jahren unsere bayerische Grenzpolizei, die die Arbeit der Bundespolizei ergänzt, und werden sie weiter stärken. Sie ist mit mehr als 90000 Fahndungstreffern – darunter Schleuser, Menschenschmuggler und Schwerverbrecher – ein absolutes Erfolgsmodell. Die Grenzpolizei hat Bayern sicherer und für Schleuser unattraktiver gemacht.

Wie glaubwürdig ist es von der CSU, nach Obergrenzen für Flüchtlinge zu rufen, die es nach geltender Rechtslage nicht geben kann?

Bürgermeister und Landräte aller Parteien wenden sich seit Monaten mit Hilferufen an den Bund, weil sie an ihre Grenzen stoßen. Sie wissen nicht mehr, wo sie die Menschen unterbringen und wie sie sie versorgen sollen. Selbst der frühere Bundespräsident Joachim Gauck und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier haben darauf hingewiesen, dass die Kommunen nicht mehr können. Wir haben eine Integrationsgrenze erreicht. Es ist geradezu sträflich und arrogant, wie die Ampel die Hilferufe aus den Kommunen bislang ignoriert hat. Das ist für uns kein Wahlkampfthema, sondern ein drängendes Anliegen, und das seit Monaten.

Was wären konkrete Maßnahmen, die die Kommunen zeitnah entlasten?

Wir haben als Union bereits einige Maßnahmen vorgeschlagen, wie die Anerkennung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten, den Stopp von Sonder-Aufnahmeprogrammen und die Umsetzung des europäischen Asylkompromisses. Außerdem müssen die Anreize, nach Deutschland zu kommen, gesenkt werden.

In Bayern regiert die bürgerliche Koalition aus CSU und Freien Wählern. Warum erreicht die AfD auch hier zweistellige Werte in den Umfragen?

Die AfD ist in Bayern bei Weitem nicht so stark wie in anderen Bundesländern. Das hat mehrere Gründe. Wir haben dafür gesorgt, dass es in Bayern keine abgehängten Regionen gibt und unsere Regierungsarbeit ist konstruktiv, sie spiegelt die Lebenswirklichkeit wider. Bei uns entstehen in ländlichen Regionen Lehrstühle für Wasserstoff-Technologie, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Das führt dazu, dass die bürgerliche Mitte insgesamt stärker ist.

Überzeugt Sie der Umgang von Hubert Aiwanger mit der Flugblatt-Affäre? Von Demut ist ja wenig zu hören…

Der Inhalt des Flugblatts ist ekelerregend und menschenverachtend. Wir hätten uns einen klügeren Umgang von Hubert Aiwanger damit gewünscht. Gleichzeitig muss man sehen, dass die Freien Wähler nicht nur Hubert Aiwanger sind. Wir haben in den letzten fünf Jahren gut mit ihnen zusammengearbeitet.

War es trotzdem ein Fehler, sich auf die Freien Wähler als Koalitionspartner festzulegen?

Jetzt tanzt Ihnen doch Aiwanger auf der Nase herum… Warum sollten wir eine funktionierende bürgerliche Koalition nicht fortsetzen? Das wäre nicht seriös. Wir schließen eine Koalition mit den Grünen aus, das ist auch absolut richtig so. Die Grünen sind eine von Ideologie getriebene Partei. Sie sind mit dafür verantwortlich, dass die Ampel-Regierung in Berlin meilenweit an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei regiert. Ausgerechnet unter einem grünen Klimaminister lässt die Akzeptanz für Klimaschutz in der Gesellschaft nach. Sie unterstellen den Grünen, Zwangsveganismus und Genderzwang zu vertreten.

Tragen Sie eine Mitverantwortung, wenn im Wahlkampf Steine auf die grüne Spitzenkandidatin fliegen?

Wir verurteilen derartige Angriffe auf Schärfste. Sie sind absolut inakzeptabel. Das ist keine Meinungsäußerung, sondern ein Angriff auf alle Demokraten. Ich finde es aber ein seltsames Verständnis von Demokratie, zu unterstellen, man dürfe die Grünen nicht mehr kritisieren, weil dadurch die Stimmung aufgeheizt werde. Es gehört zum demokratischen Diskurs, als Opposition die ideologiegetriebene Politik und das miserable Erscheinungsbild der Ampel anzusprechen. Die Grünen polarisieren. Und das liegt nicht an unserer Kritik, sondern an der Politik der Grünen selbst.


Ihre Meinung

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Leserbriefe, Postfach 102145, 50461 Köln


Zahl

37Prozent erreicht die CSU in der jüngsten Umfrage zur bayerischen Landtagswahl – ein für ihre

Verhältnisse schwacher Wert, der aber klar für Platz eins reicht. Dahinter ist das Rennen laut der Befragung des Instituts Civey offen: Grüne und Freie Wähler stehen bei je 15 Prozent, die AfD bei 14. Abgeschlagen ist die SPD mit 9 Prozent. Die FDP (4 Prozent) muss um den Wiedereinzug in den Landtag bangen. (dpa)


Union will schärfere Bedingungen für Asylbewerber

Laut „Bild“ haben CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei mehrere Punkte definiert, mit denen aus ihrer Sicht die Migration eingedämmt werden soll. Neben stationären Grenzkontrollen fordern sie unter anderem Bezahlkarten, mit denen Asylbewerber etwa Nahrungsmittel einkaufen können. „Mit den Prepaid-Karten soll verhindert werden, dass sie Geld in ihre Heimatländer überweisen können“, zitierte die Zeitung aus dem Papier. Asylbewerber ohne Bleibeperspektive sollten in Transitzonen an der Grenze ein beschleunigtes Asylverfahren durchlaufen. Abgelehnte Bewerber sollten in Rückkehrzentren untergebracht werden und nur noch Sachleistungen „in Höhe des absoluten Mindestbedarfs“ erhalten. Die CSU-Forderung nach Obergrenzen wird von der CDU nicht erhoben. (dpa)