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Kommentar

Bahn-Sperrung in Köln
Die Deutsche Bahn und die Sehnsucht nach Haue

Ein Kommentar von
2 min
Die Weichen sind gestellt – Gleise am Kölner Hauptbahnhof.

Gleise am Kölner Hauptbahnhof

Die Deutsche Bahn stolpert von einer kommunikativen Katastrophe in die nächste – auch bei der Stellwerk-Verschiebung in Köln. Statt Probleme zu übertünchen, sollte der Konzern endlich zu seinen Fehlern stehen.

Es gibt ein paar Dinge im Leben, bei denen sich die Erwartungen absolut zuverlässig und immer erfüllen. Dazu gehört zum Beispiel, dass der letzte Zoff in der Bundesregierung nicht der letzte Zoff in der Bundesregierung war. Oder dass man am 12.11. am Kölner Hauptbahnhof durch ein Scherbenmeer watet. Dazu gehört auch die Gewissheit, dass die Deutsche Bahn von einer kommunikativen Katastrophe in die nächste stolpert.

Es muss da so eine Art von institutionellem Masochismus geben. Eine kollektive Sehnsucht nach Haue. Und da wir jedes noch so schwer nachvollziehbare Bedürfnis ernst nehmen: Bittesehr. Wobei: Das Problem ist ja nicht, dass die Bahn die Inbetriebnahme des neuen Stellwerks in Köln verschieben muss. Vielleicht – und so viel guten Willen soll man halt schon aufbringen, das jedenfalls für möglich zu halten – ist diese Verschiebung nur die Konsequenz höchst verantwortlichen Handelns, extremer Fürsorge für die Fahrgäste, eine zusätzliche Absicherung, ein doppelter Bahnknoten quasi. Begrüßenswert wäre das.

Es bleiben aber Fragen. Eine davon ist, wie es sein kann, dass ein so fundamentales Problem, wie es das mit der Stellwerksoftware ja wohl sein muss, erst so kurzfristig auffällt, dass eine seit vielen Monaten umfangreich geplante und folgenreiche Aktion nicht stattfinden kann. Da hätte zur doppelt-dreifachen Absicherung doch zwingend auch gehört, besonders frühzeitig alle Systeme durchzutesten, oder?

Die zweite aktuelle Frage ist, warum die DB es nicht lassen kann, ihre Kundschaft und die gesamte Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen. Man werde die Zeit der Sperrung für wichtige Arbeiten an Gleisen und Oberleitungen nutzen, die ohnehin Teil der Einrichtungsarbeiten gewesen wären, heißt es. Motto: Alles halb so wild, wir sind ja so ein flexibles kleines Start-up.

Eine der zentralen Voraussetzungen für Glaubwürdigkeit ist Ehrlichkeit. Das meint nicht schonungslose Offenheit, nicht Selbstvernichtung, das meint einfach klares Bekenntnis zu Fehlern. Und nicht ein Desaster zu übertünchen. Och, wenn der Bahnhof eh dicht ist, gar kein Problem, dann können wir auch mal unterm (Gleis)bett saugen? Nein, bitte nicht veräppeln.

Idealerweise würde diese Klarheit verbunden mit strukturellen Veränderungen, die der Kundschaft nachvollziehbar gemacht werden. Die neue Bahnchefin hat ja angekündigt, den Konzern komplett auf links drehen zu wollen. Hoffentlich bald.